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Recycling von MobilgerätenDeutsche horten ihre Handys

Fast 90 Millionen alte Handys und Smartphones liegen in Deutschland in Schubladen herum. Dabei können sie teilweise kostenlos recycelt werden.

Lohnt sich: Handy-Recycling. Bild: dapd

BERLIN taz | Ein Handy ist – selbst wenn es alt und kaputt ist – für Recycler ein wertvoller Gegenstand. Die enthaltenen Chips, Schaltkreise und sonstigen Bauteile lassen sich häufig als Ersatzteil verkaufen, das in den Komponenten enthaltene Edelmetall zurückgewinnen. Und ist das Gerät noch nutzbar, nimmt es vielleicht eine Gebrauchtwarenplattform oder auch eine Online-Auktion, wo es schnell einen neuen Besitzer findet.

Entsprechend verwunderlich sind aktuelle Zahlen, die der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V vorgelegt hat, in dem diverse Gerätehersteller und Netzbetreiber in Deutschland zusammengeschlossen sind. Laut Bitkom lagern in „Schubladen, Kellern und auf Speichern“ derzeit fast 86 Millionen alte und ungenutzte Mobiltelefone.

Die auf Basis einer repräsentativen Umfrage hochgerechnete Geräteschar wuchs in den vergangenen Jahren stark: 2010 waren es noch 72 Millionen, 2011 schon 83 Millionen. Zwei Drittel der Befragten gaben an, mindestens ein altes Mobiltelefon im Haus zu haben. Ein Viertel hatte gar zwei alte Handys oder Smartphone.

Laut Bitkom lassen sich mittlerweile rund 80 Prozent der in einem Mobiltelefon enthaltenen Materialien wiederverwerten. Gold, Silber und Kupfer stecken in den Geräten. Ein Recycling sei angesichts knapper Güter ein wichtiger Beitrag zum schonenden Umgang mit Ressourcen.

In den Hausmüll gehören Handys samt Akkus auf keinen Fall, stattdessen müssen sie zum Recyclinghof gebracht werden, wo sie kostenlos angenommen werden. Alternativ gibt es Sammelaktionen etwa in Schulen oder Einkaufsmärkten. Die Netzbetreiber machen ebenfalls mit: Vodafone nimmt Geräte an und spendet den Erlös für einen guten Zweck, die Telekom geht ähnlich vor und rückt im Verbund mit einem Partnerunternehmen gegebenenfalls Einkaufsgutscheine für die hauseigenen Ladengeschäfte heraus. Auch E-Plus und O2 recyceln gratis.

Auch Die Gerätehersteller haben eigene Rücknahmeprogramme. Apple schätzt alte iPhones und stellt Gutscheine aus – die zehn Filialen in Deutschland nehmen Hardware direkt an. Samsung gibt schon mal Rabatt, wenn man beim Neukauf eines „Galaxy“ sein Altgerät mitbringt.

Vor der Rückgabe: Daten löschen

Warum die Handys behalten werden, bleibt unklar. Eine Möglichkeit ist, dass sich noch Daten auf dem Gerät befinden, die sich nicht exportieren lassen – etwa Adressen oder SMS-Nachrichten. Tatsächlich machen es besonders Modelle aus dem Vor-Smartphone-Zeitalter sowie die ersten Smartphone-Generationen Nutzern sehr schwer, Informationen zu übertragen. Da werden unter umständen kaum lieferbare Spezialkabel oder veraltete Software gebraucht.

Auch das Loswerden enthaltener Daten vor Verschenken, Verkauf oder Recycling kann ein Problem darstellen. Da Handys mittlerweile auch für sensible Anwendungen wie das Online-Banking verwendet werden, ist ein vollständiges Löschen unverzichtbar. Dabei bietet sich die Funktion „Zurücksetzen des Gerätes in den Auslieferungszustand“ an.

Ob die unter Umständen wertvollen Infos dann wirklich vernichtet wurden, hängt allerdings vom Gerät ab – findige Spezialisten können diese eventuell wiederherstellen. Vielleicht ist das ja auch ein Grund, warum man sein Althandy so gerne so lange in der Schublade lässt.

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10 Kommentare

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  • WW
    wie wärs

    denn mal mit einem Artikel "Konzerne verhökern immer mehr unnötigen Elektro-Sondermüll"

    statt irgendwelchen Apple-Samsung-blabla-funktion-artikeln?

    Wenn es nach 4 Jahren noch Updates für die Geräte gäbe, bräuchte man auch keine neuen.

    Und besser, die Leute heben die Handys auf, statt sie einfach in die Mülltonne zu werfen, wie es meist beim Wegwerfen gemacht wird.

