Bürger gegen Bürger: Kunstrasen statt Schafsweide
Ein Bürgerbegehren für und eines gegen luxuriösen Wohnungsbau in Groß-Flottbek. Auch Bezirk und Senat liegen über das Projekt im Clinch.
Zwei Bürgerbegehren – eines für und eines gegen das Bauprojekt, das hat es bislang nur im Streit um die Ikea-Ansiedlung in Altona gegeben. Nun droht eine Neuauflage, erneut in Altona. Im Konflikt um den geplanten Neubau von 235 Luxuswohnungen am Hemmingstedter Weg erreichte ein Begehren gegen den Wohnungsbau einen Planungsstopp, der heute in Kraft tritt. Doch nun tritt eine zweite Initiative auf den Plan, die das Bauprojekt durchsetzen will.
Die Planungsgegner um den Optiker Dirk-Peter Lühr sammeln bereits seit Wochen Unterschriften gegen das Projekt. 5.625 Autogramme von Altonaer Bürgern brauchen sie für einen Bürgerentscheid, doch bereits 1.875 reichen aus, um das Projekt für mindestens ein Vierteljahr auf Eis zu legen. Die sind längst im Kasten – am Mittwochabend übergab die Initiative dem Altonaer Bezirksamt mehr als 3.000 Unterschriften. „Wir lassen die Bebauungsplanungen jetzt ruhen“, sagt die Sprecherin des Bezirksamtes, Kerstin Godenschwege.
Wo das Projekt „Wohnen am Ziegeleiteich“ bis 2015 / 2016 entstehen soll, gibt es heute Grünanlagen, acht Sportplätze und das Zentrum für Schulbiologie und Umwelterziehung (ZSU). 14.000 Besucher, darunter viele Schulklassen, besuchen das Umweltzentrum jedes Jahr. Initiativengründer Lühr bringt die Argumente gegen eine Bebauung auf einen knappen Nenner: „Der Grüngürtel Elbwanderweg darf nicht zerstört, die Sportfläche nicht verkleinert und das Umweltzentrum nicht vertrieben werden“, sagt er. Da der Hamburger Investor Quantum hier nur „hochpreisige Wohnungen“ plane, sei die Bebauung zudem „kein Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot“.
Bis Ende des Jahres haben die Baugegner noch Zeit, die insgesamt benötigten knapp 6.000 Unterschriften zu sammeln. Den Befürwortern verbleiben sechs Monate ab der offiziellen Anmeldung ihres Bürgerbegehrens.
Die Bezirksversammlung hat aber die Möglichkeit, schon vor Abgabe aller benötigten Unterschriften ein Bürgerbegehren einzuleiten, um eine Entscheidung voranzutreiben.
Das letzte Wort hat ohnehin der Senat - es heißt: Evokation. Sollten die Altonaer die Bebauung ablehnen, kann er Bezirk und Bürgerwillen übergehen, das Verfahren evozieren, also an sich ziehen und eigenmächtig entscheiden
Das Projekt ist zunächst von der Finanzbehörde vorangetrieben worden, ohne die kommunalen Gremien einzubeziehen. Dessen Befürworter rekrutieren sich aus den Sportvereinen, die das Areal heute nutzen. Zwar müssen voraussichtlich zwei der acht Plätze weichen, dafür hat der Investor einen teuren Kunstrasenplatz samt Flutlichtanlage und Tennishalle in Aussicht gestellt – Projekte, die die Vereine sich sonst nicht leisten könnten. „Die verbleibenden Sportflächen können dann intensiver als bisher genutzt werden“, freut sich der Vorsitzende des THCC Rot-Gelb Hamburg, Holger Giza.
Altonas Behörden und Parteien stehen dem Projekt hingegen skeptisch gegenüber: Die SPD ist gespalten, alle anderen Fraktionen sind gegen die Bebauung. „Auf unserer Prioritätenliste für den Wohnungsbau stand diese Fläche weit hinten“, sagt die Bezirksamtssprecherin Godenschwege.
Bis Ende Oktober müssen die bezirklichen Planer jedoch der zuständigen Senatskommission einen Zwischenbericht über die Realisierungschancen des Projekts abliefern. „Dabei haben wir bis heute nicht einmal die Planungsunterlagen“, sagte Godenschwege gestern unmittelbar vor der ersten Präsentation des Projekts durch den Investor.
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