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Rheinmetall konzentriert sich auf die RüstungKnarren überholen schnelle Karren

Rheinmetall legt sich auf das Waffengeschäft fest, die Autosparte will die Firma abstoßen. Die Kritische Aktionärin Kerschgens kritisiert den Bau einer Panzerfabrik in Algerien.

Der Beste seiner Klasse: der „Leopard 2“ ist eines der leistungsfähigsten Waffensysteme der Welt. Rheinmetall entwickelte die Glattrohrwaffenanlage des Panzers. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der führende deutsche Rüstungsproduzent Rheinmetall will sich künftig ganz auf die Wehrtechnik konzentrieren. Auf der Hauptversammlung in Berlin bestätigte Vorstandschef Klaus Eberhardt, dass Rheinmetall seine zweite Säule, den Unternehmensbereich Automobil, abstoßen und an die Börse bringen will. Kritische Aktionäre und Bankanalysten kritisieren die einseitige Ausrichtung auf das Waffengeschäft.

Rüstungsgeschäfte gelten als besonderes profitabel. Zwar wird für USA und EU mit leicht rückläufigen Militärausgaben gerechnet, doch durch die Osterweiterung von EU und Nato böten sich „in Zukunft zusätzliche Wachstumschancen“, hofft man bei Rheinmetall. Hoffnungen auf größere Geschäfte ruhen auch auf wirtschaftlich und militärisch erstarkenden Ländern wie Brasilien, Indien und Russland.

Vor diesem Hintergrund will sich Rheinmetall vollständig vom Automobilgeschäft verabschieden. Dabei trägt das Tochterunternehmen Kolbenschmidt Pierburg AG (KSPG) bislang gut die Hälfte zum Konzernumsatz bei. Im ersten Quartal hat Rheinmetall einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro erwirtschaftet, 638 Millionen davon steuerte der weitgehend zivile Bereich „Automotive“ bei – das ist ein Plus von 8,9 Prozent im Vergleich zum Vorquartal.

Das Waffengeschäft verzeichnete ein Plus von 6,8 Prozent im ersten Quartal – und soll nun also zum alleinigen Standbein werden. Prunkstück ist die Ausstattung des „Leopard 2“, einer der leistungsfähigsten Waffensysteme der Welt. Hauptwaffe des Kampfpanzers ist die von Rheinmetall entwickelte Glattrohrwaffenanlage; darüber hinaus liefert das Düsseldorfer Unternehmen für den Leopard Munition, Feuerleitanlage und Führungssystem.

Unmut äußerten die Kritischen AktionärInnen. „Rheinmetall liefert seit Jahren Rüstungsgüter auch und gerade in Spannungsgebiete, unter anderem den Nahen Osten“, kritisierte Dorothea Kerschgens. So baue Rheinmetall in Algerien eine Transportpanzerfabrik.

Die zusammen mit Krauss-Maffei Wegmann geplante Lieferung von bis zu 270 hochmodernen „Leopard 2 A7+“-Kampfpanzern an Saudi-Arabien sorgt genauso für Unmut. „Dies geschieht gegen alle Bedenken, obwohl Saudi-Arabien kein demokratisches Land ist“, sagte Kerschgens.

Rheinmetall bestätigte den vor Monaten bekannt gewordenen Deal jedoch nicht, noch sei kein Auftragseingang erfolgt, hieß es in Berlin. Den neuen, reinen Rüstungskurs wird ein neuer Konzernvorstand fahren. Der alte Boss, Klaus Eberhardt, soll nach seinem Ausscheiden Aufsichtsratschef der ausgegliederten Autosparte KSPG werden.

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8 Kommentare

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  • L
    Lisa

    Ich finde es geradezu vorbildlich das die Konzerne eng mit islamischen Ländern zusammen arbeiten. Sollte man sich zum Beispiel aus Saudi-Arabien zurückziehen wäre man gleich mit islamophoben Vorwürfen konfrontiert. Und sowas kann sich kein Konzern leisten!

