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Türkei emanzipiert sich von EuropaWelche Krise?

Lieber Regionalmacht im Nahen Osten als dauerhaft Schmuddelkind Europas sein: Unbemerkt von vielen wendet sich die boomende Türkei von der EU ab.

2011 überholte die türkische Wirtschaft mit Wachstumszahlen von fast 10 Prozent selbst die Chinesen. Bild: reuters

BERLIN/ISTANBUL taz | Welche Krise? Im Süden und Südosten herrschen Bürgerkrieg und Verwüstung, im Westen wackelt die Wirtschaft, direkt vor der Haustür schlittert gerade ein Nachbarland in die Pleite. Doch die Türkei steckt das glänzend weg: 2011 überholte die Wirtschaft mit Wachstumszahlen von fast 10 Prozent selbst die Chinesen, auch in diesem Jahr geht das Bruttoinlandsprodukt noch um 3 Prozent in die Höhe, 2013 sollen es 4,5 Prozent sein. Diese Jubelzahlen legte am Mittwoch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) in Berlin vor.

Auch viele rückständige Gebiete in Zentral- und Südostanatolien boomen; das fast 15 Millionen Einwohner zählende Istanbul gilt vielen als coolste City Eurasiens, der anatolische Tiger strotzt vor Kraft: Inmitten aller Krisen hat sich die Perspektive der Türkei radikal verändert – unbemerkt von vielen Europäern. Jahrzehntelang galt die EU-Vollmitgliedschaft als eines der wichtigsten Ziele Ankaras. Doch nun rückt die Türkei von Brüssel ab, will lieber Regionalmacht im Nahen und Mittleren Osten als dauerhaft Schmuddelkind Europas sein.

Der Beitritt bleibe zwar ein „langfristiges strategisches Ziel“, habe aber „keine sehr hohe Priorität“, sagte unlängst Vizepremier Ali Babacan. Um das zu dokumentieren, boykottieren die Türken während der EU-Ratspräsidentschaft Zyperns die diplomatischen Beziehungen – Relikt des Streits um das von Ankara kontrollierte Nordzypern. Ein Affront.

„Die Kosten wären für beide Seiten hoch, wenn sich die Türkei dem Osten zuwenden würde“, sagt Bahri Yilmaz, Ökonom und Europaexperte von der Istanbuler Sabanci-Universität. Die EU solle dringend die Türken aufnehmen, bevor diese sich enttäuscht abwenden, meint Yilmaz. Der Grund: Der Staat ist gerade dabei, sich vom Schwellenland zum Industriestaat zu mausern. Mit gut 10.000 Euro pro Kopf erwirtschaften die Türken derzeit knapp die Hälfte des EU-Durchschnitts. 2030 dürften es schon 70 Prozent sein, schätzen Wirtschaftswissenschaftler. Dann wäre die Türkei viertgrößte Wirtschaftsnation Europas – noch vor Italien oder Spanien.

Mehr Autos als in Italien gebaut

Gar nicht so unwahrscheinlich. Längst werden hier mit 1,2 Millionen jährlich schon mehr Autos als in Italien gebaut. Maschinen, Textilien, Gemüse und Obst „made in Turkey“ sind Exportschlager. In den vergangenen zehn Jahren wuchs das BIP im Schnitt um gut 4 Prozent. Gleichzeitig schnellt die Bevölkerungszahl in die Höhe: Derzeit sind es rund 74 Millionen, im Jahr 2025 sollen es nach dem Geschmack des konservativen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan 90 Millionen sein. Ein riesiger Markt.

„Eigentlich hindert uns ökonomisch nur noch die Inflation, sonst würden wir alle Eurokriterien erfüllen“, sagt Yilmaz. Er hält die Türkei längst für europafit. Trotz der engen Verflechtungen hat das Schwächeln nahezu aller Ökonomien des Alten Kontinents bislang kaum Schrammen in den türkischen Bilanzen hinterlassen – zu stark ist der binnenorientierte, vom Konsum getriebene Aufschwung.

Probleme gibt es: hohes Leistungsbilanzdefizit, die Abhängigkeit von Energieimporten, einen großen informellen Sektor und die schlechte Ausbildung breiter Schichten. Für Yilmaz ist der Beitritt zu der schwächelnden Gemeinschaft – seit 2005 wird verhandelt – dennoch folgerichtig: „Die EU sollte die Mitgliedschaft nicht nur versprechen, sondern auch durchziehen“, warnt der Ökonom.

