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Einweihung von Ostsee-GasleitungZu Putins Geburtstag eine Pipeline

Kaum ist die umstrittene Ostsee-Gasleitung fertig, will Hauptbetreiber Gazprom sie erweitern. Zwei weitere Röhren sind in Planung.

Kriegt dieses Jahr ein großes Geschenk zum Ehrentag: Kremlchef Wladimir Putin. Bild: dpa

MOSKAU dpa | Der russische Energiekonzern Gazprom hat die Inbetriebnahme der umstrittenen Ostsee-Pipeline am Montag als „Geschenk für Kremlchef Putin“ gefeiert. Auch Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), der am Festakt in der Nähe von St. Petersburg teilnahm, wollte sich da nicht lumpen lassen. Er erklärte, die insgesamt 7,4 Milliarden Euro teure Leitung sei „ein Ausdruck von Vertrauen zwischen der Europäischen Union und Russland“.

Gazprom ist mit 51 Prozent Mehrheitseigner von Nord Stream. Weitere Anteile halten die deutschen Firmen Eon Ruhrgas und die BASF-Tochter Wintershall, der französische Energiekonzern GDF Suez und das niederländische Unternehmen Gasunie.

Schröder hatte das Projekt während seiner Amtszeit als Kanzler gemeinsam mit Kremlchef Wladimir Putin auf den Weg gebracht. Seit 2005 sitzt er dem Aktionärsausschuss des Pipeline-Betreibers Nord Stream vor. Durch die Pipeline fließt russisches Gas direkt nach Deutschland, schwierige Transitländer wie die Ukraine werden umgangen.

Anfang November soll dann nach 15-monatiger Bauzeit die Nordeuropäische Erdgasleitung in Betrieb gehen, die das Gas von Lubmin bei Greifswald durch Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen nach Rehden bei Bremen weitertransportiert, wo der größte Erdgasspeicher Westeuropas steht. Gazprom kündigte konkrete Planungen für zwei weitere Röhren an, ein Memorandum solle im Januar unterzeichnet werden.

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3 Kommentare

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  • B
    Benz

    Die direkte Leitung vom Produzenten zum Endverbraucher ist zum einen eine starke Vereinfachung des Gasgeschäfts: Keine störrischen Transitländer mehr, der Transport kann nicht mehr von Querulanten und politischen Scherereien lahmgelegt werden.

    Zum anderen ist die direkte Leitung auch zum Wohl der Verbraucher: Ohne Transitländer müssen auch keine Transitgebühren mehr bezahlt werden, wodurch der Endpreis des Gases sinkt.

     

    Genau aus diesem Grund waren auch die Transitländer vehement gegen die direkte Leitung. Für die Ukraine z.B. waren die Transitgebühren Haupteinnahmequelle des Staates, sie kassierte bis zu 4 Mia. Dollar jährlich.

  • H
    Hendrix

    Der Niedergang von Gazprom ist ein klassisches Beispiel für die Misswirtschaft des Putin-Regimes. Die Kunden fliehen vor Gazprom; ganze Länder wie Polen oder Ukraine stellen auf LNG um, um sich von Gazprom unabhängig zu machen. Selbst die bisherige Nord-Stream-Pipeline ist nicht mal zur Hälfte ausgelastet. Dennoch baut der Konzern wie bisher weiter neue Pipelines, fragt sich nur für wen.

     

    Die Ursache für Gazproms Probleme sind seine staatliche Eigentumsstruktur und die Verknüpfung mit Politik. Das starre Festhalten an der Ölpreisbindung hat dem Konzern noch letztes Jahr Monopolgewinne eingebracht, obwohl die Liberalisierung am Markt bereits einsetzte. Die Preise waren obendrein politisch: Polen oder Litauen zahlen mehr als D, obwohl geografisch näher. Das diktatorische Weißrussland wird dagegen eifrig subventioniert, usw. So verspielt man das Vertrauen seiner Kunden. Jetzt brechen Export und Gewinne ein und das ist erst der Anfang.

     

    Unfähigkeit, dein Name ist Gazprom. Jahrelang hatte die Konzernleitung die technologischen Innovationen, die Förderung von Schiefergas einerseits und den Transport mittels LNG andererseits, kleingeredet und sich darüber lustig gemacht. Jetzt, wo beides ausgereift ist und die USA zum größten Gasförderer der Welt aufgestiegen sind, ist ihnen das Lachen gründlich vergangen. Anstatt auf den Zug aufzuspringen, haben sie technologisch den Anschluss verloren. Korruption und Ineffizienz tun ein Übriges.

     

    Und so hat Gazprom in Sachen Kundenbindung, Effizienz und Technologie einen kaum aufholbaren Rückstand. Denkbar schlechte Karten, um in einem liberalisierten Markt zu bestehen. Bezeichnend, dass die erfolgreichen US-Firmen im Gasmarkt eher klein sind und sich einen erbitterten Wettbewerb liefern. Am Beispiel Gazprom zeigt sich, wie das, noch aus Sowjetzeiten stammende, monopolistische und planwirtschaftliche Denken der russischen Führung letztlich doch dem marktwirtschaftlichen unterliegt. Einziger Hoffnungsschimmer: Mit Novatek bekommt Gazprom vielleicht mal einen einheimischen russ. Wettbewerber, der beweglicher und konkurrenzfähiger ist.

  • B
    Benz

    Die direkte Leitung vom Produzenten zum Endverbraucher ist zum einen eine starke Vereinfachung des Gasgeschäfts: Keine störrischen Transitländer mehr, der Transport kann nicht mehr von Querulanten und politischen Scherereien lahmgelegt werden.

    Zum anderen ist die direkte Leitung auch zum Wohl der Verbraucher: Ohne Transitländer müssen auch keine Transitgebühren mehr bezahlt werden, wodurch der Endpreis des Gases sinkt.

     

    Genau aus diesem Grund waren auch die Transitländer vehement gegen die direkte Leitung. Für die Ukraine z.B. waren die Transitgebühren Haupteinnahmequelle des Staates, sie kassierte bis zu 4 Mia. Dollar jährlich.