piwik no script img

Freisetzung veränderter PflanzenGentechsoja auf EU-Feldern

Monsanto will jetzt seine herbizidresistente Gentechsoja auch in der EU anbauen lassen. Die Europäische Lebensmittelbehörde hat schon ihr Okay gegeben.

In der EU angekommen: Bayerische Sojapflanze, vielleicht bald gentechnisch verändert. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat sich jetzt erstmals für den Anbau von gentechnisch verändertem Soja in der EU ausgesprochen.

Die vom US-Konzern Monsanto entwickelte Gentechsorte MON 04032-6, die gegen das Pflanzengift Roundup resistent gemacht worden ist, darf zwar schon seit mehreren Jahren in die EU eingeführt und zu Tierfutter und Lebensmittel verarbeitet werden, ihr Anbau in der EU ist jedoch verboten. Das könnte sich demnächst ändern, sollten die EU-Mitgliedstaaten oder die Kommission der Empfehlung der EFSA folgen.

Harsche Kritik kommt von den Freisetzungsgegnern. Die Zulassung wäre „rechtswidrig“, sagt etwa Christoph Then von der Organisation Testbiotech, der früher für Greenpeace tätig war. Bei der Risikoabschätzung seien die in den Pflanzen verbleibenden Rückstände des Spritzmittels nicht berücksichtigt worden. „Auch ein Monitoring gesundheitlicher Auswirkungen dieser Rückstände ist nicht vorgesehen, obwohl dies in der EU vorgeschrieben ist“, so Then.

Problem Risikobewertung

Der Experte hält die derzeitig bestehende Risikobewertung für Gentech-Pflanzen für ein grundlegendes Problem und verweist auf Rechtsprofessor Ludwig Krämer von der Juristenvereinigung Client Earth. Dieser fordere in einem von Testbiotech in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten eine Neuordnung.

Kramer, der bis 2004 als Beamter für die EU-Kommission im Bereich Umwelt arbeitete, führt dort mehrere Punkte an, was an der derzeitigen Zulassungspraxis in Brüssel gegen EU-Recht verstoße: So schreibe die EU zwingend vor, dass die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von Gentech-Pflanzen nach der Marktzulassung in einem Monitoring beobachtet werden müssten. Solange dieses fehle, dürften die Pflanzen weder zum Anbau noch zum Import zugelassen werden.

Zudem müsse sichergestellt sein, dass auch die „kumulativen Effekte durch Rückstände von Herbiziden berücksichtigt“ würden, heißt es in dem Gutachten. Wissenschaftler warnten aber schon seit Langem vor den gesundheitlichen Schäden durch Spritzmittel, die immer häufiger bei Gentech-Pflanzen eingesetzt werden, sagt Then.

Vor allem das Monsanto-Herbizid Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat wird weltweit zunehmend versprüht. Eine Vielzahl von Nutzpflanzensorten ist gegen dieses Unkrautbekämpfungsmittel im Genlabor widerstandsfähig gemacht worden. Mais, Raps, Soja, Zuckerrüben und Baumwolle sind nur einige davon.

Super-Unkräuter aus dem Freilandlabor

Selbst wenn auf dem betreffenden Acker ein Fruchtwechsel erfolgen sollte, ist damit nicht ausgeschlossen, dass in Folge mehrmals hintereinander das giftige Roundup versprüht wird. Anreicherungseffekte und auch die dadurch sehr lange Einwirkzeit müssten daher in den Genehmigungsverfahren berücksichtigt werden.

In der EFSA-Stellungnahme heißt es nun stattdessen: Es sei unwahrscheinlich, dass von der Gentech-Soja im Vergleich zu konventioneller Soja zusätzliche Umweltgefahren ausgehen. Dabei ist dem EFSA-Papier zu entnehmen, dass die „kumulativen Effekte“ durchaus diskutiert wurden – nur ohne Konsequenzen. Vor allem aus den USA kam wiederholt die Meldung, dass Wildkräuter durch die ständige Roundup-Berieselung gegen das Gift widerstandsfähig geworden sind. Diese „Super-Unkräuter“ dann vom Acker fernzuhalten könnte schwierig werden.

Erwartet wird jetzt, dass – wie bei anderen Gentech-Entscheidungen in den letzten Jahren auch – die Mitgliedstaaten sich nicht einigen können. Dann darf wieder die pro Gentechnik eingestellte EU-Kommission allein entscheiden.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • WL
    Wolfgang Löhr

    @ Ratio

    in dem Text ist ausdrücklich die Rede vom Gentech-Soja Anbau in der EU und nicht vom Anbau in Europa.