Lange galt die Türkei vor allem vielen Konservativen in Berlin oder Brüssel als zu groß, zu fremd, zu arm und zu muslimisch. Ob die Türkei eher die EU braucht oder umgekehrt – das ist heute längst nicht mehr ausgemacht: „Momentan ist der EU-Beitritt kein Thema für uns“, sagt der türkische Siemens-Chef Hüseyin Gelis, mit 6.500 Mitarbeitern einer der wichtigsten Wirtschaftsbosse im Land.

Role Model für Muslime überall

Arabellion und Eurokrise – Gelis glaubt, die Türkei solle angesichts der derzeitigen Instabilität mehrere Optionen haben: „Don’t put all your eggs in one basket“, warnt Gelis: Packe nicht alle Eier in einen Korb. Für viele Muslime in den ärmeren Ländern im Süden und Osten ist die Türkei längst Role Model in Sachen Wohlstand und Demokratie. Der Handel mit den Staaten des Ostens, Mittelasiens und Nordafrikas wächst: Der Irak dürfte Deutschland als Exportland Nummer 1 bald überflügeln.

Ja, es gibt immer noch Defizite bei Menschenrechten, Frauenrechten, Minderheitenrechten, die die Türkei wenig beitrittswürdig erscheinen lassen. Aber alte Malaisen wie ein labiler Bankensektor, Protektionismus und Staatsverschuldung sind seit der großen Krise 2001 geheilt: Ankara ging damals Reformen an, die die Auswirkungen der Agenda 2010 in Deutschland locker toppen. „Die Eigenkapitalvorschriften der türkischen Banken sind heute strenger als die in Europa“, sagt Marcus Slevogt vom Unternehmerverband Tüsiad.

Irgendwie, scheint es, sind die Türken den unflexiblen Alten Kontinent satt: Wollten 2004 noch 7 von 10 in die EU, sind es jetzt nur noch 38 Prozent. Siemens-Chef Gelis sagt es wenig diplomatisch: „Die EU muss sich erst mal umstrukturieren.“

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21 Kommentare

 / 
  • T
    Tzzzzz

    @Geschichte:

    Sorry, aber sie haben ja mal gar keinen Plan von Geschichte.

    Gucken sie mal weiter durch ihre "anti-türken" Brille.

     

    @Bülent yes:

    Eine Frage hätte ich da allerdings noch Herr Kemalist. Die können sie mir auch sicherlich beantworten, da sie anscheinend mehr über die Türkei wissen als andere.

     

    Wenn die AKP dem Volk nicht gut tut, warum hat sie dann bei drei aufeinander folgenden Wahlen ihre Stimmen gesteigert???

     

    @Hubert:

    Danke das ich mal einen objektiven Kommentar lesen durfte :-)

     

    @Türkische Provokation:

    Warum sollte sich die Türkei an Grenzen halten die ihr von den Allierten auferlegt wurden?

     

    @runzbart:

    warum suchen wir die Schuld immer bei den Einwanderern???

    Punkt 1:

    Die sog. Ghettobildung wurde durch die deutsche Gesellschaft erschaffen und vorangetrieben

    Punkt 2:

    Die ersten Migranten kamen ende der 60er Jahre als Gastarbeiter. Spätestens nach 10 Jahren hätte die Politik merken müssen, dass die Menschen nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren. Da hätte man bereits mit der Integrationsarbeit anfangen müssen und nicht nach vierzig Jahren.

  • R
    runzbart

    weil die wirtschaft in der türkei brummt, soll die eu sie aufnehmen? welche zeitung les ich denn hier, die ftd oder das handelsblatt?

     

    als ob das der hauptgrund für die union wäre, eine mitgliedschaft abzulehnen. warum wird so selten das genaue problem oder die befürchtung der beveölkerung vor einer eu-mitgliedschaft der türkei angesprochen: die freizügigkeit im eu-gebiet.

     

    die vorbehalte in deutschland kommen doch hauptsächlich durch die ehemals angeworbenen gastarbeiter. bildungsferne einwanderer und ein integrationsfeindliches einwanderungsland sind eine problematische mischung.

    jugendliche, die mit basecap und butterfly andere abrippen, keinen satz ohne alter,krass oder "ich schwöre" bilden können und eine für mitteleuropäer seltsame vorstellung vom verteidigen der eigenen ehre haben, sind nur das ergebnis davon.

