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Reaktionen auf Renate KünastFrust über Ampel-Absage

Offiziell begrüßen SPDler und Grüne Renate Künasts Festlegung auf Rot-Grün. Doch intern erntet der Vorstoß Kritik: Es sei dumm, andere Optionen auszuschließen.

„So isses aber nunmal“ – Renate Künasts Festlegung auf Rot-Grün trifft auch auf Kritik. Bild: dapd

BERLIN taz | Darf und muss sich eine Partei ein Jahr vor der Wahl auf eine Koalition festlegen? Auf diese Frage hat Renate Künast am Donnerstag in der taz eine deutliche Antwort gegeben: „Die Grünen werden sich im Bund 2013 weder an einer Ampel noch an Schwarz-Grün beteiligen.“ Diese klare Festlegung auf Rot-Grün sorgt für zwiespältige Reaktionen bei SPD und Grünen.

Ausgerechnet linke SPD-Politiker wie Karl Lauterbach üben Kritik an der Festlegung auf ein linkes Bündnis. „Es ist richtig, dass wir für Rot-Grün kämpfen“, sagt der Gesundheitsexperte im Bundestag. „Trotzdem ist es problematisch, dass wir schon wieder in eine Ausschließeritis verfallen. Noch bevor man weiß, wohin sich die FDP entwickelt, schließen die Grünen eine Koalition mit ihr aus. Das ist undemokratisch.“

Dahinter steckt die Hoffnung auf Wandel in der FDP. Im Januar stehen Landtagswahlen in Niedersachsen an. Fliegen die Freidemokraten in der Heimat von Parteichef Philipp Rösler aus dem Landtag, gilt dessen Ablösung als wahrscheinlich. Befürworter einer Annäherung an SPD und Grüne wie der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Christian Lindner gewännen dann mehr Einfluss in der Partei.

Signal in die eigenen Reihen

Ralf Stegner, ebenfalls ein Linker innerhalb der SPD, hält Künasts Signal hingegen für klug. „Das ist in erster Linie ein Signal an die eigenen Reihen“, sagt der Landes- und Fraktionsvorsitzende in Schleswig-Holstein. Den Grünen sei es nie gut bekommen, einen Schlingerkurs zu fahren.

Die Fixierung auf Rot-Grün hält Stegner für richtig: „Die Rahmenbedingungen für eine rot-grüne Mehrheit sind günstig: FDP, Linke und Piraten könnten unter 5 Prozent bleiben. Und schon bei der Landtagswahl in Niedersachsen haben wir die Chance zu zeigen, dass es für Rot-Grün reichen kann.“ Zwar schließe die SPD weitere Koalitionen nicht aus, aber: „Die FDP steht uns ja wahrlich nicht nahe.“

Ähnlich wie der Linke Stegner sieht die Sache auch der Parteirechte Johannes Kahrs: „Nichts ist klüger als eine klare Ansage“, sagt der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD. „Von Ausschließeritis halte ich zwar nicht viel, aber über die FDP brauchen wir in ihrem jetzigen Zustand gar nicht zu reden.“

Das ungeliebte Bündnis

Intern jedoch äußern sich SPDler skeptischer zu Künasts Festlegung. Sie fürchten, der Ausschluss einer Ampelkoalition zwinge die SPD nach der Bundestagswahl ins ungeliebte Bündnis mit der Union. Eben dies sollte die Spitzenkandidatur Peer Steinbrücks verhindern. Dessen Erklärung, er stehe nicht wieder für einen Ministerposten in einem Kabinett Merkel zur Verfügung, soll den Sozialdemokraten Stimmen von Schwarz-Rot-Gegnern bringen.

Bei den Grünen ruft Künasts Richtungsvorgabe gemischte Reaktionen hervor. Claudia Roth stellt sich hinter den Ampelausschluss. „Nach der Bundestagswahl 2013 wird es nur zwei Szenarien geben“, sagt die Parteivorsitzende. „Entweder bekommen wir den dringend notwendigen Politikwechsel mit Rot-Grün, oder Deutschland stagniert mit einer großen Koalition. Alles andere schließe ich aus. Das sage ich schon immer mit Blick auf Schwarz-Grün genauso wie auf die ganzen Ampeleien.“

Intern reagieren Grüne aber auch kritischer. Künasts Ansage sei vor allem taktisch zu verstehen, heißt es. Die Grünen wollen verhindern, dass sich die FDP durch eine Ampeldebatte erholen könnte. Gleichzeitig klingen die internen Äußerungen nicht so bestimmt, wie es die offiziellen Äußerungen von Künast und Roth suggerieren: Ein Jahr vor der Wahl könne es keine klaren Festlegungen über Koalitionsvarianten geben, sagt ein Parteiinsider. „Das wäre unseriös.“

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11 Kommentare

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  • D
    dende

    find ich gut, die entscheidung. somit gibts eine große koalition und die grünen und gelben kommen da hin, wo sie hingehören. in die opposition

  • I
    Ingo

    RICHTIG SO!!!

     

    Warum auf eine Koalition mit einer Partei hoffen, die evtl. gar nicht in den Bundestag kommt - würde man am Ende sogar auf "Leihstimmen" setzen, um die FDP über 5% zu bekommen? Das wäre Unsinn. Und mit dem Ausschluß von Ampel und schwarz-grün im Bund tut Künast genau das, was die Grünen-Wähler wollen. Ein Bündnis mit Piraten oder Linken wäre wohl für mindestens 80% der Grün-Wählern wünschenswert. Künast sammelt damit Punkte für die innerparteiliche Wahl der Spitzenkandidaten. Es wäre aber unfair, ihr nur persönliche Motive zu unterstellen. Für die Partei als ganze wird das von Vorteil sein.

  • VR
    Volker Rockel

    Es wäre gut, wenn "Die Grünen" ihren inhaltlichen und personellen Selbstfindungsprozess mal endlich abschließen würden!

     

    Im Momnet erwecken "Die Grünen" eher den Eindruck von einer Regierungsfähigkeit noch meilenweit entfent zu sein!

     

    Und offensichtlich erweisen sich die "Grünen-Dinos" - die es dem Anschein nach es nicht selber schaffen von der politischen Bühne endlich abzutreten - als die Bremsklötze, die jeder Neuausrichtung der Partei im Wege stehen!

     

    So gesehen sind "Die Grünen" immer weniger "die erste Wahl" wenn es um ein mögliches Koalitionsgefüge nach der Bundestagswahl 2013 geht!- Und je mehr sie von der, vermutlich durch die CDU losgetretenen auch noch gezielt forcierten(!?), Welle "der Kosten der Energiewende" erfaßt werden, je geringer ist deren Chance auf einen akzeptablen Stimmenanteil bei der Bundestagswahl zu kommen!

     

    Aber offensichtlich ist das bei den "Grünen-Dinos" noch gar nicht angekommen...

  • V
    vorbei

    Ich kann dieses Gefasel darüber, wen man alles ausschließt, nicht mehr ertragen.

     

    Es ist dumm und hat mit Demokratie nichts zu tun.

     

    Eine Koalition mit Steinbrück führt dazu, dass die Grünen nicht mehr wählbar sind.

     

    Und es gibt anscheinend bei den Grünen keinerlei Phantasie oder Weg Weisendes mehr.

     

    Alles verkommen.

  • SG
    Sven Gehrke

    Immerhin gibt es noch Restbestände der einstigen FDP von Baum, Hirsch und Verheugen, zu der eigentlich auch eine Leutheusser-Schnarrenberg mal gehörte. Kubicki ist da sicher seinerzeit sehr rechts gewesen, hat aber so grade noch reingepasst.

     

    Es war, schon vor der Zeit der eben genannten, die FDP, welche Willi Brandt zur Macht verhalf und auch seine Ostpolitik mittrug. Dieser Ausgleich und Gerechtigkeit suchenden Form des Linksliberalismus wieder zur Geltung zu verhelfen, kann nichts schaden. Damals funktionierte die FDP, besonders in der Koalition mit der SPD eines Helmut Schmidt(den Steinbrück ja als eines seiner Vorbilder benennt), eindeutig als Korrektiv hin nach Links. Erscheint kaum noch vorstellbar, war aber definitiv so.

     

    Aufgeklärte, sozial- und friedensbewegte Politiklehrer zum Beispiel wählten so fleissig FDP, wie heute Grün. Genscher und Lambsdorff waren zwar da, aber niemand hatte das Gefühl, dass sie den Laden repräsentierten. Sogar Kommunisten sollen die damals mal gewählt haben, damit die SPD nicht zu stark dominant wird.