    In der Tat: in Rumänien wurde mehrere Jahre Gentech-Soja angebaut, aber zu einem Zeitpunkt als Rumänien noch nicht Mitglied in der EU war.

    Mein Tipp: einfach genauer hinschauen beim Lesen.

     

    Und was die „Profitabilität“ betrifft: es kann gut sein, dass es für rumänische Bauer profitabel war.

    Was aber sicherlich auch mit dem Arbeitslohn und den Arbeitsbedingungen zu tun hatte. Zudem musste auf Umweltbelange keine Rücksicht genommen werden.

    Und mit dem EU-Beitritt von Rumänien am 1. Januar 2007 war damit dann Schluss, denn dann gab es plötzlich Vorschriften zum Schutz von Mensch und Umwelt, die eingehalten werden mussten.

     

    Wolfgang Löhr

  • E
    ewu

    wieder mal sehr tendenziell und furchtbar schlecht recherchiert. Ein Blick nach Rumänien wäre hilfreich. Wenn Auftraggeber (Then) "ihre" Gutachten selbst bewerten kann doch garnichts anderes herauskommen.

  • ED
    einer der Kommentatoren

    Mit deinem Kommentar hast du auch nicht gezeigt, daß du Ahnung von dem Thema hast aber gut.. und man muß auch nicht Einstein sein um zu erkennen, daß der Dreck den monsanto da vor hat dringen unterbunden werden sollte!

  • R
    Ratio

    Seit wann wird diese Gensoja nochmal angebaut - seit 16 Jahren?!

    Würde es sich tatsächlich um den erstmaligen Gensoja-Anbau in Europa handeln - weit gefehlt: die Profitabilität des rumänischen Sojaanbau basierte bis 2006 genau auf dieser Gensoja.

    In welchem Umfang hat der Anbau nur dieser Gensoja bisher stattgefunden - auf ca. 700 Mio. Hektar?!

    Welche gesundsheitsbeeinträchtigenden Folgen sind nachgewiesen - keine?!

    Was passiert, wenn das Pestizid-Pflanze-System von Monsanto nicht mehr funktionieren sollte - dann kommen wieder die konventionellen Unkrautbekämpfungsmittel zum Einsatz oder die große Stunde des Ökosojabohne hat geschlagen?!

    Wer ernährt sich in Deutschland von Schweinefleisch - ich weiß - keiner?!

  • R
    Rainer

    gibt es unter den TAZ-Kommentatoren eigentlich auch Leute die von der Sache Ahnung haben oder sind das alles Soziologen, Lehrer, Germanisten, Therapeuten und ähnliches, die kein blassen Schimmer haben? Allein der Satz "Wir sind eh schon total verseucht über Pestizide, Gase, Strahlung etc. . . Warum also jetzt mal dagegen sein, nech?! ;)" ist total hirnrissig! Denn - noch nie sind wir so alt geworden - noch nie waren wir so gesund wie heute - die Pestizidrückstände gehen permanent zurück - die Kindersterblichkeit sinkt weltweit (wenn nicht gerade irgendwelche Idioten Krieg spielen) - der Wolf kehrt nach Deutschland zurück etc.. und warum, weil wir technischen Fortschritt nutzen!

  • P
    pflaumenaugust

    industrieelle genmutanten in nahrungsmitteln sind genauso überflüssig wie kühlschränke und bohrtürme am nordpol! aber weil ein paar raffgierige geldsäcke prima profit damit machen, wird auf die gefahren geschi..en. wenn diese leute mit radioaktivem giftmüll in lebensmitteln geld schaufeln könnten, würden sie es tun, WETTEN??!! ich nenne das KAPITALISTISCHE PLANETENFAUSTFICKEREI. irgendwann wird sich der planet kräftig schütteln, und dann wird alles gut werden. nur leider ohne die spezies mensch.. traurig, aber scheinbar unvermeidlich.

  • P
    Pech

    Interessant zu diesem Thema wäre folgendes...

     

    Was passiert wenn sich diese "Genpflanze" auf "natürlichem Weg" fortpflanzt und somit durch Wetter und Tiere in andere Regionen auf andere Felder verbreitet und Bauer Herr Mustermann, der absoluter Biobauer ist (denkt er zumindest) nun teilweise diese Pflanzen auf seinem Acker hat, hat Monsanto dann Anspruch auf sein Geld? Weil von Monsanto hat er es ja nicht gekauft, besitzt aber diese Pflanze. Kann es zu Rechtsstreiterei kommen? Die Gene der Pflanze sind ja eindeutig nachzuweisen!?!?!