  • R
    reblek

    "Wehrtechnik" - So nennt schätzungsweise Rheinmetall, was dort getrieben wird. Merkwürdigerweise kommt der Begriff "Krieg" im gesamten Artikel nicht vor, obwohl Rheinmetall Kriegstechnik produziert und verkauft. Aber es heißt ja auch "Wehrdienst" und nicht "Kriegsdienst", obwohl es "Kriegsdienstverweigerung" heißt.

  • D0
    defcon 0

    Na herzlichen Glückwunsch - ihr ewig gestrigen!

     

    Ich kanns nicht mehr hören...

  • V
    vic

    "Made and used in Germany."

    Is`nt it great?

    Der Tod ist ein Meister aus Deutschland, noch immer.

  • A
    Arno_Nuem

    Wenn die Nachkriegszeit vorbei ist, ist man wohl automatisch in der Vorkriegszeit. Paul Celan zu zitieren ist wahrscheinlich ein bisschen fad an der Stelle aber zum Kotzen find ich das schon.

  • H
    hannes

    Die Einseitigkeit der Ausrichtung auf Rüstung

    ist nur verstehbar, wenn man davon ausgeht,

    dass mit Sicherheit mit neuen Kriegen zu rechnen ist.

    Sonst ist dieses Management bei den Exporterfolgen

    der deutschen Autoindustrie außer leider Opel und Ford nicht verstehbar. Auch wenn die Absätze

    rückläufig sein werden, so ist es immer noch

    ein stabiles zweites Standbein!!!

    Deswegen stimme ich der Kritik von Frau Kerschgens

    zu.

    Der Bau von Panzern in Diktatorenländern ist

    geradezu verbrecherisch und gehört sofort

    gestoppt.

    Es kann nicht sein, dass potentielle Feinde

    an westliches Militärknow-How kommen ohne

    das die NATO das zwingend untersagt.

     

    Die Militärlieferungen(ohne Produktionsstätten) an Saudi-Arabien finde

    ich hingegen gut, da der Westen nicht

    einerseits Erdölabnehmer und Güterexporteur

    und zugleich Saudi-Arabien der Schutzlosigkeit

    Preis geben darf.

     

    Menschenrechtsveretzungen auch des Massenmordes

    finden im Westen durch Amokläufe, Massensuizide

    häufig genug statt(Aum Sekte mit Tokyioter

    U-Bahn Anschlag, Massensuzizid in Waco,

    Breivik auf norwegischer Insel, Littleton,

    Sprengung des Verwaltungsgebäudes in Oklahoma,

    Amoklauf in Erfurt, Amoklauf in Winnenden uvm.). Das ist aber kein Grund,

    um ein ganzes Volk schutzlos iranischen Expansions-

    gelüsten auszuliefern!

     

    Welche Idioten vom deutschen Militär, der NATO,

    der Aufsichtsbehörden und der EU haben hier wieder

    gepennt???!!!

    Das erinnert mich an Russland im Tschetschenienkrieg,

    welches Waffen an die tschetschischen Rebellen

    verkaufte! Die Russen wurden dort von ihren

    eigenen Kommandeuren für Geld als Kanonenfutter

    geopfert.

    Algerien darf niemals diese Panzer produzieren !!!!!!!!!!!!

    Soviel Geldgier und Blödheit gehört verboten!

     

    PS: Selbst wenn man ein gewissenloses Kapitalistenschwein ist, könnte man ja noch

    warten bis einige EU-Länder aus der EU aussteigen

    und dorthin diese Arbeitsplätze verlagern!

    Das schadet Deutschland zwar auch ungemein, aber

    wenigstens wären dann noch NATO-Verbündete

    Nutznießer!

  • W
    Westberliner

    Aus Rheinmetall muss eine Fabrik für Pflugscharen gemacht werden.

  • A
    Andreas

    "Obwohl .... kein demokratisches Land ist..."

    Was für eine besch.... Doppelmoral. Demokratische Länder dürfen Waffen haben? Die tun damit ja nichts schlimmes? Mit Waffen an demokratische Länder darf man Geld verdienen?

    Haben sie die noch alle?