Kolumne Wortklauberei: Synchronschwimmen mit Dobrindt
Die erste Zwischenbilanz im Jahr 2013 lässt auf eine ertragreiche Saison hoffen: „Enges Wasser“ und „kräftig steigende Strompreise“.
D as Jahr ist noch jung, da lässt sich der Überblick noch einigermaßen wahren – ideale Voraussetzungen für eine Zwischenbilanz. Was ist denn Ihr Lieblings-Dummgelaber bisher „in“ 2013?
Bei mir rein von der Stilistik her derzeit auf Platz 1: CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt geht so hart mit der FDP ins Gericht, als ob die deutsche Sprache was dafür könnte: „Ich glaube, dass selbst Desperados wie Dirk Niebel jetzt einsehen müssen, dass die Zeit der Alleintänze in der FDP vorbei sein muss. Wenn die nicht bald zum Synchronschwimmen kommen, dann wird bei der FDP in der Badewanne das Wasser eng.“ Yeah. Wer wollte da noch anfangen zu analysieren oder gar nachhaken, was es wohl mit dem physikalischen Phänomen von „engem Wasser“ auf sich hat? Einfach genießen.
Auch weit vorn: Das Gewimmer von den „kräftig steigenden Strompreisen 2013“. Kann’s noch wer hören oder mag mal jemand erklären, dass das für einen Durchschnittshaushalt ohne Aluminiumwerk in der Gartenlaube ca. 50 Euro jährlich sein werden? Also ungefähr 4 Euro im Monat? Also ungefähr ein Bruchteil dessen, was die ganzen Durchschnittshaushalte hier bei uns an Silvester in drei Minuten in die Luft geballert haben? Und dass das grenzdebile Gegreine biiittee ein Ende haben möge?
Und der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Frank Ulrich Montgomery, sagt nach dem allerneuesten Skandal in Leipzig, dass die „Schummeleien“ um die Organspende jetzt alle aufgeklärt gehören. Entschuldigen S’ scho, Herr Montgomery: Ich weiß ja nicht, ob Sie schon mit einem Spenderhirn leben, aber eine „Schummelei“ ist, wenn mein Neffe beim „Mensch, ärgere dich nicht“ in einem unbeobachteten Moment den Würfel auf die Sechs dreht.
ist Kolumnist der taz.
Gut, es ist schon schwierig: Für den Vorgang, dass durch systematische Korruption zahlungs- und einflusskräftigen Patienten Spenderorgane zugeschanzt werden, während die, denen sie von Rechts wegen zustünden, halt noch ein bisschen weitervegetieren bzw. wegsterben dürfen und parallel das gesamte System der Organspenden in Deutschland in Misskredit kommt – klar, dafür fällt mir gerade auch kein angemessener Ausdruck ein.
Apropos. Jetzt kann ich nur hoffen, dass Wolfgang Thierse diese Kolumne nicht liest und sich schon wieder schlimm aufregen muss, dass ich da einen (oder waren’s jetzt schon zwei?) Bajuwarismus in eine BERLINER Tageszeitung reingeschrieben hab. Ich weiß: Das heißt in Berlin immer noch „Entschulljnese ma, meen juter Herr Montjomery“, oder ürngwie so. Ich weiß. Ick weeß dit. Görli, Stulle, Telespargel, jeschenkt. Ich aber sage: Flughafen.
Ich vermisse ja in der Debatte über Thierse und seine fortgesetzten offen fremdenfeindlichen Äußerungen, die, würde er sie auf Migranten und Zuwanderer aus dem Ausland anwenden, wahrscheinlich und hoffentlich und zu Recht den SPD-Parteiausschluss nach sich ziehen würden, die entscheidende Frage, die auf der Hand liegt, aber meines Wissens so noch nicht gestellt worden ist: Hat – und das ist jetzt keine Polemik, es interessiert mich wirklich – der Typ den Arsch auf?
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