Rundfunk auf der Bühne: Radio vor Publikum
Der Berliner Sender Radioeins bringt den Hörfunk zwei Stunden live auf die Theaterbühne. Die Nachrichten werden direkt vom Publikum kommentiert.
BERLIN taz | „Es ist 19 Uhr und wir schalten live zu den Nachrichten in den Heimathafen.“ Die Stimme muss irgendwo aus Potsdam kommen. Es wird für die kommenden zwei Stunden dieses Freitags das letzte Wort sein, das Radioeins vom RBB nicht „live und mundgemacht“ aus dem Saal des Heimathafens in Berlin-Neukölln sendet.
Dann steht Claudia Jakobshagen im schwarzen Kleid auf der Bühne und liest die Nachrichten von einer großen, runden Globus-Karte ab: Peer Steinbrück, Kurt Beck, Volksbegehren für ein Nachtflugverbot – und zum Schluss: Mercedes trennt sich von Michael Schumacher. Ein hämisches „Oooh“ rollt durch den Saal. Ernsthaft vorgetragene, aber vom Publikum kommentierte Nachrichten. Großartig.
Und schon beginnt die „Radioeins Radio Show“. 120 Minuten Radio von Hand gemacht: Alle Jingles spielt eine Zweimannband. Wetter, Verkehr, Nachrichten, Ansagen, alles live. Die Werbung führen Moderatorin und Programmleiterin Britta Steffenhagen sowie DJ P.R. Kantate auf. 30 Prozent auf das Sortiment beim Verleiher Gas & More hören sich dann so an: „Haben Sie was zu schweißen? Gas and more, damit können Sie was reißen. 30 Prozent, das will was heißen.“
Dazwischen rappen Shaban & Käptn Peng intelligent und außergewöhnlich gut, die Berliner Größe Fil spielt Gitarre und singt, Stefan Kaminski führt ein Live-Hörspiel auf – mit den Füßen im Kiesbett, um die Laufgeräusche zu imitieren, und dem Mund am Mikro für die diversen Rollen, die er spricht.
Die „Radio Show“ war in diesem Jahr für den Radiopreis nominiert als beste Innovation. Gewonnen hat sie ihn nicht. Hingehen sollte man trotzdem. Allein aus dem Grund, dass man während der Show schnell mal Getränke holen kann. Sieht ja keiner. Ist ja Radio. Dafür würde man bei „Wetten, dass..?“ vermutlich erschossen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!