Vortragshonorare von Abgeordneten: Parlaments-007 in unklarer Mission
CDU-MdB Michael Fuchs hat nicht nur Vorträge für eine Wirtschaftsspionagefirma gehalten. Er scheint in einen weiteren dubiosen Fall verwickelt zu sein.
BERLIN taz | Den CDU-Abgeordneten Michael Fuchs umweht nicht gerade der Hauch eines James Bond. Fuchs ist in der CDU stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, er war mehrere Jahre Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand. Eher bieder als Bond.
Doch vorletzte Woche hatte die Zeitschrift Stern enthüllt, dass der Bundestagsabgeordnete fünf Jahre lang Vorträge bei der Firma „Hakluyt & Company Limited“ gehalten hatte. Fuchs wurde für mindestens 13 Vorträge honoriert. Pikant daran: Das Unternehmen hatten ehemalige Mitarbeiter des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 gegründet.
Weiterhin merkwürdig war, dass es auf der Website des Bundestages zu Fuchs' Nebenverdiensten hieß, die Vorträge seien für die ähnlich klingende „Hakluyt Society“ gehalten worden. Die hat nichts mit Agenten zu tun, sondern ist eine ehrwürdige geografische Gesellschaft. Bisher konnte die Ursache des Namensfehlers nicht eindeutig aufgeklärt werden. Nach Recherchen der taz hatte Fuchs darüber hinaus auch einen Vortrag für die „HDV Kanzlei Elke Herrán del Val“ gehalten. Honorar: über 7.000 Euro.
Hinter dem beeindruckend klingenden Namen verbirgt sich eine Steuerberaterin in München. Das Büro von „HDV Kanzlei Elke Herrán del Val“ befindet sich in einem Gewerbehof in Moosach. Warum eine Steuerberaterin einen Bundestagsabgeordneten anreisen lässt und in der Lage ist, ein üppiges Vortragshonorar zu zahlen, ist nicht in Erfahrung zu bringen. Sie wollte sich zu Fragen zu dem „Vortrag“ nicht äußern. Auch Fuchs sagt zu Fragen nach dem genauen Datum, dem Ort und Thema seines Vortrages: „Siehe Homepage des Deutschen Bundestages.“ Doch dort stehen keine weiteren Informationen.
Inhalt der Vorträge unklar
Wieso möchte Fuchs nicht über seine Vorträge reden? Er hat als Bundestagsabgeordneter einen privilegierten Zugang zu Informationen und er ist stellvertretendes Mitglied des Verteidigungsausschusses des Bundestages. Fuchs' Leistungen für Hakluyt & Company bleiben im Dunkeln.
Einer der Firmengründer von Hakluyt & Company Limited, der Ex-MI6-Agent Christopher James, schrieb über den Zweck des Unternehmens: „Die Idee war die gleiche Leistung für die Industrie zu erbringen, die wir vorher für die Regierung erbrachten.“ Schlagzeilen machte „Hakluyt Company Limited“ 2001 als herauskam, dass die Firma im Auftrag von Shell einen Deutschen als linken Filmemacher in die Reihen von Greenpeace geschleust hatte. Dort konnte er die Umweltorganisation während ihrer damaligen Kampagne gegen Shell ausspionieren. Der Nachrichtenagentur dapd gegenüber erklärte Fuchs, er habe in kleinem Kreis Kurzreferate zu Themen wie Eurokrise oder auch zur Energiewende in Deutschland bei Hakluyt & Company gehalten.
Keine Entlastung
Merkwürdig sind die drastischen Unterschiede der Honorierung seiner Kurzreferate (zwischen 1.000 Euro bis über 7.000 Euro). Im Südwestrundfunk verwies Fuchs auf ein Schreiben der Bundestagsverwaltung und behauptete, darin würde die Korrektheit seiner Angaben bestätigt. Dieses Schreiben liegt der taz vor. Von einer Entlastung ist darin nichts zu lesen.
Bei seinen ersten Aufträgen im Jahr 2008 hatte Fuchs nur den Namen „Hakluyt London“ angegeben. Erst rund anderthalb Jahre später, so die Bundestagsverwaltung, gab Fuchs lediglich einmal – in fünf Jahren - den richtigen Namen „Hakluyt & Company“ an. Auf Anfrage hat Fuchs nun eingeräumt, dass er doch erst gegen Ende des Jahres 2009 eine richtige Angabe bei der Bundesverwaltung eingereicht hatte.
Die Bundestagsverwaltung schreibt lediglich, dass ein Fehler ihrerseits „nicht auszuschließen“ sei. Aus dem Papier ist ebenfalls zu entnehmen, dass Fuchs Vorträge für Hakluyt & Company“ in Singapur gehalten habe. Die hatte Fuchs bisher nicht erwähnt. Der Abgeordnete geht mittlerweile juristisch gegen die NGO abgeordnetenwatch vor, die den Fall aufgedeckt hatte.
Die Organisation hatte behauptet, Fuchs würde seine Tätigkeit verschleiern. Sie hatte sich ebenfalls verpflichtet den Satz nicht zu wiederholen, jedoch: „Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“. Nach Angaben von abgeordnetenwatch ist dies der erste Fall, in dem ein Politiker mit einer Abmahnung gegen das Portal vorgeht.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen