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Die WahrheitDer homosexuelle Mann …

Kolumne
von Elmar Kraushaar

… ist nicht zu beleidigen und nicht zu verletzen. Umkommen ihn dennoch hin und wieder diese negativen Gefühle, so wird ihm umgehend widersprochen.

ist nicht zu beleidigen und nicht zu verletzen. Umkommen ihn dennoch hin und wieder diese negativen Gefühle, so wird ihm umgehend widersprochen. Wie in der vergangenen Woche vom Deutschen Presserat. Da waren 70 Beschwerden bei diesem Selbstkontrollorgan der deutschen Presse eingegangen.

Die Einsender fühlten sich verletzt durch die Äußerungen des Bild-Kolumnisten Franz-Josef Wagner zur sogenannten Homo-Ehe. Diese Beschwerden seien „unbegründet“, entschieden die 30 Vertreter von Verleger- und Journalistenverbänden. Eine Diskriminierung sah das Gremium „nicht gegeben“, vielmehr handele es sich bei der Kolumne „um eine kritische Positionierung, die man nicht teilen muss, die aber vom Recht auf freie Meinungsfreiheit gedeckt ist“.

Kritische Positionierung? „Homosexuelle kriegen biologisch keine Kinder“, schreibt da der Kolumnist, in Unkenntnis der menschlichen Biologie. Und weiter: „Früher wurden Homosexuelle in Deutschland zu Gefängnis verurteilt“, und in Konzentrationslagern getötet, muss man dem auch historisch Unterbelichteten auf die Sprünge helfen. Wagner aber ist gut drauf: „Was für eine glorreiche Zeit für Euch. Niemand steckt Euch ins Gefängnis […] Wir sind ein besseres Deutschland geworden.“ „Ihr“ und „wir“: Das also ist die Wagner-Welt.

„Wir“ schmeißen euch nicht mehr in den Knast, deshalb haltet endlich das Maul, „euch“ geht es doch jetzt wirklich gut. „Nach Ihrer Logik“, kommentiert der Kölner Schauspieler und Blogger Gerd Buurmann die Wagner’sche Ode an die „glorreiche Zeit“, „kommen Juden in Deutschland auch vor Begeisterung darüber, dass Dachau heute nur noch eine Touristenattraktion ist, nicht mehr in den Schlaf.“

Auch Kai Diekmann, dem Bild-Chef, ist der Kurztext seines Gnadenbrotschreibers nicht wirklich eine Verteidigung wert. Wagner habe halt einen „persönlichen Zugang […] zu dem Thema“, antwortet Diekmann auf einen Protestbrief des Schwulenmagazins blu, und für seine Kolumne sei ihm ein „Höchstmaß an publizistischer Freiheit“ eingeräumt. Er selbst, Diekmann, aber versichere, dass es „in keiner Weise unsere Absicht ist und war, […] Homosexuelle zu verletzen.“

Also alles gedeckt von „publizistischer“ und „Meinungsfreiheit“? Zum Glück sehen das weder die 70 Beschwerdeführer so noch die Unzähligen, die in den diversen Internetforen schimpften und protestierten. Und Hermann Gremliza überträgt in Konkret den Text von Wagner, dem „völkischen Beobachter“ der Bild-Zeitung, in korrektes Deutsch: „Niemand schlägt Euch mehr tot. Niemand bringt Euch in Konzentrationslager oder Gefängnisse. Ihr dürft Euch sogar lieben. Wir sind die besseren Nazis geworden.“

Die Profis vom Presserat aber tun so, als könnten sie nicht lesen. Hätten sie sich wenigstens an einen Rat gehalten, den sie selbst bereits 1996 gaben – ebenfalls in homosexueller Angelegenheit: „Der Presserat empfiehlt jedoch, bei Themen, welche die Minderheiten in der Gesellschaft betreffen, in der Wortwahl künftig sensibler zu sein.“

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5 Kommentare

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  • K
    kritischermann

    Wieso hat der Presserat Unrecht? Das ist Meinungsfreiheit. Worüber regen wir Schwulen uns also auf. Die Toleranz, die wir von anderen erwarten, sollten wir anderen auch gewähren.

