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Ermittlungen zum Tod von Jonny K.Vom Reporter aufgespürt

Der Hauptverdächtige der Prügelattacke auf Jonny K. will sich angeblich der Polizei stellen. Ein „Bild“-Reporter will ihn in der Türkei gefunden haben.

Die Trauer um Jonny K. geht weiter. Die Ermittlungen auch. Bild: dapd

BERLIN taz | Einen Tag nach der Trauerfeier für den 20-jährigen Jonny K., der einer Prügelattacke am Berliner Alexanderplatz vor zwei Wochen zum Opfer fiel, berichtet die Bild-Zeitung, der bisherige Hauptverdächtige wolle sich der Polizei stellen. Ein Reporter hat den 19-jährigen Exboxer in der Türkei aufgespürt, wohin er sich kurz nach der Tat abgesetzt hatte. „Ich komme nächste Woche nach Deutschland zurück, werde mich meiner Verantwortung stellen“, zitierte das Blatt ihn nun am Montag.

Der Boulevardzeitung ist damit ein Coup gelungen, denn offiziell fahndet die Polizei noch nach Onur U. Der Berliner Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Bodo Pfalzgraf, sagte am Montag in einem Radiointerview, es gebe auch Zielfahnder der Polizei, die im Ausland tätig würden. „Aber immer nur in Absprache mit der jeweiligen Polizei vor Ort. Und das dauert leider im internationalen Rechtsverkehr seine Zeit.“

Onur U. gibt nun zu, an dem Übergriff auf Jonny K. beteiligt gewesen zu sein. Allerdings bestreitet er, dessen Tod verschuldet zu haben. Auch sei er nicht in die Türkei geflohen, sondern habe nur seinen Vater zu einem Termin begleitet, behauptet er. Der Spiegel hingegen berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, Onur U. habe kurz nach dem Vorfall noch mit seiner Tat geprahlt.

Unklar ist, welche Möglichkeiten die deutsche Justiz hat, wenn der Verdächtigte nicht, wie behauptet, freiwillig nach Deutschland zurückkehrt und neben der deutschen auch die türkische Staatsbürgerschaft besitzt. Ein deutscher Tatverdächtiger könnte nur mit Haftbefehl sowie Auslieferungsersuchen zurückgeholt werden. „Natürlich sind Polizei und Justiz sehr aktiv“, betonte Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU). „Wir können nur nicht mit einem Koffer Geld in die Türkei reisen.“

Bislang fahndet die Polizei auch noch nach drei weiteren Verdächtigen, die namentlich bekannt sein sollen. Die drei anderen mutmaßlichen Täter haben sich gestellt, einer von ihnen sitzt in Untersuchungshaft.

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6 Kommentare

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  • R
    rollimops

    „Natürlich sind Polizei und Justiz sehr aktiv“, betonte Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU). „Wir können nur nicht mit einem Koffer Geld in die Türkei reisen.“

     

    Ich möchte sehr gerne wissen, was Herr Heilmann mit "einem Koffer Geld" meint. Wurde die BRD von der Türkei gebeten, bitte Geld mitzubringen, um Herrn U. aus der Türkei mitnehmen zu können? Oder ist es schlichter Rassismus, den Herr Heilmann hier gezielt einstreut, die Türkei zu diffamieren, ihre Ämter und Gerichte müssten selbstverständlich geschmiert werden, um sich ihrer Arbeit zu widmen. Bitte liebe TAZ: tiefer graben!

  • TL
    Tim Leuther

    Schon komisch das einer zwei Staatsbürgerschaften haben kann. Versteh ich nicht.

  • T
    Ted

    Ich zähle mich nicht zur "geistigen Avantgarde".

    Ich zähle mich zu den Menschen, die überlegt handeln und nicht alles aufnehmen, was die Massenmedien präsentieren. Sei es die BLÖD, die "öffentlich rechtlichen Medien" oder gar die taz. Ich bilde mir meine EIGENE MEINUNG durch die verschiedenen Eindrücke, persönlichen Erfahrungen und Berichte, die Betroffene schildern. Und vor Allem: ICH DENKE SELBST.

     

    Das BLÖD lesen an sich ist nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist, wenn Menschen das glauben, was die BLÖD schreibt, ohne sich selbst ihre Meinung zu bilden. Und das ist nunmal bei den meisten BLÖD-Lesern der Fall, meiner Meinung nach.

     

    Ich gebe Ihnen, Herr oder Frau Anonym soweit Recht, dass es bedenklich ist, dass die Wirtschaft schneller Erfolg hat als die für diese Zwecke geschaffenen staatlichen Institutionen.

     

    Ein anderes Thema ist das Schützen vor "solchen Typen". Das Schützen fängt nicht bei der Bestrafung an, sondern bei der Prävention. Aber wie gesagt, es ist ein anderes, langes Thema.

     

    Wie jeder wissen sollte, setzt die BLÖD (oder dessen "Journalisten") nicht nur Privatdetektive ein, sondern setzt andere Menschen auch unter Druck, belagert sie und rückt Ihnen dermaßen auf die Pelle, bis sie etwas sagen oder dringen sogar in Häuser ein.

     

    Dringen Privatdedektive nicht in die Persönlichkeitsrechte anderer Menschen ein?

     

    Würden Sie, Herr oder Frau Anonym, gerne auf Schritt und Tritt verfolgt werden? Würden Sie gerne jedes Handeln von Ihnen, jedes Treffen mit anderen Menschen, jede einzelne Bewegung beobachtet und dokumentiert sehen von irgendwelchen Leuten? Leuten, die mit Strafverfolgung nix zu tun haben, sich aber selbst das Recht zur Einschränkung der Persönlichkeitsrechte nehmen, weil sie sich Detektiv nennen?

  • T
    @Ted

    Was bitteschön soll denn illegal daran sein, wenn ein Journalist (wahrscheinlich mit Hilfe eines Privatdedektivs) im Ausland einen Mordverdächtigen findet.

    Dass wirtschaftliches Interesse einer Zeitung offensichtlich schneller zum Ziel führt als das juristische Interesse des Staates, ist tatsächlich sehr sehr bedenklich für uns Bürger, die eigentlich vom Staat vor solchen Typen geschützt werden sollen.

     

    Wahrscheinlich lesen so viele Menschen "BLÖD", weil sie BLÖD sind ... und du gehörst wahrscheinlich zur geistigen Avantgarde und kannst deshalb elitär über diese Menschen richten.

  • T
    Ted

    Die BLÖD "ermittelt" nicht besser als die Bullen. Die BLÖD hat ein wirtschaftliches Interesse und setzt bei ihren "Ermittlungen" daher auch illegale Methoden ein. "Wir sind ja so toll bei der BLÖD. Schaut mal, wir sind sogar besser als die Bullen".

    Ich will gar nicht wissen, welche krummen Dinge die wieder angestellt haben.

     

    Es ist einfach nur traurig, dass Leute die BLÖD lesen.

  • B
    Bachsau

    Wenn das wahr ist, ist es einfach nur richtig traurig, dass die BILD-Zeitung besser ermittelt, als unsere Polizei.