     

    Der Mensch sollte es generell sein lassen so etwas zu tun, vorallem in Verbindung mit Chemiewerke wie BASF im Hintergrund, die bestimmt schon kräftig die Pestizide Produzieren!

     

    Da Geld hier mal wieder die Größte Rolle spielt, steuert die Gier der Menschen ein Handeln von dem ein Ende nicht zu Prophezeien ist, da nur Profit in den Gedanken des Produktes steckt und nicht anderes.

     

    Ich hoffe das "unsere" Politiker mehr verstand haben als nur Wirtschaftswachstum!

  • MW
    Monsanto wird uns vergiften

    Monsanto schädigt uns doppelt, profitiert zweifach:

     

    1. Sie stellen das giftige Herbizid her (Roundup).

    2. Sie nötigen uns gefährliche Genmanipulation auf!

     

    Die Konzerne freuen sich über korrupte Politiker und Lobbyismus.

     

    Kapitalismus Olé!

  • SH
    Stefan Happe

    Es stand schon lange vor der Tür, doch nun ist es auf die Schwelle dieser lauthals knirschenden Rahmenbedingungen getreten: die Möglichkeit mit dem Deckmantel der vermeindlichen zukünftigen Notwendigkeit einer Ernährungssicherheit auch die EU mit dem im Artikel erwähnten Soja-Event (wie GMO-Konstrukte im Fachjargon bezeichnet werden ) "einzuweben". Anders als in diesen Metaphern finde ich keinen Audruck für das derzeitige Geschehen um die Implementierung dieser neuen Kulturpflanzen, die die Artenerosion und damit die Monokulturisierung unserer Landschaft voranschreiten lassen, wo doch gerade im Diversitätsverlust die Ursache einer unzureichenden Ernährungssichert zu finden ist.

    Wenn ich mir die Aussage meines Botanikprofessors vor Augen führe, dass etliche tausend Pflanzen (vornehmlich Asteraceae und Umbelliferaceae) das Potential haben, bei hinreichender Domestizierung und züchterischen Bearbeitung, Kulturpflanzen für die menschliche Ernährung zu werden dann frage ich mich: In welche Richtungen lenken wir uns und wozu?

     

    Sind es am Ende die futuristischen plasmaartigen, schwebenden Aggregationen von pulsierenden Protein-Kolenhydrat- und Fett-Knäulen/Pflanzen die in den Nahrungsparks der Zukunft ihren Platz finden werden (Fleisch ist schon in Petrischalen produzierbar)?

     

    Ein großes Fragezeichen!!!

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Ein solches Europa brauchen wir nicht!

  • FM
    Frau Merkels Leib- und Magenspeise

    Bitte unbedingt Frau Merkel das Zeugs essen lassen; schließlich geriert sich Merkel ständig als FÜHRERIN der EU und es ist ihr, wie sie selber mehrmals öffentlich bisher beteuert hat, die Demokratie und sind ihr demokratische Prozesse sch***egal!

    Dann dürfte es Merkel auch sch***egal sein, was sie isst und was sie trinkt.

    Nur zu, Probierende muss es schließlich auch geben; der 'liebe Gott' wird für Angelas Ess-kapaden Verständnis haben, wie er auch für alle anderen Merkelschen Trixereien bisher Verständnis hatte. Merkel betet eben ihre Fehler und Verbalattacken, die sie anderen angedeiehen lässt weg.

    Unglaubwürdige Frau trifft auf ungenießbares genmanipuliertes Essen - welche eine traumhaft wunderschöne Harmonie!

  • F
    FMH

    Ich bin eigentlich mehr für Gentechnik als dagegen, aber dieses Herbizid-Resistenzsoja scheint mir ja ein ziemlicher Schuss in den Ofen zu sein. Es bietet keine bis geringfügigste Vorteile und zwingt den Landwirt dazu alles vom Spritzmittel über Dünger bis zum Saatgut aus einer Hand zu nehmen und sich deren Preisdiktat zu beugen. Ich bezweifle, dass das so ein großer Renner sein kann, schließlich ist eine Landwirtschaft ja ein Wirtschaftsbetrieb, wie der Name schon sagt.

  • J
    Jason

    Das die Fortpflanzungsrate immer mehr abnimmt interessiert hier auch anscheinend keinen mehr. Schön das unsere gewählten Politiker sich sowas erlauben. Wenn das "legal" wird können wir Froh sein wenn wir in 50 - 100 Jahren noch Kinder sehen ...

     

    Wir sind eh schon total verseucht über Pestizide, Gase, Strahlung etc. . . Warum also jetzt mal dagegen sein, nech?! ;)