Syrien und Türkei: Luftwaffe beschießt Grenzgebiet
Ein syrisches Kampfflugzeug soll ein Gebiet nahe einem Grenzübergang zur Türkei bombardiert haben. Indes stellte die syrische Opposition ihre Führung neu auf.
ISTANBUL/DOHA dpa/dapd | Bei Angriffen der syrischen Luftwaffe auf das Grenzgebiet zur Türkei sind am Montag mindestens drei Türken verletzt worden, darunter ein Soldat. Ein syrisches Kampfflugzeug habe ein Gebiet nahe einem Grenzübergang bombardiert, berichteten türkische Fernsehsender weiter.
Das Ziel des Angriffs war unmittelbar an der Grenze. Auch syrische Militärhubschrauber seien im Einsatz. Experten vermuteten, dass die syrische Luftwaffe eine eingekesselte Einheit syrischer Regierungstruppen unterstütze. In der an der Grenze gelegenen türkischen Kleinstadt Ceylanpinar herrsche Panik und Angst.
Wie die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London mitteilte, wurden auf der anderen Seite der Grenze mindestens zwölf Menschen bei einem Luftschlag auf den Ort Ras al-Ain getötet. Unter ihnen seien sieben Rebellen, aber auch eine Frau und ein Kind gewesen. Meldungen aus Syrien sind von unabhängiger Seite wegen der Medienblockade nur schwer überprüfbar.
Nach mehreren Verhandlungstagen in Katar verständigten sich die syrischen Oppositionellen auf die Gründung einer Führungsgruppe. Zum Präsidenten der Organisation wurde der 52-jährige Imam Maath al Chatib aus Damaskus gewählt, der seit Beginn des Volksaufstandes selbst mehrmals von den syrischen Behörden festgenommen wurde. Die Oppositionsführer Riad Seif und Suheir Atassi wurden am Sonntag zu den Vizepräsidenten bestimmt.
Die neue Gruppe solle den Namen Syrische Nationalkoalition für Opposition und Revolutionäre Kräfte tragen, sagte Ali Sadr el Din Bajanuni, der an den Verhandlungen beteiligt war, am Sonntag. Auch Vertreter der derzeit größten oppositionellen Vereinigung, des Syrischen Nationalrats (SNC), sind beteiligt. Der SNC hatte sich zuvor gegen die Gründung eines neuen Führungsgremiums gewehrt, da er darin seinen eigenen Einfluss gefährdet sah. Im neuen Gremium soll der SNC 22 von insgesamt 60 Sitzen erhalten.
Tagelange Verhandlungen
Auch Aktivisten aus Syrien und Rebellenkommandeure sollen in der Gruppe vertreten sein. Dem gemeinsamen Entschluss der unterschiedlichen Oppositionsgruppen waren mehrtägige Verhandlungen in der katarischen Hauptstadt Doha vorausgegangen. Die Einigung könnte die Bemühungen der Opposition um internationale Unterstützung im Kampf gegen das Regime von Präsident Baschar Assad vorantreiben.
Die USA und andere westliche Staaten hatten zuletzt eine neue Struktur der syrischen Opposition gefordert, die als zutiefst zerspalten galt. Der SNC, der zuletzt hauptsächlich aus Exilsyrern und Akademikern bestand, wurde als ineffektiv kritisiert.
Die am Sonntag erzielte Einigung sieht auch die Bildung einer Übergangsregierung vor. Zudem sei eine Konferenz auf nationaler Ebene geplant, sobald das Assad-Regime entmachtet sei, heißt es in einem Entwurf, der der Einigung zugrunde liegt. Das US-Außenministerium begrüßte die Neuaufstellung. Die USA freuten sich auf eine Zusammenarbeit, um die blutige Herrschaft Assads zu beenden, hieß es in einer Mitteilung.
Auch Außenminister Guido Westerwelle hat die Vereinigung der syrischen Opposition als wichtigen Schritt begrüßt. „Ich wünsche mir, dass mit der 'Nationalen Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte‘ eine glaubwürdige politische Alternative zum Regime von Baschar al-Assad entsteht“, erklärte Westerwelle am Montag in Berlin.
Die Außenminister der Arabischen Liga und der Europäischen Union würden an diesem Dienstag in Kairo darüber beraten, wie sie die neue gemeinsame Plattform unterstützen können. „Gemeinsam müssen wir mit voller Kraft daran arbeiten, das Leid der Menschen in Syrien zu lindern und eine friedliche Lösung des Konflikts zu ermöglichen“, betonte Westerwelle.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!