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Kommentar Gütesiegel TierfleischUnfug aus der Umweltecke

Heike Holdinghausen
Kommentar von Heike Holdinghausen

Die vielen Siegel verwirren den Verbraucher, der profitiert von den bunten Bildern nur wenig. Der Händler hingegen poliert sein Nachhaltigkeitsimage auf.

Das neue Label des Deutschen Tierschutzbundes. Bild: dpa / Deutscher Tierschutzbund

I m Supermarkt gibt es neue Bildchen. Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten hat ein Siegel für tierfreundliche Hähnchenproduktion entwickelt. Damit folgt sie dem Vorbild des Tierschutzbundes, der auch solche Siegel vergibt, zusätzlich zum Neulandsiegel, außerdem gibt es natürlich noch Biosiegel … Hallo, sind Sie noch da?

Die zahlreichen Abzeichen für nachhaltig erzeugtes Fleisch – ohne Gentechnik, tierfreundlich, tierfreundlicher, biologisch oder nach Mondkalender gefüttert – verwirren den Verbraucher. Wer glaubt, dringend notwendige Verbesserungen in der Landwirtschaft ließen sich über informierte Kaufentscheidungen erreichen, der muss Kunden aber klare Handreichungen bieten.

Siegel müssen wiedererkennbar sein, verständliche Botschaften transportieren und massenhaft sichtbar sein. So funktionieren starke Marken. Die Tierschutz- und Umweltverbände täten also besser daran, ihr Geld und Personal dafür einzusetzen, für bestehende Siegel zu werben. Sonst kannibalisieren sich die nachhaltig produzierten Produkte gegenseitig, und das in einer winzigen Nische.

Die Autorin

Heike Holdinghausen ist Redakteurin im Ökologie- und Wirtschaftsressort der taz.

Für den Handel indessen ist der Siegelwirrwarr erfreulich. Er kann seinen Kunden eine breite Produktpalette bieten und sein Nachhaltigkeitsimage aufpolieren – während er die Kassen mit Fleisch aus industrieller Tierhaltung füllt. Und diese ist es, die dringend neue Regeln braucht: mehr Platz und Lebenszeit für die Tiere.

Adressat dieser Forderung ist der Gesetzgeber. Der bestimmt die Regeln, wie 99 Prozent des im Supermarkt verkauften Fleisches erzeugt werden. Die schwarz-gelbe Koalition setzt auf eine exportorientierte Landwirtschaft, die zu Weltmarktpreisen produziert. Ein vernünftiger Umgang mit Tieren hat da keinen Platz. Was also bleibt dem verwirrten Verbraucher? Wählen.

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Heike Holdinghausen
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
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2 Kommentare

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  • M
    Madlin88

    Das sehr ich genauso.

     

    Man sollte sich mal vor Augen halten welches Gefühle die Tiere in ihrem Leben besonders bei der Tötung haben.

     

    Dieses Gefühl wir mitverzehrt!

  • IE
    indigene Eiche

    Was dem verwirrten Verbraucher bleibt? Aufhören Tiere als Nahrung zu missbrauchen. Ist doch wirklich Augenwischerei über Siegel und bessere Lebensumstände zu debattieren und vollkommen die notwendige Alternative, auf Tierprodukte zu verzichten, ausser Acht zu lassen. Es muss garnicht in einer Vegetarierdiskussion enden, weil es eben einfach keine rational zugängliche und haltbare Legitimation für diese industrielle Tötung und Missbrauch gibt. Bessere Haltungsbedingungen zu fordern ist in dem Hintergrund doch eigentlich lächerlich. Es wäre ein Schritt, aber...