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Gegen die Spar-SpiraleRuf nach Reichensteuer

Die Kampagne "Umfairteilen" macht sich dafür stark, dass Millionäre mehr abgeben müssen. Hamburg ist die Stadt mit der größten Kluft zwischen Arm und Reich.

Schere weit geöffnet: Schulden- und Vermögensuhr vor dem Uni-Hauptgebäude. Bild: Foto: dpa

Der lokale Startschuss der bundesweiten Kampagne „Umfairteilen – Reichtum besteuern“ ist Freitag gefallen. Vor dem Gewerkschaftshaus schnitten Mitglieder des Unterstützerkreises ein Stück aus einer 1-Euro-Attrappe heraus – um die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums symbolisch zu demonstrieren.

Am bundesweiten Aktionstag, dem 29. September, soll dann eine Menschenkette das Rathaus und das Bankenviertel rund um den Adolphsplatz umzingeln. Damit soll auf den Zusammenhang zwischen Verursachern und Leidtragenden der Finanzkrise hingewiesen werden.

„Es gibt nur einen Weg aus der Wirtschafts- und Finanzkrise: Umverteilung!“, heißt es im Hamburger Aufruf des Unterstützerkreises aus Gewerkschaften, Sozialverbänden, Organisationen wie Attac oder Campact, Parteien, Migranten- und Jugendverbänden. Ganz oben auf der Liste der Forderungen stehen die Besteuerung großer Vermögen, eine einmalige Vermögensabgabe sowie die Bekämpfung der Steuerflucht.

„Die Antwort des SPD-Senats auf die Schuldenkrise kann nicht eine sich jährlich verstärkende Spirale des Sparens sein, sondern eine aktive Umverteilung“, sagt der Landeschef der Gewerkschaft Ver.di, Wolfgang Abel. So habe die Logik, eine faire Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst mit Stellenstreichungen zu kompensieren, fatale Folgen – für Beschäftigte und Bürger. Nur wenn die Vermögenden endlich angemessen an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligt würden, so Abel, „kann verhindert werden, dass die Schuldengrenze zu einer Gerechtigkeitsfalle wird“.

Der Stadt fehle insbesondere das Geld für dringend benötigte Investitionen in den Bereichen Soziales und Bildung, ergänzte Klaus Wilcher, Landeschef des Sozialverbands Deutschland. „Es ist ein Irrweg, dass ausgerechnet an diesen Stellen gekürzt wird.“

Dabei fehlt es Hamburg nicht an solventen Bürgern, obwohl in der 1,8-Millionen-Metropole die Kluft zwischen Arm und Reich so groß ist wie in keiner anderen Stadt in Deutschland. Fast 200.000 Menschen beziehen Leistungen nach Hartz IV, annähernd jedes vierte Kind und viele Alleinerziehende leben in Armut.

Auf der anderen Seite beherbergt die Stadt 43.000 Millionäre. Allein die 40 reichsten Hamburger, so Wolfgang Rose und Sönke Klages in einem Aufsatz des Buches „Armes reiches Hamburg“, besitzen ein Vermögen von 40 Milliarden Euro – und somit das Vierfache eines Hamburger Jahreshaushaltes. Der Stadtstaat verzichte darauf, so die Autoren, „seinen immensen privaten Reichtum auch nur in geringem Maße für das Gemeinwohl nutzbar zu machen“.

Während Grüne und Linkspartei dem Unterstützerkreis zur Kampagne „Umfairteilen“ angehören, hält sich die SPD zurück. Immerhin: Offiziell arbeiten die Genossen an einer Bundesratsinitiative zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer.

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5 Kommentare

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  • H
    Hannes

    Die Stadt verzichtet schon lange auf Gerechtigkeit. Und dann Klages und Rose von Ver.di und SPD: Die SPD verzichtet auch schon lange auf Gerechtigkeit. Gerade dieses Sparen, was ja mit der Schuldenbremse begründet wird, ist nichts anderes als Wachstumkillen und Arbeitslosigkeit produzieren.

