Klaus Hammer verlässt Partei doch nicht: Ein passiver Pirat
Klaus Hammer, geschasster Politischer Geschäftsführer der NRW-Piraten, will seine Zukunft in die Hand der Parteimitglieder legen. Eine Politposse geht weiter.
KÖLN taz | Klaus Hammer hat es sich anders überlegt. „Ich habe mich dazu durchgerungen, meinen Austritt noch nicht durchzuführen“, verkündete der geschasste Politische Geschäftsführer der NRW-Piraten in einem jetzt veröffentlichten Interview. Hammer wolle die Entscheidung über seinen Verbleib nun „in die Hand der Parteimitglieder“ legen, möglicherweise mittels einer „Liquid-Feedback-Initiative“. Damit geht eine absurde Politposse in die nächste Runde.
Vergangene Woche hatten die NRW-Piraten Hammer für zwei Jahre die Befähigung aberkannt, ein Parteiamt zu bekleiden. Der gelernte Energieanlagenelektroniker, der nach eigenen Angaben als selbstständiger IT-Unternehmer tätig ist, war erst im Juli in sein Amt gewählt worden. Anlass für die Ordnungsmaßnahme war ein schwerer Datenschutzverstoß: Der 45-Jährige hatte die Altpapiertonne vor seinem Haus zum „toten Briefkasten“ umfunktioniert und dort Ausdrucke eines vertraulichen E-Mail-Schriftverkehrs deponiert.
Hintergrund ist ein innerparteilicher Streit: Seit Juli bekämpfen sich in Hammers Kreisverband Gelsenkirchen zwei Fraktionen bis aufs Messer. Bisheriger Höhepunkt: Nachdem die einen ihre Kontrahenten als vermeintliche Rechtsradikale anschwärzten, erstatteten diese Strafanzeige wegen Verleumdung. Die Forderung, den Schriftverkehr mit den mutmaßlichen Denunzianten herauszugeben, wies der Landesvorstand unter Berufung auf das Datenschutzgesetz zurück.
45 Jahre alt, IT-Fachmann und seines Amtes enthobener Politischer Geschäftsführer der nordrhein-westfälischen Piratenpartei.
Aber Hammer unterlief den Beschluss. Seine angeblichen Motive: Zum einen habe er in der Schule „viel über eine Zeit gehört, in der in Deutschland Menschen aufgrund einer einfachen Anschuldigung oder Denunziation eingesperrt, misshandelt oder geächtet wurden“. Deswegen habe er „nicht wegsehen“ können.
Zum anderen habe die Essener Staatsanwaltschaft mit Durchsuchungen bei den Piraten und vor allem bei ihm zu Hause gedroht. Da sei Hammer „in pure Panik verfallen“, wäre er dann doch „in den Augen der Nachbarn dieser Wohnsiedlung vollkommen unmöglich geworden“. Die Staatsanwaltschaft widerspricht: Von ihr sei nicht angedroht worden, zu durchsuchen. Aber vielleicht war Hammer auch einfach nur überfordert.
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