Verkehr: Tegel wird Großflughafen
Weil der BER vorerst nicht eröffnet, soll Tegel für bis zu 50 Millionen nachgerüstet werden.
Eigentlich sollte Tegel schon seit sieben Monaten geschlossen sein – doch jetzt wird dort noch einmal investiert. Mit dem Geld soll die Situation „bei den Gebäuden, bei den Gepäckbändern, bei der Anfahrt“ verbessert werden, so Oliver Friederici, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Das 1974 eröffnete Hauptgebäude ist an vielen Stellen marode. Am nächsten Mittwoch entscheidet der Aufsichtsrat offiziell über die Investitionen in Höhe von 30 Millionen Euro, eine Zustimmung gilt als sicher.
Noch unklar ist hingegen, ob zusätzlich auch Terminal C 3 abgerissen und für 20 Millionen Euro durch einen größeren Bau ersetzt wird. Das provisorische Terminal wurde erst im Jahr 2011 gebaut, es besteht aus einer bierzeltgroßen Halle mit sechs Gates. Der Neubau würde helfen, die weiter steigenden Passagierströme zu bewältigen.
Oliver Friederici ist für den Ausbau. „Der Flughafen ist an der Kapazitäts- und Belastungsgrenze“, sagt der CDU-Politiker. Das überrascht – noch im Januar hatte der Landesvorstand seiner Partei die Flughafengesellschaft aufgefordert, bei den Flughäfen Tegel und Schönefeld „alle Möglichkeiten einer für die Anwohner gerechteren Verkehrsverteilung zu nutzen“. In dem Beschluss heißt es: „Mehr als 300 Flugbewegungen in Tegel gegenüber weniger als 100 Bewegungen in Schönefeld stellen keine befriedigende Situation dar.“ Vor allem auch deshalb, weil in Tegel viel mehr Anwohner betroffen sind. Im Südosten Berlins wären auch noch Kapazitäten frei: „Schönefeld ist zu 35 Prozent ausgelastet“, erklärt Gesine Schulte-Nossek, Sprecherin der bundesweiten Flughafenkoordination.
Erst die Verlagerung fordern und jetzt Tegel ausbauen wollen – Friederici sieht darin keinen Widerspruch. Von den C-Terminals fliege schließlich die expandierende Fluggesellschaft Air Berlin. Für das Unternehmen sei es nicht sinnvoll, einige Flüge nach Schönefeld zu verlegen: Das Umsteigen wäre nicht mehr so leicht möglich. Und für den kompletten Umzug von Air Berlin würden in Schönefeld die Kapazitäten nicht reichen.
Friederici hofft darauf, dass stattdessen kleinere Airlines den Flughafen wechseln und von dort ihren Pauschal- oder Linienverkehr anbieten. Vorschreiben kann die Flughafengesellschaft das nicht. Eine Airline kann frei entscheiden, welchen Flughafen sie anfliegt, solange dort noch Kapazitäten frei sind – so gibt es eine EU-Richtlinie vor. Friederici fordert allerdings, die Anreize für einen Wechsel des Flughafens zu vergrößern: indem die Flughafengesellschaft ihre Preise noch weiter spreizt und die Landung in Tegel teurer beziehungsweise in Schönefeld billiger macht.
Anwohner des Flughafens Tegel klagen unterdessen über größeren Lärm durch mehr Flüge gerade spät am Abend und früh am Morgen. 28 Anwohner haben inzwischen bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt beantragt, dass sie entweder bessere Lärmschutzfenster oder eine finanzielle Entschädigung erhalten. 10 Anträge davon sind bisher bearbeitet. Die Flughafengesellschaft maß bei allen Anwohnern den Lärm. In allen zehn Fällen „lagen Ergebnisse unterhalb der festgelegten zulässigen Grenzwerte, zum Teil sogar deutlich darunter“, erklärt Petra Rohland, Sprecherin von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD). Die Anträge wurden daher alle abgelehnt.
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