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Kommentar Generalstreik GriechenlandAn der Schmerzgrenze

Kommentar von Jannis Papadimitriou

Ohne Wenn und Aber besteht die Troika diesmal auf Sparmaßnahmen der griechischen Regierung. Die sozialen Folgen werden als zweitrangig eingestuft.

D ie griechische Regierung steht wieder einmal am Scheideweg: Ihrem neuen Sparpaket in Höhe von 11,5 Milliarden Euro, das als Mindestvoraussetzung für die Auszahlung der nächsten Kredittranche für Griechenland gilt, wird überall mit Misstrauen begegnet.

Die Gewerkschaften protestieren lautstark dagegen, ausländische Medien vermuten neue Finanzierungslücken in Zig-Milliarden-Höhe, und die aus EU, IWF und EZB bestehende „Troika“ hat nicht vergessen, dass in der Vergangenheit griechische Regierungsvertreter zahlreiche Sparversprechen abgaben, die sie nicht einhalten konnten.

Bekämpfung der Steuerhinterziehung? Diese Zusicherung gab es schon vor zwei Jahren, aber sie hat nicht viel gebracht. Besteuerung der Reichen? Früher oder später hat man gemerkt, was man ohnehin hätte wissen sollen, nämlich dass die wirklich reichen Griechen ihre Geschäfte im Ausland tätigen – sonst wären sie ja gar nicht reich – und somit ihren Steuersitz außerhalb des Landes haben.

JANNIS PAPADIMITRIOU

ist Griechenland-Korrespondent der taz.

Privatisierungen in Milliardenhöhe? Bereits 2010 hat der damalige sozialistische Ministerpräsident Giorgos Papandreou 50 Milliarden Euro aus dem Verkauf von Staatsvermögen in Aussicht gestellt, aber daraus ist praktisch nichts geworden.

Und weil es so ist, besteht die Troika diesmal ohne Wenn und Aber auf Sparmaßnahmen mit einem „geringen Realisierungsrisiko“, wie es so schön heißt im EU-Beamtenjargon. Mit anderen Worten: Gehalts- und Rentenkürzungen im öffentlichen Dienst müssen her, denn die Beamten können ihr Einkommen weder verstecken noch kleinrechnen.

Aus makroökonomischer Sicht mögen diese Einkommenskürzungen durchaus verständlich sein, doch für die Menschen in Griechenland ist schon längst eine Schmerzgrenze erreicht. Um nur ein Beispiel zu nennen: Ein Lehrer und Familienvater, der nach zehn Jahren im Dienst mit 900 Euro monatlich auskommen und davon auch noch seine Familie ernähren oder sein Haus abbezahlen muss, fühlt sich um sein Leben betrogen oder wird in die Schwarzarbeit getrieben.

Kann das der griechischen Regierung oder der Troika egal sein? Offenbar ist das nicht ganz nebensächlich, wird aber trotzdem als zweitrangig eingestuft. Was zählt, ist vor allem eins: dass die Zahlen dem Schein nach stimmen und dass das nächste Sparpaket in Höhe von 11,5 Milliarden Euro pünktlich verabschiedet wird.

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6 Kommentare

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  • HL
    Hauke Laging

    Schon irgendwie putzig. Der SPIEGEL berichtet, dass die EU-Wettbewerbshüter (also zur Abwechselung mal nicht die Troika) einen bitterbösen Brief nach Athen geschickt hätten, weil ihnen die über 50, zum Großteil nicht geschäftsbezogenen Steuererleichterungen für Reeder aufgefallen sind. Am nächsten Tag verkündet die taz, es gebe kein Besteuerungsproblem bei den griechischen Großverdienern.

  • A
    Andreas (55)

    Wir brauchen in Deutschland auch endlich einen Generalstreik. Es kann nicht sein das ich als Hartz4-Empfänger mit meinen Steuern die Rentner in Griechenland bezahle.

  • GF
    Georg Frigger

    Wie kommt der Autor eigentlich darauf dass die Kürzungen bei Rentnern makroökonomisch verständlich ist? Die Kürzungen, so hat die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt, sind aus makroökonomischer Sicht eine Katastrophe für die Volkswirtschaft.

  • VB
    Volker Birk

    Wieso soll das aus makroökonomischer Sicht vernünftig sein, wenn man die Kaufkraft reduziert, und dann erwartet, dass das Steueraufkommen steigt?

     

    Es ist schlicht eine Dummheit. Und dass das "Sparen bis der Arzt kommt" eine Vollpleite ist, kann man in allen Ländern sehen, denen eine solche Austeritätspolitik aufdiktiert wurde: Griechenland wie Portugal als auch Spanien sind pleite. Die Arbeitslosigkeit dort liegt bei ca. 25% und steigend. Die Jugendarbeitslosigkeit hat die 50%-Marke (!) überschritten und steigt weiter.

     

    Wer soll denn da Steuern bezahlen? Die vielen Betriebe, die mangels Kunden gerade pleite gehen?

     

    Eine wesentlich bessere Analyse findet sich in folgendem Dreiteiler in den Nachdenkseiten:

     

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=14519

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=14532

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=14544

  • D
    Detlev

    Noch am Anfang des Jahres lautete die Prognose 2012 Minus 6 Prozent, inzwischen sind es fast 8, nächstes Jahr nicht plus eins, sondern wahrscheinlich minus 2.

    Damit produziert das Sparen ganz offenkundig nur weitere Abwärtstendenzen. Und da frage ich mich, ob es überhaupt eine vernünftige Sparpolitik für Griechenland geben kann. Mit jedem Minusprozent sinkt doch überhaupt die Wahrscheinlichkeit, dass Athen seine Schulden langfristig bedienen kann. Wenn es so weitergeht, dann muss Griechenland irgendwann den Euro verlassen und einfach eine Insolvenz hinlegen. Argentinien hat es mal gemacht und ist daraus gestärkt hervorgegangen.

  • G
    girosfresser

    Wie oft ihr es auch durchrechnet,Griechenland ist schwach auf der Brust und Hilfe ist nötig,aber bitte

    macht Euch nicht lächerlich.