Kommentar Slowenien: Musterland, auch bankrott
Die aus der Linken kommende slowenische Ministerpräsidentin will keine Diktate der EU akzeptieren. Dabei ist sind Kompromisse erforderlich.
U nter den Rettungsschirm schlüpfen zu müssen, das wollte der bisherige konservative Ministerpräsident Janez Jansa unbedingt vermeiden. Auch seine aus dem linken Lager stammende Interimsnachfolgerin Alenka Bratusek will keine Diktate der EU akzeptieren. Doch selbst nach dem Rücktritt der Regierung bleibt völlig unklar, wie Slowenien seine wirtschaftlichen und politischen Problemen lösen will.
Die Politiker aller Parteien im ehemaligen EU-Musterland „auf der sonnigen Seite der Alpen“ haben die Entwicklungen des letzten Jahrzehnts verschlafen – man hat nicht vorausgesehen, dass die Märkte der auf Export nach Südosteuropa und in den Mittelmeerraum ausgerichteten Industrie des Landes einbrechen würden.
Sie taten nichts, um die eigenen Banken davon abzuhalten, auf globaler Ebene mitzumischen. Und sie waren unfähig, rechtzeitig eine gesellschaftliche Diskussion über die ausufernden Sozialsysteme zu führen. Grund dafür ist auch die Zersplitterung des politischen Systems und einer politischen Kultur, in der nur schwer politische Kompromisse zu erzielen sind.
Die tiefen Gräben zwischen linken und rechten Parteien klaffen seit dem Zweiten Weltkrieg, als das Lager der antifaschistischen Partisanen und das der antikommunistischen Nationalisten gegeneinanderstanden.
Seit der Unabhängigkeit 1991 versuchen Gewerkschaften und linke Parteien die sozialen Errungenschaften des Sozialismus zu verteidigen, rechte Parteien und die Neoliberalen lassen mithilfe der Kirche nichts unversucht, genau diese abzuschaffen. Um der Globalisierung und der europäischen Krise zu begegnen, braucht man eine offene Diskussionskultur.
ist Korrespondent der taz für Südosteuropa.
Auch in Slowenien ist bei allen Parteien Kompromissfähigkeit und Fantasie für neue Lösungen erforderlich. Zu viel steht auf dem Spiel.
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