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Kommentar Rundfunkräte und JournalismusJournalistische Heuchelei

Ines Pohl
Ines Pohl
Kommentar von Ines Pohl und Ines Pohl

Der Anruf des CSU-Sprechers beim BR ist kein Einzelfall. Und wer PolitikerInnen aus Rundfunkräten verbannen will, muss Alternativen nennen.

M al wieder ist große Aufregung in der Welt der JournalistInnen. Weil Sprecher von CSU-Politikern tatsächlich versucht haben, durch Anrufe in Redaktionen Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen. Und das nicht in irgendwelchen Redaktionen, sondern mit dem ZDF und dem Bayerischen Rundfunk in öffentlich-rechtlichen Medienanstalten mit dem verfassten Auftrag, als vierte Gewalt im Staate das Treiben der Politiker zu überwachen.

Liest man nun manche Einlassungen könnte der Eindruck entstehen, als würde so etwas, also der Anruf eines Parteisprechers oder gar eines Politikers selbst, in anderen Redaktionen nie vorkommen. (Na ja, die BILD, oder besser deren Chef-Mailbox, mal ausgenommen.) Das ist pure Heuchelei.

Natürlich sprechen PolitikerInnen mit JournalistInnen, natürlich beschweren sich SprecherInnen über eine Berichterstattung, und natürlich versuchen auch in privatwirtschaftlich organisierten Medienhäusern, Menschen politischen Einfluss zu nehmen. Die Frage ist immer, wie weit sie damit kommen, und wann die Redaktion, letztlich jeder einzelne Journalist, seine Unabhängigkeit aufgibt. Dazu eine grundsätzliche Frage: Was macht das mit einem, wenn man immer der erste ist, zu dem bestimmte Studien durchgestochen werden oder bestimmte Informationen aus Hintergründen zugesteckt werden?

taz
Ines Pohl

ist Chefredakteurin der taz.

Bringt das nicht zwangsläufig mit sich, was durchaus intendiert sein dürfte, dass man mit seinem Informanten etwas pfleglicher umgeht, um die Quelle nicht zum versiegen zu bringen (siehe wieder die BILD und ihr Umgang mit Peer Steinbrück)? Richtig ist, dass die Situation in den Rundfunkgremien eine besondere ist. Hier bestimmen eben jene über die Besetzung richtungsweisender Chefposten, die von der Berichterstattung unmittelbar betroffen sind: Nämlich die PolitikerInnen selbst. Aber wer jetzt nach einer radikalen Veränderung dieser Konstellation ruft, sollte erstmal eine demokratischere Variante vorschlagen.

Denn wer, wenn nicht die gewählten VolksvertreterInnen unterschiedlicher Parteien, sollte die Interessen des Volkes vertreten? Nur noch Gesandte der Kirchen, der Wirtschaft, der Hochschulen, der Sportvereine, der Gewerkschaften? Personen also, die keine demokratisch herbeigeführte Legitimation haben, sondern von mehr oder weniger kleinen Splittergruppen der Gesellschaft eingesetzt wurden? Wer denkt, dass hier keine individuellen Interessen verfolgt werden könnten, demontiert die eigene Ernsthaftigkeit gleich mit.

Der Fall Nikolaus Brender, der als zu „beeinflussungsresistent" vom ZDF-Chefsessel gekegelt wurde, lehrt uns zudem, dass eben nur amtierende PolitikerInnen, die auch in die Verantwortung genommen werden können, in diesem Gremium sitzen sollten. Und nicht wie bei Brender auch ehemalige Ministerpräsidenten wie Edmund Stoiber, die nicht mal mehr einen liberalen Ruf zu verlieren haben.

Ja, es ist natürlich absolut verwerflich, wenn Politiker oder deren Personal, Medien drohen. Aber es ist auch mindestens unglaubwürdig, wenn nun JournalistInnen ein aseptisches Verhältnis zur politischen Klasse heraufbeschwören, das mit der Realität nichts zu tun hat.

