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Nutznießer: Banken

Die Kredithäuser werden die Erhöhung der EZB-Leitzinsen weitergeben – bei den Zinsen für den Dispo schneller, bei den Sparbüchern langsamer

von BEATE WILLMS

Des Sparers Freud und des Schuldners Leid: So lässt sich zusammenfassen, was die Erhöhung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank für die kleinen Leute bedeutet. Direkt mit Zinsen zu tun hat das Gros der Verbraucher beim Dispokredit und beim Sparbuch.

Erhöht die EZB den Leitzins, müssen die Banken ihre Zinsen „korrekt anpassen“. Das heißt: Sowohl die Dispozinsen als auch der Sparzins steigen. Wer sein Girokonto überzieht und damit Schulden bei seiner Bank macht, zahlt drauf, wer Geld in Sparanlagen hat, bekommt mehr. Zumindest in der Theorie.

Was aber „korrekt“ in der Praxis meint, ist zwischen Verbrauchern und Banken umstritten. Letztere berufen sich gern auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen steht, dass sie bei Zinsänderungen nach „billigem Ermessen“ vorgehen. Das heißt: Sie benutzen jede Veränderung zum Verdienen. „Wir können davon ausgehen, dass der Dispo jetzt relativ schnell steigt, während der Spareckzins nur relativ langsam angepasst wird“, erklärt Max Herbst von der Finanzberatung FMH. „So war es bei früheren Zinsentscheiden.“

Tatsächlich erhöhte die EZB die Leitzinsen zuletzt zwischen November 1999 und November 2000 – um insgesamt 2,25 Prozentpunkte. Die Banken allerdings steigerten etwa den Zinssatz für Festgeld, also eine befristete Spareinlage, nur um 1,2 Prozent. Ähnlich verhielt es sich mit Senkungen: Von April 2001 bis November 2005 verringerte die EZB die Leitzinsen um 2,75 Prozentpunkte. Der durchschnittliche Dispokredit wurde aber nur 1 Prozentpunkt billiger.

Auch Verbraucherschützern ist diese Bankenpolitik bekannt. Sie appellieren deshalb an die Geldinstitute, „die Zinspolitik der EZB nicht zu Lasten der Kunden auszulegen“. Die Präsidentin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Edda Müller, sagte, für die Geschäftsbanken gebe es Spielraum, die Steigerung abzufedern.

Zu den Bankentricks auf Kosten der privaten Kunden addieren sich laut Herbst die gesamtwirtschaftlichen Folgen des EZB-Zinsschritts: „Insgesamt sind höhere Zinsen für den Verbraucher eher störend: Weil Geld auch für die Unternehmen teurer wird, verteuern sich ihre Produkte.“ Damit sinke die Kaufkraft.

Immobilien- wie auch Raten- und Verbraucherkredite sind dagegen nicht direkt von den Veränderungen der Leitzinsen betroffen. Viele Immobilienverträge haben langfristige Zinsfestlegungen, der variable Zinssatz bei den übrigen ist nicht an den Leitzins der EZB sondern an den Euribor gebunden. Das ist der Zinssatz, den europäische Banken untereinander beim Handel von Einlagen mit festgelegter Laufzeit verlangen. Er wird täglich neu ermittelt. Und die Zinsen für Raten- und Kreditverträge sind fast ausschließlich vom Markt bestimmt.

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