  • U
    Unterdosis

    Noch ressourcenschonender als Recycling ist es, wenn man sein altes (noch funktionierendes) Handy aufbewahrt - und in Situationen mitnimmt / einsetzt, wo man sein neues nicht gefährden will. Beispielsweise im Urlaub oder in der freien Natur etc.

    Wenn es dann kaputt ist, kann man es immer noch zum Recycling geben.

  • DS
    daniel S

    Ein Grund, sowas nicht zum Recyclinghof zu bringen, ist sicher die schlechte Erreichbarkeit der Recyclinghöfe, die meist außerhalb der Stadt liegen, per Fahrrad oder Bus/Bahn. Da muss man schon Jahre sammeln, bevor sich so eine Fahrt lohnt.

    Dafür, dass alle brav recyceln sollen, ist die Zahl der Recyclinghöfe sehr gering im Vergleich z.B. zu Glas- und Papiercontainern. Wie wär's denn mit einem Altelektronikcontainer?

  • E
    Ernst

    "umsonst recycelt"? Alles andere wäre ja noch schöner, sind doch die Innereien des Handys so wertvoll. Für die Unternehmen gibt es genau einen Grund, dass sie alte Handys kostenlos zurück nehmen: es lohnt sich finanziell massiv. Dann doch lieber an einen der vielen Vereine, die für alte Handys noch ein paar Euros bekommen können...

  • N
    normalo

    Die Reparatur eines Smartphones bzw. der Austausch dauert idR Wochen. Sogar als Business-Kunde, wo man bei Computern entsprechenden Service bekommt (Next-Business-Day-Garantie bspw. von dell), gibt es entsprechendes bei Handys nicht.

     

    Auf ein Handy bin ich existentiell angewiesen (sozial, beruflich). Ergo: Ich brauche _jederzeit_ ein Ersatzhandy. Und das ist das Alte was, in meiner Schublade liegt.

     

    Lösung dafür? Anbieter, der mir jederzeit am nächsten Werktag ein Ersatzgerät bringt. Der kann dann auch gleich meine alten Handys mitnehmen ^^

  • S
    Schlauberger

    Man kann auch Handys spenden ud damit anderen Menschen - in diesem Fall Kindern - helfen:

    http://von-brauck-stiftung.com/brauck_neu/pages/handy-aktion.php

     

    Meiner Meinung nach eine sinnvolle Alternative als es für kleinstes Geld online zu verkaufen...

  • A
    Alchymist

    Ein funktionsfähiges altes Handy ist eben ein funktionsfähiges Handy, das man bei bedarf verwenden kann. Es zu entosorgen macht Arbeit, es zu verkaufen macht noch mehr Arbeit bringt aber kaum etwas. Wenn das neue Smartphone kaputt geht oder verloren ist, greift mach doch gerne auf das alte bewärte robuste Teil zurück, blöd wenn man es dann für 2 € bei Ebay versteigert hat oder entsorgt hat.

  • KS
    kleiner Spinner

    "Warum die Handys behalten werden, bleibt unklar."

     

    Nicht obwohl, sondern weil die Dinger wertvoll sind, sollen wir sie also denen zurückschenken, von denen wir sie teuer gekauft haben?

     

    Nix da, wer von mir Rohstoffe haben will, soll mir ein faires Angebot machen!

  • H
    Hanno

    Die Sache ist ein bißchen zwiespältig. Ein Grund, sein altes Handy aufzubewahren, wurde ja im Artikel garnicht erwähnt: Vielleicht braucht man es nochmal.

     

    Man sollte immer bedenken: Recycling ist gut, aber das beste Recycling ist es immer, Geräte weiterzuverwenden. Falls man dann doch mal für irgendeinen Zweck ein Zweithandy braucht ist es allemal ökologischer, das alte aus der Schublade zu holen als sich ein günstiges neues zu kaufen.

     

    Deshalb macht es u.U. durchaus Sinn, sich das ein- oder andere Handy aufzuheben. Natürlich nicht das uralt-Modell, das noch kein Dualband hat und auch nicht das Modell mit dem gebrochenen Display.

  • N
    Nathan

    ...Vielleicht ist das ja auch ein Grund, warum man sein Althandy so gerne so lange in der Schublade lässt...

     

    Nein, ich will Geld für meine alten Handys. Schließlich habe ich viel dafür bezahlt. Jetzt sollen andere damit Reibach machen? Kommt gar nicht in Frage. Wer mein altes Handy will, zahlt! Es wird die Zeit kommen, wo das DRK für Blut"spenden" Geld bezahlen wird. Es wäre nur konsequent, wenn die "Produzenten" dies verlangten. Schließlich leben wir in einer Marktwirtschaft...