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Ines Pohl
Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)
Ines Pohl
Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)
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20 Kommentare

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  • T
    toyak

    Dass die Politiker Einfluss auf die Medien haben und diesen einweiten wollen, steht außer Frage. Die eigentliche Frage lautet jedoch, wie groß diese Einflussnahme sein darf, damit der Vorwurf einer vom Staat gelenkten Presse nicht erhoben werden darf.

     

     

     

     

    Dass die Vertreter der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten von Politiker bestimmt werden, ist nur dann unbedenklich, wenn man durch andere Maßnahmen die Unabhängigkeit der Mitarbeiter insbesondere im Hinblick auf ihre journalistischen Arbeit sicherstellen kann.

     

     

     

     

    Da die Chefredakteurin der taz von Heuchelei spricht, lege ich ihr nah, die Heuchler im eigenen Haus herauszufinden.

     

    Mir fallen gerade nur Herr Zumach, Frau Zajcek, deren Artikel von der ersten Buchstabe bis zum letzten Punkt nur Heucheleien enthalten.

  • GS
    Gerol Steiner

    Zustimmung, „Bürger“. Ein wirklich erschreckender Kommentar.

     

    Im Kern trifft der Artikel schon den Punkt. Ich stimme dem typisch pohlnisch-rotzige Aussage „Aber es ist auch mindestens unglaubwürdig, wenn nun JournalistInnen ein aseptisches Verhältnis zur politischen Klasse heraufbeschwören, das mit der Realität nichts zu tun hat.“ im Kern zu.

     

    Was ich allerdings ausgesprochen bedenklich finde, ist die implizite Rechtfertigung - wenn nicht gar Verharmlosung - des aus meiner Sicht septischen Verhältnisses zwischen Politikern und Journalisten. Und das solche Töne ausgerechnet in der taz gespuckt werden… na ja.

     

    Ist es wirklich richtig, wie wunderbar Journalisten und Politiker immer wieder gern fröhlichen Ringelpiez mit Anfassen spielen? Zum Beispiel beim alljährlich stattfinden Bundespressball und ähnlichen Veranstaltungen? Die große Verbrüderung und „Eigentlich haben wir uns alle ganz doll lieb.“ So soll auch eine führende Redakteurin einer eher links-orientierten Zeitung (könnte die taz gemeint sein?) überaus beglückt und stolz gewesen sein, an die Tafel des allseits beliebten und geehrtern Ex-Bundespräsidenten geladen worden zu sein.

     

    Mir scheint, eine gesunde Distanz zwischen Politikern und Journalisten würde der Berichterstattung im Allgemeinen gut tun.

     

    Und nein – in Rundfunkräten, Aufsichtsräten und was weiß ich für Medienräten haben Politiker nichts zu suchen. Denn genau damit wird die Überwachungspflicht der Medien gegenüber der Politik ungesund aufgeweicht.

     

    Um auf die provokativ-blödsinnige Forderung „Und wer PolitikerInnen aus Rundfunkräten verbannen will, muss Alternativen nennen.“ einzugehen:

    Siehe den Beitrag von Patrick S. und die BBC. Es geht also.

    Zudem wäre es wünschenswert, wenn diejenigen, die zwangsweise für unsere öffentlich-rechtlichen Medien zahlen auch ein gewisses Mitspracherecht hätten.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Vielen Dank für die konkrete Bestandsaufnahme.

  • V
    vic

    Aber Frau Pohl, das kann nicht ihr Ernst sein. Ihnen fällt keine Alternative zu PolitikerInnen in Rundfunkräten ein?

    Wie wär`s mit JournalistInnen?

    Menschen, die etwas von der Materie verstehen und nicht ausschließlich dem Parteibuch verpflichtet sind?

  • RG
    Roger Gerhold

    PolitkerInnen, die in die Verantwortung genommen werden können?

    Wie denn das?

    Die bestreiten, jemals Einfluss genommen zu haben?

    Die bestreiten sich jemals so oder so geäußert zu haben?

    Die erklären, dass alles aus dem Zusammenhang gerissen wurde?

    Das haben doch nun alle "Affären" gezeigt, dass der Kaste nicht beizukommen ist.

    Oder kann man Herrn Dobrindt, um nur ein unterirdisches Beispiel zu nennen, in die Verantwortung nehmen?

    Warum können keine "normalen" Menschen berufen werden?

    Es dürfte doch gelingen, ein Gremium fähiger Köpfe zusammenzustellen, die eben nicht Partei-Interessen vertreten.

  • A
    axel

    Sehr interessant dazu:

     

    "Der Anruf des CSU-Sprechers beim ZDF wirkt wie ein Paravent, hinter dem sich Schlimmeres verbirgt. Und auch nicht neu."

     

    von Albrecht Müller in nachdenkseiten vom 29.10.12

     

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=14874

  • B
    Bürger

    Ich finde den Kommentar sehr erschreckend. Im Besonderen von einer Chefredakteurin einer einflussreichen Tageszeitungen, welche für sich beansprucht alternative Nachrichten zu servieren erwarte ich mehr als eine "so-ist-es-halt-seid-nicht-naiv"-Grütze.

     

    Das BBC-Beispiel von Patrick S. ist schnell recherchiert und deutlich hilfreicher als der Kommentar von Frau Pohl...

  • N
    Niedra

    Aus welchem Grund braucht man überhaupt diese Aufpassergremien? Die Leute in den Sendern werden doch vorher bereits gefiltert, damit kein linker Störenfried passiert. Ein ZDF-Mensch ist Sprecher von Frau Merkel. Schon begriffen?

    Zensur findet nicht statt? Da lachen sogar die Wiesenhofhühner.

  • DB
    Die bitterbösen Migranten

    Was soll diese Heuchelei, Frau Pohl?

    Bei Ihnen rufen doch die PI-Nazis an in Form von eitrigen Nazikommentaren unter jeden Artikel auf taz.de, der etwas mit Migranten, Schwarzen und Türken zu tun hat.

    Und Sie lassen diese widerwärtige Agitation freischalten, damit wir Migranten auch ja wissen, wo der Hammer hängt.

     

    Sowas lässt nicht mal der Bayerische Rundfunk im Gegensatz zu Ihnen zu!

  • EB
    Erich Behrendt

    Warum nicht die Zuhörer und Zuschauer stärker beteiligen? Oder besser, die Vertreter aller Haushalte, die ab dem nächsten Jahr alle dafür bezahlen müssen.

  • H
    HamburgerX

    Das größte Rätsel bleibt, warum der CSU-Mensch das überhaupt probiert hat. Es doch klar, dass er damit scheitern würde, oder woher nahm er das Fünkchen Hoffnung?

     

    Zweitens, was war an der Bericherstattung so schlimm, die Wahl ist ja noch eine Weile hin?

     

    Drittens, Frau Pohl hat Recht. Die Verquickung von Journalismus und Politik ist auch andernorts sehr hoch. Gerade aber beim staatlichen Fernsehen sollten vom Bürger regelmäßig gewählte Vertreter mehr Einfluss nehmen können als irgendwelche Altpolitiker.

  • H
    Hafize

    Vielleicht sollte man den ganzen Rundfunk neu ordnen und ein striktes Parteienverbot für die Gremien und Journalisten vorschreiben. Wenn ich kein Parteibuch habe, kann ich mich auch nicht von einem Ministerpräsidenten oder Bürgermeister auf der Karriereleiter befördern lassen. Überall im staatlichen Bereich sind Parteileute, ist Parteieinfluss nachvollziehbar. Und es scheint immer schlimmer zu werden.

  • JS
    Jan Sobiesky

    Zum Glück ist der Einfluss der Grünen auf die Berichterstattung der TAZ nicht im geringsten bemerkbar!! Und hier ist auch alles völlig undogmatisch.

     

    Manchmal bleibt man besser in Deckung!

