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Landstrom für KreuzfahrtschiffeSauberer Strom ist kein Luxus

Die Reederei Aida will ihre Hotelschiffe im Hamburger Hafen künftig mit umweltfreundlichem Strom versorgen lassen. Konzept für Kraftwerksschiff vorgestellt.

Macht demnächst in sanften Tourismus: die Aidasol vor dem Kreuzfahrtterminal Altona Bild: Aida

Für Monika Griefahn ist die Richtung klar: „Wir reden nicht nur über Umweltschutz, wir praktizieren ihn“, sagt die Direktorin für Ökologie im Vorstand der größten deutschen Kreuzfahrtreederei Aida (siehe Infokasten). Und deshalb stellte die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete, ehemalige niedersächsische Umweltministerin und einstige Chefin von Greenpeace Deutschland am Dienstag im Hafenklub an den Landungsbrücken eine umweltfreundliche Energieversorgung für Luxusliner vor: die LNG Hybrid Barge.

Dieses schwimmende Gaskraftwerk erzeugt mit weitgehend emissionsarmem Flüssiggas (Liquified Natural Gas – LNG) Strom und gibt ihn an Kreuzfahrtschiffe während deren Liegezeit am Kai ab. Die Hamburger Firma Becker Marine Systems hat die Barge in Zusammenarbeit mit der Brunsbütteler Schramm Group entwickelt. Auf einer Schute sollen fünf Gasmotoren mit einer Leistung von 7,5 Megawatt ab Herbst 2013 die Luxusliner versorgen.

Der Stromverbrauch von Küchen, Festsälen und Pools der schwimmenden Luxushotels entspricht dem einer Kleinstadt – und wird bislang von den Schiffsmotoren mit billigem und hochgiftigem Schweröl erzeugt. „Unser Ziel ist, dass die Motoren an Bord im Hafen abgestellt werden“, sagt Aida-Vorstandschef Michael Ungerer. Seine Reederei lebe ja „von sauberer Umwelt und sauberen Meeren“.

Nach Angaben von Dirk Lehmann, Geschäftsführer von Becker Marine Systems, würde das Kraftwerksschiff gegenüber herkömmlichem Schiffsdiesel den Ausstoß an Stickoxiden um 80 Prozent und an Kohlendioxid um 30 Prozent verringern. Schwefeloxide würden zu 100 Prozent vermieden, Feinstaub und Ruß gar nicht erst emittiert.

Das ist Aida

Die Reederei Aida Cruises in Rostock ist der größte deutsche Veranstalter von Kreuzfahrten.

Schiffe: Aktuell sind es neun mit 16.442 Betten. In vier Jahren sollen es zwölf Schiffe mit 25.136 Betten sein.

Werft: Seit 2007 wurden sechs Luxusliner auf der Meyer-Werft in Papenburg an der Ems gebaut. Bis 2016 soll jährlich ein weiteres Schiff ausgeliefert werden.

Passagiere: Im vorigen Jahr 584.000 Menschen.

Beschäftigte: Etwa 6.000, davon 5.200 an Bord.

Visiten: Hamburg wird in diesem Jahr 50 Mal von Aida-Schiffen angelaufen, 2013 sollen es ähnlich viele sein.

In der Kostenfrage halten sich Aida und Becker bedeckt, exakte Berechnungen lägen noch nicht vor. Die Barge dürfte unter zehn Millionen Euro kosten, der Strom „deutlich mehr“ als der jetzige Bordstrom. Nach früheren Angaben von Aida liegen dessen Kosten bei etwa 13 Cent pro Kilowattstunde. Im Winter, wenn keine Luxusliner den Hafen anlaufen, wird Becker den Strom an Eon Hanse verkaufen. Durch diese ganzjährige Auslastung „ist das Konzept wirtschaftlich“, sagt Lehmann.

Am Freitag hatte die taz aus einer vertraulichen Senatsdrucksache zitiert, wonach für knapp neun Millionen Euro eine Anlage für Landstrom am Kreuzfahrtterminal Altona errichtet werden soll. Eine zweite Anlage in der Hafencity oder eine Barge seien hingegen zu teuer.

Einen Widerspruch zu diesem Landstrom-Konzept sieht Griefahn bei ihrem Projekt nicht: „Das ergänzt sich.“

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4 Kommentare

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    Klaus Bärbel

    Vor dreißig Jahren wäre Frau Griefahn auf den Schornstein der Aidabeule geklettert und hätte einen Kanister Abgasreiniger hineingeschüttet. Heute wedelt sie mit einem welken Feigenblättchen, ein Boot mit Gasmaschinchen würde im Hafen gaanz sauberen Strom liefern. Ja, warum dann nicht den Gasmotor gleich im großen Dampfer einbauen, und während der ganzen Fahrt sauberen Strom erzeugen? Weil das zu teuer ist, und man dann das Gehalt der Direktorin für Umwelt Griefahn sparen müsste.

    Siehste, Monika, du wärst besser bei Greenpeace geblieben! Oder ahnten die schon damals, dass du nicht echt bist?

  • F
    Frechheit

    Da hat eine deutsche Werft bereits vor Jahren ein Schiff gebaut, daß ausschließlich mit Windturbinen betrieben wird und trotzdem dürfen weiterhin riesige Vergaser gebaut werden. Mit derartigen Schiffen könnte man z.b in Griechenland die gesamte Flotte ausrüsten und da dort viel Wind ist kann man sogar überschüssige Energie ins Stromnetz einspeisen. Das einzige was gemacht werden muß ist also einfach die Produktion von Verbrennungsmotoren verbieten und eigentlich gehören die bereits seit 15 Jahren verboten.

  • AR
    Aus Reichtum Profit

    Da könnte man dann direkt auf allen Luxuslinern die Luxusgäste in die Pedale zwingen und zur Stromproduktion durch Hartzer peitschen lassen und dann wird ins Hamburger Netz eingespeist.

  • G
    Graskraft

    Augenwischerei aus dem Hause Griefahn.

     

    Auf hoher See wird weiter billiges Schweröl verheizt. Auf der Ostsee ist bald damit Schluss. D.h. sauberer Kraftstoff ist an Bord. Rußende Schornsteine muss es nicht geben.

     

    Viele Kreuzfahrtschiffe haben schon kleine Generatoren für die Liegezeit an Land. Auch die Ausstattung der Kreuzfahrt-Terminals mit Landstrom nimmt zu.

     

    Der Trend geht ohnehin zum Hybrid-Schiff, das bei langsamer Fahrt ein kleines E-Werk benutzt. Hier werden vermutlich die alten Kähne in Betrieb gehalten.

     

    Das scheint eher ein Werbegag der Flüssigerdgas-Branche zu sein. Sie haben große Ambitionen im maritimen Bereich. Flüssgastanker fahren schon seit Jahrzehnten mit dem ausdünstenden Erdgas.

     

    Die taz findet es klasse. Naja.