    Die Wortwahl von Herrn Wagner hingegen ist mehr als armselig. Aber was erwartet man schon von einem, der den Papst hochs

    stilisiert nur weil er Deutscher ist.

  • O
    Oliver44

    Der Kommentar von Wagner ist nicht nur inhaltlich falsch, sondern er verletzt mich in meiner Persönlichkeit als schwuler Mann.

     

    Wann lernt es die BILD-Zeitung sensibel mit dem Thema Homosexuelle Paare und Regenbogenfamilien umzugehen ?

     

    Übrigens aktuell öffnet nunmehr Frankreich die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, was sehr erfreulich ist. Damit haben Portugal, Spanien, Belgien, Niederlande, Dänemark, Schweden, Norwegen, Island und Frankreich die Ehe geöffnet und nicht nur ein Lebenspartnerschaftsinstitut eingeführt.

     

    Deutschland hinkt wiedereinmal gesellschaftspolitisch hinterher.

  • A
    Aufrechtgehn

    Ich bin selbst schwul und empfinde die kritisierte Post von Wagner nicht nur als inhaltlich falsch und dumm, sondern auch als persönlich verletzend und herabwürdigend. Und die Bild outet sich mit der Veröffentlichung dieses Schwurbels mal wieder als homophobes Drecksblatt. Ich bin heilfroh, dass es öffentlichen Protest gegen dieses reaktionäre Geschreibsel gibt.

    Dennoch muss ich dem Presserat zustimmen: Wagners Geschwalle, so idiotisch und beleidigend es auch sein mag, fällt selbstverständlich unter die Meinungsfreiheit. Er hat ja zu keinen Straftaten aufgerufen, sondern sich lediglich als schwulenfeindlicher Reaktionär geoutet. Und so sehr er mich anwidert: Freiheit ist nun mal immer die des Andersdenkenden.

    Außerdem: will man Wagner den Mund verbieten, ist das nur wieder Wasser auf die Mühlen ("das wird man doch wohl noch mal sagen dürfen!") des restlichen erzreaktionären / homophoben / faschistischen Gesindels, das nun mal leider einen nicht unerheblichen Anteil unserer Gesellschaft ausmacht, auch wenn mir das nicht behagt. Also: öffentlicher Protest und Widerspruch ja (sehr wichtig!); Kaufboykott der Bild auch. Maulkorb: nein.

  • S
    Schwul

    Wo Elmar Kraushaar recht hat, hat er recht!

     

    Bösartige Dummheit herrscht eindeutig vor in der deutschen Öffentlichkeit (nicht nur in den Blättern aus dem Hause Axel Springer, sondern durchaus auch in der taz, Stichwort: Redaktionelle Fehleinschätzung des sog. "Zwangsouting von Peter Altmaier").

     

    Da verwechseln ständig irgend welche Heteros, "die übrigens ganz, ganz viele schwule Freunde haben, die alle gar nicht so aggressiv und lästig sind, wie die Gay-Aktivisten", wie sie sich beeilen zu betonen (Norbert Geis, "Berufsschwulenhasser" der CSU: "Eine kleine aber lautstarke Minderheit") die sexuelle Identität (wer möchte, kann es auch sexuelle Ausrichtung oder Orientierung nennen, damit Guido Westerwelle für seine Ablehnung der Ergänzung von Art. 33 GG um die sexuelle Identität nicht "noch schizophrener" wird) mit einem "aufdringlichen Vor-sich-hertragen des eigenen Schlafzimmerverhaltens". Stefan Niggemeier hat zu diesem Mißverständnis bereits erschöpfend Stellung genommen ("Die Schwulen sollen wieder verschwinden").

     

    Und besonders empörend ist ein Verhalten, wie das vom "Chef-Kolumnisten" jener Zeitung, Franz-Josef Wagner, der meint, wir sollten doch endlich Ruhe geben, weil wir großzügiger Weise nicht mehr in KZs ermordet oder jahrelang in Zuchthäusern eingesperrt werden.

     

    Nein, wir geben keine Ruhe, bis auch das letzte Bißchen rechtliche Schlechterstellung beseitigt wurde.

  • S
    Sarina

    In der Sache richtig, im Detail mal wieder ungenau: Es gibt auch homosexuelle Frauen. Klingt komisch, ist aber so.