     

    Dazu kommt noch das gesetzliche Sündenregister richtung Hartz-Reformen: Keine andere Partei hat so viel Armut bewusst hergestellt wie die SPD. Dass die Leute am Ende dann auch noch von denen kritische Bücher zum Thema Armut lesen sollen, ist der Hohn. Da schenke ich lieber einem Penner einen Euro, bevor ich auch noch saturierte Beamten-Typen ihre Bücher abkaufe und ihnen damit suggeriere, sie wüssten mehr als ich oder der Durchschnittshamburger. Was drinnen steht, weiß sowieso schon jeder: Reich wird reicher, arm wird ärmer, SPD ist immer mehr bei den Reichen, und Arm ist immer mehr bei den Nichtwählern. Letztlich rückte doch schon wieder ein Jung-Millionär in den Landesvorstand der SPD auf. Ein anderer schmiss sein Bürgerschaftsmandat.

     

    Diese Partei selber ist doch durchsetzt mit der Klasse, die immer profitiert. Die Hobbys berühmter SPDler: Segeln, Edelpferd-Reiten, teure Rotweine trinken, Kunst kaufen - wo ist der Unterschied zu den Nachbarn in Blankeneese und Wellingsbüttel? Wo sind die SPDler anders? Lebt wirklich einer von denen in einer Genossenschaftswohnung in Dulsberg und fährt morgens mit der U-Bahn in den Senat?

  • G
    Gregor

    "So habe die Logik, eine faire Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst mit Stellenstreichungen zu kompensieren, fatale Folgen ..."

     

    Dann soll also mit der Reichensteuer die Lohnerhöhungen von v.erdi finanziert werden?

     

    Ich dachte das wäre für die Bildung?

     

    Ach nein, für die Entschuldung!

     

    Äh nein für die Umverteilung.

     

    Nachdem wir die höchsten Steuereinnahmen seit Bestehen der BRD haben, ist die Reichensteuer eine populistische Nebelbombe dafür, dass auch unser Staat mit unserer Knete nicht auskommt.

     

    Sparen wäre doch bei uns nur, das nicht auszugeben, was man nicht hat.

  • MM
    Melanie Meyer

    Ich bin gegen eine Reichsteuer. Warum? Ich halte das für ein Ablenkungsmanöver, das die Menschen beruhigen soll. Der bürokratische Aufwand wird in keinem Verhältnis zu den Einnahmen stehen und an die wirklichen Probleme unseres Steuersystems wird nicht herangegangen. So ist es doch erstaunlich, wie Großunternehmen mit enormen Gewinnen kaum Steuern zahlen müssen. Unser Steuersystem bleibt weiter so komplex, dass derjenige, der sich einen guten Steuerberater leisten kann, auch weiterhin Wege finden wird, legal steuern "zu sparen".

    Wie sieht eine gerechte Lösung aus? Ein einfaches Steuersystem mit wenig Ausnahmen und ausreichend großen Freibeträgen für die ärmeren Schichten. Ein einfacheres Steuersystem hätte auch noch einen weiteren Vorteil - wenige teure Beamte in den Finanzverwaltungen, die heute selbst kaum das System verstehen, das sie durchsetzen sollen und die uns Steuerzahler in Zukunft Unsummen an steuerfinanzierten Pensionen kosten werden.

    Und auch ein anderes entscheidendes Problem wird nicht angegangen, die Finanzierung von Bund, Ländern und Kommunen.

    De Reichsteuer ist eine Scheindebatte. Wenn sie kommt bleiben die wichtigen Fragen weiterhin ungeklärt.

  • WR
    Weiße Rose

    Man stelle sich vor:

    10 Personen sitzen vor 10 gleichgroßen Stück Kuchen und wollen diesen aufteilen.

    Eine Person nimmt sich 9 Stück und bietet großzügig den anderen das eine verbliebene Kuchenstück an. Sie könnten es ja gerecht unter sich aufteilen...

    Das ist statistisch genau die Verteilungspolitik, an der zuallerletzt die Pfeffersäcke rütteln würden!

  • MR
    martin roehl

    Mich wundert, dass mir keine Stimmen bekannt sind, die so etwas wie eine Luxusmehrwertsteuer fordern. Ich glaube eine Flasche Champagner, oder eine Cartier-Uhr oder ein Porsche würde auch gekauft werden wenn darauf 25 % Mehrwertsteuer lägen ...; es könnte helfen ...