: Lässig dahingleiten
SCHNEEGESTÖBER (TEIL 3) Langlauf im Grunewald stärkt den Körper und beruhigt den Geist
■ So viel Winter war selten. Doch wo herrschen die besten Bedingungen, um Schnee und Eis vollendet zu genießen? Die taz testet Berlins Ski-, Eis- und Rodelgebiete. Heute: Langlauf im Grunewald.
■ Schneequalität: Es gibt plattgewalzte Trassen für den Skating-Stil, aber kaum Tiefschnee, um Spuren zu ziehen.
■ Pistenqualität: Das Netz von Waldwegen bietet viel Auslauf.
■ Konkurrenz: wenig.
■ Après-Ski-Potenzial: null.
Der Grunewald rund um den Teufelssee ist am Mittwochmorgen von einer dicken Schneeschicht bedeckt. V-förmige Spuren zeugen von Skilangläufern, die im Schlittschuhschritt des Skating-Stils hier entlanggekommen sein müssen. Doch niemand ist zu sehen.
Nur ein einsames Schnaufen und das Scharren von Ski auf Schnee verraten den Langläufer Michael Lukas. Im Tiefschnee des Wegesrandes zieht er zwei parallele Schneisen. Immer einen Fuß vor den anderen schiebt er sich im Diagonalschritt mit jedem Atemzug weiter vorwärts.
„So vor sich hinzugleiten in einer tollen Landschaft hat etwas sehr Beruhigendes, fast Meditatives“, versucht der 64-Jährige die Faszination in Worte zu fassen. Der Vorsitzende des Berliner Skiverbandes, Matthias Mikolajski-Kusche, betont hingegen vor allem die gesundheitlichen Vorteile des Skilanglaufs: „Man ist an der frischen Luft und bewegt große Muskelgruppen.“ Die Umstände dafür seien zurzeit ideal: „So eine gute Schneesituation hatten wir lange nicht mehr.“
100.000 gelegentliche Langläufer gibt es in Berlin, so der Vorsitzende des Skiverbandes. Aber wo stecken die Langläufer alle? „Über ganz Berlin verteilt“, meint Matthias Mikolajski-Kusche und erklärt: „Seit Mitte der 80er werden im Grunewald und damit in ganz Berlin keine Spuren mehr hergerichtet. Dadurch fährt es sich nicht mehr wie auf Schienen – aber Langlaufen kann man trotzdem fast überall. Es kam sogar schon jemand auf dem Bürgersteig an mir vorbei.“ Im riesigen Grunewald verlieren sich die Langläufer leicht aus den Augen. „Und nach dem Laufen fahre ich auch lieber wieder heim; zum Einkehren gibt es hier sowieso kaum etwas“, berichtet Michael Lukas.
Aber ein wenig Action, die das eintönige Links-Rechts der Skier unterbricht, bietet der Grunewald durchaus. Mikolajski-Kusche erklärt: „Wenn es bergab geht, kann man mit beiden Skiern in der Spur nicht bremsen. Da passieren die meisten Unfälle.“ Michael Lukas freut sich hingegen über die Abwechslungen: „Zwischendurch so eine kleine Abfahrt, das erinnert mich richtig an meine Alpin-Ski-Zeiten“, sagt er versonnen, stößt sich ab – und gleitet davon.
MARTIN SCHWARZBECK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen