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Verfassungsschutz und LinkeMarx und Mauer

Der Verfassungsschutz wird künftig nicht mehr die ganze Linkspartei beobachten. Auszusetzen hat er im aktuellen Bericht trotzdem genug.

Die Linke – I like? Zumindest nicht die Meinung des Verfassungsschutzes Bild: dapd

BERLIN taz | Ihrem Parteiprogramm stellt Die Linke ein Brecht-Gedicht („Fragen eines lesenden Arbeiters“) voran. Daran haben die Verfassungsschützer in ihrem aktuellen Bericht nichts auszusetzen.

Dass die Partei ein paar Seiten weiter das Kommunistische Manifest zitiert, geht dem Geheimdienst dann doch zu weit: „Die Partei bezieht sich ausdrücklich positiv auf ’linke‘ bzw. linksextremistische Traditionen, insbesondere auf die sozialistischen Theoretiker Karl Marx und Friedrich Engels“, heißt es im Verfassungsschutzbericht 2011.

Das Programm stammt aus dem Oktober 2011, die Partei verabschiedete es in Erfurt. Eine 16-köpfige Kommission hatte das Papier vorbereitet. Darunter laut Verfassungsschutz „mindestens sechs Mitglieder extremistischer Zusammenschlüsse der Partei“. Die Einschätzung ist kein Wunder, beschreibt die Behörde Die Linke doch regelmäßig als Sammelbecken verschiedenster Linksextremisten. 2011 klingt das so: „Die Partei hält an der Praxis fest, unter dem Begriff ’Pluralismus‘ unterschiedliche ’linke‘ Kräfte zu sammeln, die das Ziel einer grundlegenden Veränderung der bestehenden Ordnung verfolgen.“

Der Verfassungsschutz wirft der Linkspartei auch vor, mit Extremisten außerhalb der Partei zu kooperieren. „Vertreter der Partei arbeiten bei Demonstrationen – schwerpunktmäßig gegen rechtsextremistische Aktivitäten – mit linksextremistischen Aktionsbündnissen zusammen.“

Kommt es zu Ausschreitungen, distanziere sich die Partei nicht deutlich genug. Als Beleg führt der Geheimdienst ein Zitat einer sächsischen Landtagsabgeordneten an. Bei einer Fraktionsanhörung zu den jährlichen Nazidemonstrationen in Dresden soll sie den „Schwarzen Block“ in Schutz genommen haben: „Um es mal auf den Punkt zu bringen, Polizeiketten zu durchfließen ist nichts, was die bürgerliche Mitte macht.“

Traditionell unterhält die Linkspartei gute Beziehungen zu kurdischen Aktivisten. Im Verfassungsschutzbericht kritisiert die Behörde, dass „Angehörige der Partei an Feiern zum kurdischen Neujahrsfest Newroz in Kurdistan“ teilnahmen. Wer die Neujahrsfeiern organisierte und warum die Verfassungsschützer das Fest als bedenklich einstufen, geht aus dem Bericht allerdings nicht hervor.

Und dann ist da noch die Sache mit der Berliner Mauer. In den Verfassungsschutzberichten war dafür stets ein Kapitel reserviert. Schon 2008 hieß es: „Verlautbarungen der Partei lassen eine nach den Maßstäben des Grundgesetzes erforderliche Distanzierung von der ehemaligen DDR vermissen.“

Eine Distanzierung fordert der Verfassungsschutz im aktuellen Bericht nicht mehr. Dafür schließt sich der Geheimdienst der öffentlichen Kritik an, die zum 50. Jahrestag des Mauerbaus im Sommer 2011 auf die Partei einprasselte: „Die Parteivorsitzende Lötzsch und Ernst erklärten, die Teilung Deutschlands sei das Ergebnis des Zweiten Weltkriegs.“

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7 Kommentare

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  • V
    VS-Gegner

    Es muss doch irgendetwas geben womit man den Verfassungsschutz verbieten kann!!!!

     

    Wenn jemand eine Idee hat wie der Verfassungsschutz verboten werden kann, dann bitte Großflächig bei Facebook posten bzw. in die Zeitung und Fernsehen setzen.

     

    Vielen Dank

  • S
    Slobo

    Das ist das Zitat aus dem Programm, das aus dem Kommunistischen Manifest stammt: "An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist."

     

    Wenn der Verfassungsschutz das als radikal einstuft, dann ist klar, dass er genau das Gegenteil erreichen will: Eine Gesellschaft, in der die einen arm und die anderen reich sind. Niemand ist frei und alle dienen dem kapitalistischen System. Für mich ist der Verfassungsschutz radikal!

  • DB
    Das Blech

    Deshalb muß das Berliner SO 36 unbedingt schliessen, denn dort spielte die Band PVC mit der Ansage "zum 17. Geburtstag der Mauer" ihren Klassiker "Wall City Rock", damals als Berlin noch Berlin war.

  • C
    Celsus

    Komisch nur, dass die Anforderungen des sogenannten Verfassugnssschutzes daran vorbeigehen, was Juristen als kämpferische Gesinnung gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und damit Verfassungsfeindlichkeit verstehen.

     

    Da werden dann Dinge an der LINKEN ausgesetzt, die mitnichten dazu führen, dass da einzelne Mitglieder geschweige denn die ganze Parei als verfassungsfeindlich eingestuft wird. Und wie wir aus dem NPD-Verbotsverfahren wissen, werden die schlimmsten Äußerungen dann beobachteten Parteien von V-Leuten und Verfassungsschützern in den Mund gelegt.

     

    Das Innenministerium kann freilich nicht als verfassungsfeindlich verboten werden. Aber wie wäre es denn damit, dass da mal eine_r Innenminster_in wird, der oder die über jeden Zweifel erhaben ist und auf solche Touren verzichtet? Das ist nicht nur eine Geschmacksfrage. Das ist eine Frage von Demokratie und Rechtsstaat.

     

    Geradezu wudnerlich aber ist es, wenn nicht Parteien beobachtet werden, die die Axt an den Nerv unserer Demokratie legen und verhindern wollen, dass da über die Konkurrenzpartei SPD berichtet wird. So geschehen aus Anlass eines SPD-Parteitages.

     

    Es ist ja nicht so, dass mir die SPD am Herzen liegen würde. Allerdings werden alle aufrechten Demokrat_innen dieses Verhalten zutiefst verachten.

     

    Bei den Burschenschaften wird oft rechtsextremes Gedankengut verbreitet. Berichtet wurde ja, dass da ganze Verbandsteile die Einführung eines Ariernachweises haben wollen. Hier stellen sich die Innenminsiterien blind, die ja schon bei den Grünen und heute bei der LINKEN mit phantasiereichen Begründungen in den Krümmeln suchen. Scheinbar sind die Innenministerien ganz unbeleckt von den Erkenntnissen ihrer mit summa cum laude promovierten Spitzenjuristen.

  • W
    Weinberg

    Ist es zutreffend, dass der Verfassungsschutzbericht von MitarbeiterInnen des Verfassungsschutzes, die über einen Sonderschulabschluss verfügen, verfasst wurde?

  • E
    Egal

    Wundert einen ein solcher Bericht von einem Verein der aktiv rechtsextreme Terroristen und Mörder unterstützt? In einer rechtsstaatlichen Demokratie wäre der Verfassungsschutz verboten!

  • I
    I.Q

    Marx und Engels als Terroristen,

    der Verfassungsschutz entpuppt sich wieder mal als der intellektuelle Höhenflug der herrschenden Gesinnung.

     

    Da lacht der Ackermann und lässt sich das Eisbein schmecken.