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Harald Wolf zu Schönefeld"Das Desaster ist groß genug"

Das Flughafendebakel zahlt der Steuerzahler, sagt Harald Wolf. Der Linken-Verkehrsexperte glaubt inzwischen an eine weitere Finanzspritze aus der EU.

Ernsthaft besorgt: Linken-Verkehrsexperte Harald Wolf Bild: dapd

taz: Herr Wolf, die Flughafengesellschaft bekommt keine neuen Kredite mehr. Erstaunt Sie das?

Harald Wolf: Das ist nicht weiter verwunderlich: Ich gehe schon seit langem davon aus, dass Mehrkosten, die das Budget des Flughafens überschreiten, nicht über zusätzliche Kredite der Flughafengesellschaft finanziert werden können. Das liegt zum einen daran, dass die Ertragskraft des Flughafens nicht ausreicht, um weitere Kredite in dieser Größenordnung zu bedienen. Zudem ist generell die Situation an den Finanzmärkten schwierig: Große Kredite mit langer Laufzeit bekommt man derzeit nur schwer.

Ist das schlimm?

Harald Wolf

55, ist verkehrspolitischer Sprecher der Linksfraktion. Im rot-roten Senat war er von 2002 bis 2011 Wirtschaftssenator.

Es bedeutet, dass die Mehrkosten über die Haushalte von Brandenburg und Berlin sowie des Bundes aufgefangen werden müssen. Das belastet den Steuerzahler.

Was bedeutet das für den Berliner Landeshaushalt?

Das hängt von der Höhe der Mehrkosten ab und die steht noch nicht fest: Noch sind ja nicht alle Fragen geklärt.

Derzeit fehlen angeblich 1,2 Milliarden Euro.

Berlin ist Mitgesellschaftler und muss anteilig dafür aufkommen – also wenn die Zahl 1,2 Milliarden stimmt, wären das rund 400 Millionen Euro.

Hat Berlin die noch?

Die Verschuldung erhöht sich, damit steigt die Zinslast, die jährlich den Haushalt belastet. Auch wenn die Zinsen derzeit relativ niedrig sind, sind das jährlich zwischen 10 und 12 Millionen.

Die Lage sei nicht bedrohlich, sagt ihr Parteigenosse, Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov. Er sieht keinen Liquiditätsengpass.

Ich bin nicht Mitglied des Aufsichtsrats, deshalb kann ich nichts über die Liquiditätsplanung sagen. Aber Markov hat ja betont, dass man die Flughafengesellschaft nicht in die Insolvenz gehen lässt. Und er hat zu verstehen gegeben, dass es eine Zwischenfinanzierung braucht.

Markov will einen „Brückenkredit“ aufnehmen.

Es geht um einen Kredit mit kurzer Laufzeit, um die Zeit für die wahrscheinlich notwendige Ratifizierung bei der Europäischen Union für weitere Finanzhilfen zu überbrücken.

Die EU-Kommission muss diese zusätzlichen Finanzspritzen genehmigen. Glauben Sie, das geschieht?

Ja. Es handelt sich um ein Investitionsprojekt, bei dem die Gesellschafter zusätzliches Eigenkapital zuschießen, um die Investition zu realisieren. Das dürfte auch die EU anerkennen.

Das Ding kostet nach aktuellem Stand 4,3 Milliarden Euro, Anfang Mai waren es noch 2,8 Milliarden. Wie teuer wird der Flughafen am Ende sein?

Gegenwärtig wird der gesamte Bau überprüft – was da im Einzelnen noch an Kosten entsteht, ist völlig offen. Unklar ist auch, inwieweit Regressforderungen gegenüber dem Generalplaner oder bauausführenden Unternehmen durchgesetzt werden können. Im Moment kann niemand präzise sagen, wie teuer der Flughafen wird.

Aber ein zweistelliger Milliardenbetrag droht wohl nicht?

Das Desaster ist doch schon groß genug, da muss man nicht auch noch übertreiben.

Ist den Berlinern und Brandenburgern angesichts der Kostensteigerung der Bau des Flughafens noch vermittelbar?

Man muss sehen, wodurch die Kostensteigerung verursacht worden ist: Es ist vermittelbar, dass man viel Geld für Lärmschutzmaßnahmen und den Schutz der Anwohner ausgibt. Das ist die Folge der Entscheidung in den 90er Jahren, einen stadtnahen Flughafen zu bauen. Nicht vermittelbar sind die Mehrkosten, die durch Baumängel, mangelnde Koordinierung und die dadurch verursachte mehrfache Verschiebung der Inbetriebnahme verursacht sind.

Und wann wird er eröffnet: Glauben Sie an den März 2013?

Das ist keine Glaubensfrage. Der neue Technikchef muss das überprüfen. Aber selbst der Aufsichtsrat scheint sich ja keine Prognose zuzutrauen bei der Sitzung kommende Woche. Wir werden das wahrscheinlich erst im September erfahren.

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3 Kommentare

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  • J
    Julia

    Der Steuerzahler will den Flughafen nicht haben. Warum soll er ihn dann auch noch bezahlen? Soll Wowereit sein Prestigeobjekt doch allein bezahlen! Ich hoffe sehr, dass die EU dem Projekt denn Geldhahn zudreht, so dass der Flughafen nie fertig wird und als Ruine verrottet. Für viele Berliner wäre das wie Weihnachten, wenn der BER dicht macht.

  • D
    drehmstz

    Wenn schon der Flughafen angeblich nicht mehr verhinderbar ist, dann sollte man die Finanzierung desselben doch bitte schön den Vielfliegern überlassen, die dank der gemeinschaftsschädigenden Lärmemissionen ihren Verdienst vervielfachen: jene zigtausend Nadelstreifenanzugberater usw.: Eine Gebühr pro Start/Passagier sollte einfach bei ca. 50€ extra zur Begleichung des Defizits auf jedes Inlandsticket aufgeschlagen werden. Bei Auslandsflügen darf es gerne das Doppelte sein; schließlich wird die LKW-Autobahn-Gebühr auch wegen der Schadensverursachung erhoben.. .

    Wer den Flughafen nutzt, muss eben zahlen. Die BVG gibt's auch nicht gratis.

  • K
    Karsten

    "Nicht vermittelbar sind die Mehrkosten, die durch Baumängel, mangelnde Koordinierung und die dadurch verursachte mehrfache Verschiebung der Inbetriebnahme verursacht sind."

     

    Ach ja, wirklich?

     

    Und warum fragt die TAZ nicht mal nach der Verantwortung von Herrn Wolf im Aufsichtsrat, in dem er immerhin bis Ende letzten Jahres saß? Die ganze Entwicklung beim Flughafen, war doch sicher schon letztes Jahr absehbar, so unheimlich dramatisch, wie die auf einmal sein soll. Sowas passiert doch nicht über Nacht.

     

    Hoffentlich schießt sich der Untersuchungsausschuss nicht nur auf Wowereit ein, sondern untersucht auch die Hinterlassenschaften von Wolf ordentlich.