     

    so lang es keine freizügigkeit für anatolische hinterwäldler gibt, ist wenigstens halbwegs sichergestellt, dass die türken, die hierher kommen nicht dazu beitragen, dass dieser prozess noch einmal durchlaufen wird und helfen können, das türkenbild in deutschland zu verbessern.

     

    es wäre zwar an beiden seiten die beziehung zu verbessern, aber eins ist dabei sicher, der großteil dieser deutschen springer- und bertelsmann-gesellschaft wird einen teufel tun und dazu ihren beitrag leisten.

  • B
    bull

    Jawohl die Ägäis muaa unbedingt türkisches Binnengewässer werden.

  • TP
    Türkische Provokation

    Mal wieder verletzt ein türkisches Kriegsschiff griechische Hoheitsgebiete und dödelt quer durch die Ägais:

    http://www.protothema.gr/news-in-english/article/?aid=212969

  • M
    meteenes

    Was ist eigendlich das Probläm?

     

    Wenn man in Deutschland Geld hat und nicht weiss wie man es vermährt oder bei der Sparkasse lausige 2% zinsen bekommt. Dann versucht man es in Länder zu Investieren über Fonds oder ändere Wege. Um sein geld zu vermähren. Fakt ist in der EU bekommt man nirgendwo eine gute Rendite ( EU fast pleite )

     

    Die Türkei hat sich rechtzeitig die neuen Märkete gesichert was die EU verschlafen hat.

    Fakt ist das immer mehr Europähische Firmen in der Türkei Firmen bauen um den anschluss an die neuen Märkte zu bekommen.

     

    Die Türkischen Politiker machen ihre Hausafgaben sehr gut ( Reformen ) wenn man die gegen die Deutschen vergleicht. Stellt man fest das sich in Deutschland nicht viel tut.

     

    Ich gehe mal nicht so ins Detail.

     

    Aber es reicht wenn man sich in Deutschland Nachmittags mal vor Fernseher setzt und die jetzige H4 programme sich anschaut. Sowas wird auch von Tag zu Tag mehr.

  • H
    Hubert

    Ich hab die Eingangskommentare gelesen und im Mai die Türkei nach ca. 20 Jahren wieder besucht, nicht in Badebettenburgen.

     

    In der Türkei gibt es eine aufstrebende Industrie, gewaltige Infrastrukturprojekte und anspruchsvolle Bildungsbestrebungen, Entwicklung des Binnenmarktes.

     

    Es gibt recht hohe Importzölle, die die schutzbedürftige Binnenwirtschaft vor europäischer Konkurrenz bewahren und die Einnahmen liefern für innenpolitische Projekte.

     

    So jedenfalls war es von weltoffen wirkenden Türken zu hören.

     

    Der Türkei könnte nichts Schlimmeres zustoßen, als der EU beizutreten und dann die Grenzen zollfrei für Waren aller Art öffnen zu müssen, es würde ihre junge Industrie ersticken, den Export sehr vieler Agrar- und Textilprodukte erfordern, um europäische Industriegüter importieren und bezahlen zu können, auch wenn die auf Kredit geliefert werden.

     

    Letztlich war doch genau das der wirtschaftliche Untergang Griechenlands!

  • BY
    Bülent Yes

    Leute, glaubt doch solchen Märchen nicht. Erst recht nicht, wenn diese Märchen von der TAZ kommen. Die Türkei hat über 550 Mrd. € Schulden und importiert mehr als sie exportiert. Zudem sind unsere Agrarwirtschaft und Textilindustrie am Abgrund und wir haben dank den Amerikanern und der EU kein Zugang zu unseren Bodenschätzen. Unser Bevölkerung hungert, unsere Bevölkerung wird immer ärmer. Nur die Angehörigen und Verwandten der Akp Regierung sind viel wohlhabender geworden. Die Mittelschicht, die es vor 10 Jahren noch gab, ist immer mehr am Schwinden. Wir setzen die "Lego-Teile", die aus dem Ausland zu uns kommen,zusammen, und schicken diese Autos an Mercedes, Fiat und co zurück. Wir produzieren nahezu keine Maschinen, Fahrzeuge und ähnliches !!! Die heutige Regierung zwingt unsere Bauern das Saatgut für Baumwolle aus den USA zu importieren. Dies gab es in unserer Geschichte niemals zuvor. Wir bezahlen für Benzin, Kerosin und weitere Erdölprodukte in Europa am meisten. Von welcher boomenden Wirtschaft redet ihr und vor allem die TAZ ?

  • M
    Marcus

    Um der Wahreit die Blöse zu geben ist die Türkei die größte Ursache der Eurokrise. Ihr wurden die meisten wirtschaftlichen Vorteile einer EU Mitgliedschaft gewährt ohne an die Richtlinien die für Mitglieder gelten gebunden zu sein. Auf diese Art wird diereckt die Produktion aus den Südlichen EU Ländern und im viel geringeren Umfang auch aus den Nördlichen in die Türkei verlagert. Die Südlichen EU-Länder haben Traditionel sehr ähnliche Wirtschaftszweige wie die Türkei aber aufgrund ihrer WU-Mitgliedschaft ein viel höheres niveau an Regulierung (Arbeits- und Umweltschutz, Landwirtschaftsquoten usw.). Diese nachteile wurden bisher zumindest teilweise durch den besseren zugang zum EU-Binnenmarkt ausgeglichen den Mitgliedern gegenüber nicht Mitgliedern haben. Nun aber hat die Türkei fast die gleichen Zugangsmöglichkeiten(priviligierte Partnerschaft) und dazu noch ein viel geringeres Lohnniveau. Es ist nur folgerichtig das viele Industrien in die Türkei auswanderen oder sich am Markt nicht mehr gegen Türkische konkurenz behaubten können. Bekanntestes Beispiel sind die reste der europäischen Textilindustrie (der bilig sektor war ja schon in China). Ergo ist das Wachstum der Türkei die Kriese Europas. Der einzige vorteil solcher prozesse des zusammgehens von unterschiedlich weit entwickelten Märkten ist das die gesamtleitsung also EU plus Türkei steigt. Und fals die Türkei tatsächlich der EU beitrit ist auch eine Positive Wirkug auf die jetzigen Kriesenländer zu erwarten.

  • G
    Geschichte

    Die Türkei ist vor allem ein imperialistisches Biest mit faschistischen Tendenzen, das von einem neuen osmanischen Reich beseelt wird. Nicht nur, daß die Türkei ständig in kriegerischer Absicht den Luftraum von Nachbarstaaten verletzt, illegal und provokant vor Zypern und in der Ägais nach Öl und Gas bohrt, den Griechen offen mit Krieg droht, wenn sie bohren und von patriotischer Kastrationsangst übermannt wird, sobald es Nachbarn wagen mit Gedenktagen dafür zu sorgen, daß die Völkermorde an 1 Million Griechen und 1,5 Millionen Armeniern nicht vergessen werden, sie besitzen auch noch die Frechheit ihren beliebtesten Massenmördern Mausoleum zu bauen.

  • K
    künga

    Tja, warum sollte denn die Türkei immer noch in die EU wollen? Kaum verdienen sie mal etwas Geld, schon müssen sie es dann (oh Schreck!) vielleicht gleich an den ungeliebten Nachbarn Griechenland schicken. Vielleicht können wir hier auch etwas darüber lernen wie es auch ohne EU-Mitgliedschaft geht.

  • O
    Olli

    Lieber Herr Schöneberg,

    eine so einseitige und wirtschaftshörige Berichterstattung ließ mir beim Lesen der taz heute morgen fast die Teetasse aus der Hand fallen.

     

    Ich hoffe, kritische Berichterstattung wird in Zukunft wieder ernster genommen und nicht mit einem Halbsatz weggewischt, wie es der Folgende in Ihrem Artikel macht:

     

    "Ja, es gibt immer noch Defizite bei Menschenrechten, Frauenrechten, Minderheitenrechten, die die Türkei wenig beitrittswürdig erscheinen lassen. Aber alte Malaisen wie ein labiler Bankensektor, Protektionismus und Staatsverschuldung sind seit der großen Krise 2001 geheilt: Ankara ging damals Reformen an, die die Auswirkungen der Agenda 2010 in Deutschland locker toppen."

