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Kommentar Ägyptens neue RegierungDie Investoren können kommen

Kommentar von Beate Seel

Drei Muslimbrüder, eine Koptin, keine Salafisten – die neue Regierung wird der politischen Realität Ägyptens gerecht. Und ins Ausland signalisiert sie Stabilität.

D ie Bildung der ersten ägyptischen Regierung unter Präsident Mohammed Mursi, einem Muslimbruder, und dem wenig bekannten Technokraten Hisham Kandil ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Die Übernahme der Minister für Äußeres und Finanzen aus dem vorherigen, vom Militärrat eingesetzten Kabinett signalisiert dem Ausland und potenziellen Investoren Stabilität und Kontinuität. Nach innen gerichtet lautet die Botschaft: Es gibt keinen islamistischen Durchmarsch.

Auf der Kabinettsliste – drei Posten waren zunächst noch nicht vergeben – stehen drei Muslimbrüder, kein Salafist und eine Koptin. Dies ist auch eine Einsicht in die politische Realität des Landes. Denn bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen erlitten die Islamisten im Vergleich zu den Parlamentswahlen eine herbe Niederlage.

DIE AUTORIN

BEATE SEEL ist Redakteurin im Auslandsressort der taz.

Allerdings muss sich erst noch zeigen, wo die politischen Sympathien der künftigen Minister liegen, auch wenn sie nicht Mitglieder der Muslimbrüder oder der salafistischen Nur-Partei sind. Und der Umstand, dass im neuen Kabinett nur zwei Ministerinnen, darunter die Koptin, sitzen, ist kein Fortschritt gegenüber den Zeiten des im Februar 2011 gestürzten Präsidenten Husni Mubarak, was die Repräsentanz der christlichen Minderheit und der Frauen angeht.

Doch die Tatsache, dass islamistische Parteimitglieder in der Regierung keine Mehrheit stellen, kann ein Hinweis darauf sein, dass das Team Mursi/Kandil andere politische Kräfte einbinden will. Das ist auch ihre einzige Chance, dem Militärrat politisch Paroli zu bieten, ohne dabei auf einen offenen Konfrontationskurs zu setzen.

Denn der Militärrat hat nach der Auflösung des Parlaments die Gesetzgebung an sich gezogen. Bis zur noch nicht festgesetzten Neuwahl des Parlaments liegt das letzte Wort also weiterhin bei den Generälen.

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1 Kommentar

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  • M
    martin

    Hier sollen also die Investoren kommen, die selben die in Europa und besonders in Deutschland immer als das Böse an sich gesehen werden. Privates Kapital ist doch der Grund allen Übels liebe Taz Redakteure... was denn nun?