Kommentar: Der Verfassungsschutz: Keine Lehren gezogen
Trotz des NSU-Skandals macht der Verfassungsschutz weiter, als wäre nichts gewesen und versucht, eine Antifa-Aktivistin anzuwerben.
S eit dem Auffliegen des Neonazi-Trios Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe vergeht kaum ein Tag, an dem nicht auch ein Skandal über die Verflechtungen des Verfassungsschutzes (VS) in die militante Neonaziszene und den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) ans Tageslicht kommt. Gekaufte V-Leute, Finanzierung ganzer Kameradschaften, Hilfe beim Untertauchen des Trios und so weiter und sofort. Vier Untersuchungsausschüsse im Bundestag und in den Landtagen befassen sich mittlerweile mit dem Umgang des Inlandsgeheimdienst mit der Neonaziszene. Selbst in konservativen Kreisen gibt es Kritik am VS, es werden Reformen verlangt.
Hamburgs Verfassungsschutz-Leitung konnte bislang ihre Hände in Unschuld waschen. Sie ist nicht in den Geheimdienstskandal involviert und kann über die Dummheit ihrer Länderkollegen lästern und eine konsequente Aufarbeitung fordern. Doch wo ist die?
Statt konsequent den Murks zu analysieren, schickt das Bundesamt, als wäre nichts gewesen, seine Akquisiteure los, um in der Antifa-Szene rumzuschnüffeln und Aktivisten für Spitzeltätigkeiten anzuwerben – also in jener Szene, die gegen Rechtsextremismus und Neonazi-Umtriebe mobil macht. Als ob es schon die Aufgaben der Landesämter übernommen hätte. So etwas braucht niemand: Daher gehört der VS aufgelöst – das wäre richtig und konsequent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!