     

    Vielleicht beleuchten Sie in einem Ihrer nächsten Artikel auch mal den Einfluss des von Ihnen gepriesenen Wirtschaftswachstums und der Gründe dafür auf die Arbeitsbedingungen, die Kluft zwischen Arm und Reich und lassen die Menschenrechte dabei nicht einfach außen vor. Dazu würde es auch helfen, nicht nur mit Vertreter*innen von in dieser Hinsicht zweifelhaften Unternehmen wie EWE, Siemens oder Mercedes Benz zu sprechen, sondern vielleicht auch kontroverse Meinungen darzustellen.

     

    Und ob es wirklich erstrebenswert ist, die Agenda 2010 "noch locker zu toppen", würde ich auch ernsthaft infrage stellen.

  • NA
    Na also.

    Dann ist doch alles geklaert. Die Tuerken wollen nicht, die Europaeer wollen nicht. Alle koennen zufrieden sein.

  • B
    Branko

    "2011 überholte die Wirtschaft mit Wachstumszahlen von fast 10 Prozent selbst die Chinesen"

     

    Die Wirtschaftsleistung der Türkei ist also grösser als die von China ? *anerkennendpfeif*

     

    Das ist ein vollkommener Quatsch - dummes Kapitalistengefasel - immer nur nackte Prozentzahlen von Wachstumswerten zu nennen.

     

    Prozent von wieviel?!

    Das immer so getan wird, als wenn Prozentzahlen Absolutwerte darstellen würden.

     

    Sie können den prozentualen Zuwachs der Wirtschaft der Türkei von 2011 mit dem von 2010 vergleichen.

    Sie können auch die gesamte Wirtschaftsleistung der Türkei in Absolutwerten - das Bruttoinlandsprodukt, mit dem von China vergleichen - wegen mir auch prozentual.

    Aber ein Vergleich des prozentualen Wachstums zwischen zwei Staaten suggeriert etwas, was schlicht nicht da ist.

    Das ist ein Relativwert von einem Relativwert mit einem anderen Relativwert eines Relativwertes verglichen.

    Das eine sind Äppel, das andere was anderes als Birnen.

     

    Solche Aussagen beweisen lediglich, dass jemand keine Ahnung von Prozentrechnung hat.

     

    Das ist genau der Kardinals-Knackpunkt, an dem unser gesamtes Wirtschaftssystem derzeitig krankt.

    Es wird nicht geschaut:

    Wieviel Geld kommt rein?

    Sondern, wo sind die grössten Prozentwerte und wie kriegt man diese noch grösser?

     

    Also ich mache doch lieber nen Deal, bei dem ich 1% von 100.000 Euro verdiene, als 30% von 100,- Euro.

    Mir sind 1000,- im Geldsäckel lieber, weil mehr, als 30,-.

    Aber ich bin ja auch weder Kaufmann noch Wirtschaftsexperte.

    Weil 30% sind ja mehr.

     

    Was meinen Sie, welche Prozentwerte z.B. in Somalia, Äthiopien, Simbabwe oder Burkina Faso zu erwarten sind, wenn man dort ein wenig in die Wirtschaft investiert?

    Eine Fabrik mit 1000 Leuten führt dort schon zu einem Wirtschaftswachstum von 200...300% Prozent - mindestens.

    Da stecken Sie 10 Mio. in die Wirtschaft eines solchen Landes rein, und die lassen die restliche Weltwirtschaft links liegen - im prozentualen Wachstum.

    Tja, da juckt's gleich in den Investorenfingern, was?

     

    --------------------------------------------

     

    Aufgabe:

     

    Zwei Leute A und B haben zu einem Zeitpunkt 0 jeder 1000,- Euro.

    Zum Zeitpunkt 1 gibt A B seine 1000,- Euro, und B gibt A seine 1000,- Euro.

    Dieses wiederholen die beiden dreihundert mal.

     

    a) Rechnen Sie den Gesamtumsatz aus, den A und B zum Zeitpunkt 300 erreicht haben.

     

    b) Bestimmen Sie das prozentuale Wachstum dieses Umsatzes von Zeitpunkt 0 ausgehend.

     

    c) Wie gross ist die Geldmenge, die A und B danach dann jeweils haben?

  • S
    Skeptiker

    Ich bin da mittlerweile skeptisch.

     

    Fakt ist, die Türkei wäre kein Einzahlerland. Auch jetzt bekommt dieses Land finanz. Hilfen.

     

    Können wir weitere Nehmerländer aufnehmen, während wir selbst pleite sind?

     

    Sollten wir Deutschen noch für ein weiteres Land finanziell aufkommen, dass uns hasst, entehrt und beleidigt?