     

    Jetzt wird dort ein neuer kluger Kopf gesucht, der sie schlicht rettet, was nicht einfach ist. Einer wie Lindner ist sicher schlau genug, eine Option zu ziehen, die das Überleben sichert, auch wenn der Preis erheblich ist.

     

    Wenn Rotgrün sich nicht dumm anstellt, dann können sie eine erneut gewendete FDP, die schwächer ist, als sie jemals war, Inhaltlich so gut wie ohne Wirkung in einer Ampelkoalition mittun lassen, und starken Reibungsdruck erzeugen. Wie man das macht, hat Hannelore Kraft aufgezeigt, wobei für sie die Verhältnisse noch schwieriger waren, als sie es für einen Kanzler Steinbrück dann sein würden.

     

    Dann wäre der Spielstein allein im Feld der FDP. Sie müsste sich, ganz nach dem alten Vorbild, im politischen Spektrum wieder deutlich links ausrichten. Wird ihr dies geglaubt, und erstarkt sie, ist sie durchaus wichtig für eine Koalition, mit einer von Steinbrück vermutlich denn doch irgendwann dominierten SPD, sowie Grünen, die auch in der jetzigen Ausgangslage schon längst keine Linken mehr sind, Trittin und Roth hin oder her.

     

    Gelingt es ihr nicht, ist zumindest der kleine Koalitonspartner für die CDU entgültig kaltgestellt oder sogar abgeschafft, was SPD und Grünen ja sicher nicht gerade schlecht zupass käme, wäre das Gespenst grosse Koalition nämlich hiermit endlich gebannt.

     

    Angst muss man vor der FDP nur haben, wenn die SPD und die Grünen in der Koaltion nicht funktionieren, und die FDP auf einmal als einzige Stimme der Vernunft in einem Chaos erscheint, welches dem Anfang der Regierungszeit des Kabinettes Schröder entspräche. Aber wenn es schon wieder so losgeht, dann ist sowieso eine grosse Koalition das beste.

  • M
    Marc

    Eine Frau der klaren Ansagen. Das Interview ist wirklich aufschlussreich. Nein, die Renate ist nicht "feige"... Die Absage an Alternativen zu ROT-GRÜN liest sich aber als klares "BASTA".

     

    Komisch, der "BASTA-Politik" erteilt sie doch in eben diesem Interview eine klare Absage... Hat sie die zitierte Flasche Rotwein - ohne jegliche interne Absprache - alleine getrunken?

     

    Egal, meine Stimme hat sie. Ampel geht gar nicht. Basta!!!

  • M
    Marc-David

    Also ich finde es (als Grüner) sehr gut, dass sie eine Koalition mit der FDP ausschließt! Mit dieser Partei kann man im Moment kein Bündnis eingehen!

    Bester Beweis für mich:

    www.volksstimme.de/nachrichten/lokal/stendal/947510_Rhetorische-Schlaege-gegen-Freund-Feind-und-unter-die-Guertellinie.html

     

    Wer solche Aussagen trifft, wahrscheinlich und wenn überhaupt, nur knapp über die 5%-Hürde kommt, hat es nicht verdient in einer Regierung beteiligt zu werden!

  • A
    Ampelschnecke

    Ist damit gemeint daß die Politik-Ampel ebenso scheitern muß wie die Hygiene-Ampel bei Schmuddel-Gaststätten ?

  • TL
    Tim Leuther

    Renate Künast sollte sich bei Koalitionspokergefasel zurückhalten.

     

    Wenn Sie eines nicht kann, dann das!

  • S
    Saalko

    Naja die SPD schließt Rot Rot Grün aus, und die Grünen Ampel. Gleiches Recht für alle. Und wenn Schwarz Rot kommt, tja dann ist das kein muss, sondern einfach nur der Wille der SPD, dass die CDU regiert.

     

    Sowohl Piraten als auch Linke ständen unter Umständen zumindest Mehrheitsbeschaffung einer Minderheitenregierung zur Verfügung.

  • U
    Ute

    Die sollten sich besser um ein Bündnis, bei dem auch die Linkspartei eingeschlossen ist, bemühen.

     

    Der Steinbrück ist sowieso nicht tragbar.