  • Y
    yberg

    wie wärs dennn mal ,wenn unsre journalisten/innen und presseschreiber/innen aufschreiben und veröffentlichen würden von welchen personen,parteien,institutionen,stfiftungen und firmen sie geld und vorteile in welcher höhe und wert für welche leistungen übers jahr annehmen.

     

    diese elende heuchelei durchstechereien nur bei andern personengruppen zu suchen isT zu offensichtlich.

     

    das wär mal schon ein anfang vom selbstreinigungsprozeß

    im augiasstall....

  • D
    Detlev

    Bei allen staatlichen Medien gibt's die Tendenz zu Regime-Medien. Das liegt aber auch daran, dass SPD und CDU sich immer ähnlicher werden, damit entfällt dann die Konfrontation dieser Parteien und an diese Stelle tritt Kooperation. Beide Parteien wollen nichts von Armut, Arbeitslosigkeit, armen Rentnern, schwacher Wirtschaftsdynamik oder anderen Dingen hören, deswegen gibt's dazu kaum Berichte oder zu schlechten Sendezeiten. Wer sich Heute und Tagesschau ansieht, dann unabhängige Medien dagegenliest, der bemerkt schnell, wie diese staatlichen Medien funktionieren, als Staatsmedien für die Staatsparteien.

  • X
    XXX

    Gut gesagt, Frau Pohl!

     

    Als Nicht-Bildzeitungsleser würde mich allerdings interessieren, wie der Umgang der BILD mit Peer Steinbrück tatsächlich war. Die Andeutung im Artikel sagt mir nicht viel.

  • K
    Karl

    Alternativen?

     

    Wozu?

     

    Wie wärs mit einem Berufsverbot?

     

    Und einer "Zwangsrekrutierung" von Durchschnittsbürgern, welche den Posten nur 2 Jahren halten dürfen; incl. Rechenschaftsbericht?

  • R
    reblek

    "Natürlich sprechen PolitikerInnen mit JournalistInnen, natürlich beschweren sich SprecherInnen über eine Berichterstattung, und natürlich versuchen auch in privatwirtschaftlich organisierten Medienhäusern, Menschen politischen Einfluss zu nehmen." - Keineswegs, denn mit "Natur" hat das nichts zu tun. Die tun das selbstverständlich.

    "Denn wer, wenn nicht die gewählten VolksvertreterInnen unterschiedlicher Parteien, sollte die Interessen des Volkes vertreten?" - Vielleicht sollte mal darüber nachgedacht werden, die Rundfunkräte durch eine Wahl bestimmen zu lassen. Bei den Sozialversicherungen funktioniert das ja auch irgendwie.

  • M
    Micha

    Der Artikel ist top!

  • PS
    Patrick S

    Warum die Aufsicht nicht wie bei der BBC regeln? Dort gibt es den BBC Trust. Das funktioniert dort wunderbar. Der BBC Trust nimmt auch seine Aufsichtspflicht ernst im Gegensatz zu unseren Ja Sage Rundfunkräten.

     

    Es gibt eine transparente und öffentliche Bewerbung um die Posten der Aufsicht.Der Bundespräsident ernennt sie dann. Aus einer teilzeit Aufsicht von Laien wird dann eine Vollzeitaufsicht von Experten.

    Eine Amtszeit ist fünf Jahre und es kann maximal zwei Amtszeiten geben. (Heute ist es doch so das in den Rundfunkräten teilweise die Leute 20 Jahre drin sitzen)

     

    Man kann auch die Rundfunkräte demokratisch wählen. Jetzt das System hat mit Demokratie nichts zu tun. Da sitzen entweder willkürliche Gruppen drin.Auf die der Bürger keinen Einfluß hat (nach Art eines mittelalterlichen Ständewesens) oder es sitzen Politiker drin.

    Diese Politiker haben dort auch keine demokratische Legitimation. Diese sind gewählt worden um Landespolitik zu machen und nicht um die Aufsicht in einem unabhängigen Rundfunk zu machen. Für eine Aufsicht hätte ich jemand anderes gewählt als für die Landespolitik.