     

    Wahrscheinlich ist aber schon alles entschieden.

  • Z
    Zeus35

    Hach, ist sie nicht schön diese objektive Berichterstattung?

     

    Boomende Türkei? Das ich nicht lache, dieser Boom ist ein noch schlimmerer Riese auf tönernen Füßen wie die USA 2008.

    Nur wenige Medien haben sich vor einiger Zeit mal getraut von der uferlosen Kreditkartenverteilerei der Banken in der Türkei zu berichten.

     

    Da haben selbst Menschen ohne regelmäßiges Einkommen 4-5 Kreditkarten, und sie mache alle fleißig Gebrauch davon. Woran erinnert das bloß?

  • W
    Waldgänger

    Wenn die Türkei sich von sich aus entschließt, der Eu nicht beizutreten, dann ist das für ein Europa ein Segen und schützt uns wenigstens vor unseren eigenen hiesigen Ideologen. Daß sie auf keinen Fall aufgenommen werden sollte, machen schon die unverschämten Forderungen deutlich. Wer aufgenommen werden möchte hat sich selbstverständlich zuerst nach der Gemeinschaft zu richten und keine Bedingungen zu stellen.

  • D
    deviant

    Deutschland hat zu lang ein starkes politisches Gegengewicht in der EU gefürchtet, jetzt hat es ein starkes politisches Gegengewicht direkt vor der Haustür, weil Berlin zu spät begriffen hat, dass die Welt nicht an Ural und Bosporus endet.

    Ähnliches gilt ja auch weiterhin nördlich vom Schwarzen Meer: Moskau, dass sich Berlin ungeachtet der imperialen Konkurrenzsituation in der Ukraine, weiter warm halten will, wenn die EU zerbrechen sollte, orientiert sich auch immer mehr nach Osten und hat seine alten Verstimmungen mit China längst überwunden. Schröder hat es besser verstanden, die Achse Berlin-Moskau offen zu halten.

     

    Berlin ist eben nicht die einzige Machtoption für die Völker der Welt, die CDU scheint das noch nicht begriffen zu haben, besonders fatal, wenn man bedenkt, dass die einzige Machtoption, auf die Berlin derzeit setzt, nämlich über Brüssel Europa zu steuern, gerade durch die Politik aus Berlin auseinanderbricht. Sollte das passieren, könnte sich England auf alte Bande verlassen, ebenso die Franzosen, die insbesondere in Nordamerika noch ein paar alte Freunde haben, selbst wenn Deutschland diese freundschaftlichen Beziehungen während des arabischen Frühlings recht erfolgreich torpediert hat.

     

     

    All das könnte man durchaus bedauern, wenn man es darauf anlegte, dass irgendwer deutsch spricht oder "man wieder wer ist in der Welt". Ich persönlich könnte mich ganz gut damit abfinden, wenn die Großmachtspläne Berlins auf längere Zeit begraben werden müssten. Nicht nur, weil, wann immer jemand in Berlin Großmacht spielen wollte, Deutschland anschließend Krieg gegen die ganze Welt führte.

  • M
    mehrdad

    dwer turkische boom ist aus pump finanziert. imgrund macht erdogan das, was clinton in den 90ern machte:

     

    billig geld unter's volk verteilen, um wiedergewählt zu werden.

     

    in den staaten gab es danach, genauso wie in der türkei, extrem hoch verschuldete privathaushalte.

     

    die kreditblase der türkei wird genauso eines nahen tages platzen, wie die US blase 2008.

     

    der türkische wachstum ist alles andere als gesund und seriös finanziert.

  • H
    Horsti

    Die "boomende Türkei" finanziert sich seit langer Zeit überwiegend durch Kredite. Wenn die Blase hier platzt, wird es ihnen nicht besser ergehen wie den Griechen.

  • R
    Rueckführung

    ...und das ist gut so!

  • Y
    yberg

    die türkei hatn BIP ähnlich wie NRW bei schlapp fünfmal soviel einwohnern

     

    hör mir uff mit BOOMland .

     

    die EXBOOMländer irland,island,spanien mit ihren immobiliengetriebenen blasen sind genug.

     

    in der türkei die gleiche blase.

     

    der verlust füe die EU ist leicht zu verschmerzen,zumal diese sich einen weiteren bürgschaftsaspiranten, kostgänger und notgroschenempfänger erspart.