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Wikileaks-Prozess in den USABradley Manning gesteht ein bisschen

Der mutmaßliche Wikileaks-Informant Manning bekennt sich in Teilen der Anklage schuldig und erläutert das Ziel seines Handelns: eine Debatte über die US-Außenpolitik.

Bradley Manning vor Gericht in Fort Meade. Bild: reuters

FORT MEADE dpa | Der wegen Geheimnisverrats angeklagte US-Soldat Bradley Manning hat zugegeben, Hunderttausende Dokumente an die Enthüllungsplattform Wikileaks übergeben zu haben. Er habe damit eine „öffentliche Debatte“ über die amerikanische Diplomatie und Verteidigungspolitik lostreten wollen, sagte der 25-Jährige Obergefreite am Donnerstag bei einer Anhörung vor dem Militärgericht in Fort Meade, im US-Bundesstaat Maryland.

„Ich glaubte, die Depeschen würden uns nicht schaden, aber sie würden peinlich sein“, sagte Manning in einer langen Erklärung, in der er seine Beweggründe verdeutlichte. Zuvor hatte er sich in zehn weniger schweren von 22 Anklagepunkten schuldig bekannt.

Auf die schwerwiegendste Anschuldigung, „den Feind unterstützt“ zu haben, ging er nicht ein. Manning sagte auch, dass er seine Informationen der New York Times und der Washington Post angeboten hatte, bevor er sie an Wikileaks gab.

Mit dem Teilgeständnis erhoffe er, einen Vergleich mit einer geringeren Haftstrafe erzielen zu können, meinten Beobachter im Gericht. Die Richterin erkannte die Geständnisse an.

Lebenslange Haft droht

Für jeden gestandenen Anklagepunkt drohen ihm etwa zwei Jahre Haft. Wegen der anderen, schwereren Vergehen könnte er zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden. Die Ankläger kündigten an, dass sie an ihren Punkten festhalten wollen. Sollte es zu keinem Vergleich kommen, soll der eigentliche Prozess frühestens am 3. Juni beginnen.

Dem ehemaligen Geheimdienst-Analysten der US-Armee wird vorgeworfen, während seiner Stationierung im Irak Wikileaks mit 700.000 größtenteils geheimen Dokumenten versorgt zu haben.

Darunter waren sowohl Videos von Luftangriffen im Irak und in Afghanistan, auf denen das Militär Zivilisten tötete, als auch Berichte über Gefangene in Guantánamo und rund eine Viertelmillion Depeschen von amerikanischen Diplomaten.

Beweislage ist eindeutig

Die Anklage macht geltend, es gebe erdrückende Beweise, dass Manning „konstant, bewusst und methodisch“ interne Dokumente aus regierungseigenen Computern gezogen und dann weitergegeben habe. US-Medien sprechen vom schwersten Fall von Geheimnisverrat in der amerikanischen Geschichte. Antikriegsaktivisten und Bürgerrechtler loben Manning jedoch für seine Taten.

Im Januar hatte der Soldat einen juristischen Erfolg vor Gericht erstritten: Die Militärrichterin hatte bestätigt, dass seine ursprünglichen Haftbedingungen nicht korrekt waren. Sie erließ ihm 112 Tage einer zukünftigen Haftstrafe. Seine Verteidiger hatten allerdings gefordert, wegen der schlechten Behandlung die Anklage fallenzulassen.

Manning hatte nach seiner Verhaftung acht Monate bis April 2011 im Militärgefängnis von Quantico, Virginia, gesessen. Dort musste er nach eigenen Angaben bis zu 23 Stunden am Tag in Einzelhaft verbringen und nackt in seiner Zelle schlafen.

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6 Kommentare

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  • M
    Martin

    @Zev: Möge Zev auf den guten Gedanken kommen, ein bisschen Hannah Arendt zu lesen. Nur ein bisschen.

  • MH
    Marco Hoffmann

    Bradley hat wget -m; tar -jtf weil ihm die maschinen immer abgeschmiert sind und dann

     

    b.manning:

     

     

    "

    I once read a and used a quote on open diplomacy written after the First World War and how the world would be a better place if states would avoid making secret pacts and deals with and against each other.

     

    [...]

     

    The content of two of these documents upset me greatly. I had difficulty believing what this section was doing.

    "

    http://www.alexaobrien.com/secondsight/wikileaks/bradley_manning/pfc_bradley_e_manning_providence_hearing_statement.html

     

    Er erzählt von seiner ausbildung und dass er alles so gemacht hat, wie er es gelernt hat - hochmotiviert und engagiert und dann entdeckt er etwas, das der taz bis heute quer am arsch vorbeigeht und handelt im Sinne seines Arbeitgebers - das kann nur mit freispruch enden.

  • S
    sigibold

    Das Herr Manning wegen der Veröffentlichungen angeklagt werden würde, muss ihm sicher bewußt gewesen sein. Die Schande der USA bei diesem Fall liegt in der brutalen unmenschlichen Behandlung von Herrn Manning. Die Usa entfernt sich leider immer weiter von den Menschenrechten, die sie einst so hoch gehalten hat. Darüber kann man nur noch Trauer empfinden.

  • Z
    Zev

    Egal wie man persönlich zu den Taten des Herren stehen mag, Fakt ist nun einmal, dass er, sofern er diese Dinge nach außen getragen hat, Geheimnisverrat begangen hat. Und zu den Spielregeln, die man ihm zu Beginn seines Militärdienstes durchaus auch erklärt hat, gehört nun einmal, dass es böse Konzequenzen hat, wenn man sich nicht daran hält. Und er hat sich nun nicht daran gehalten. Ob man ihn dafür nun bewundern oder hassen mag, diese Konsequenzen hat er nun zu tragen. Immerhin hat er insofern Glück, dass man ihn nicht kurzerhand standrechtlich erschießt (in manchen Ländern bestraft man Verrat noch immer so...) oder im Vorfeld einen bedauerlichen Unfall erleiden ließ (was gerüchteweise ja auch vorkommen soll)...

  • BG
    Bernd Goldammer

    Für mich ist Bradley Manning ein Held. Ohne seine mutige Tat wäre das menschenverachtende Vorgehen der US- Armee sehr schwer aufzudecken gewesen. Das der Aufklärer, und nicht die befehlsgebenden Verantwortungsträger auf der Strafbank sitzt, sagt doch alles. Im Übrigen darf man davon ausgehen, dass Bradley Manning durch die bestialischen Haftbedingungen weichgekocht worden ist.Menschlich ist das gut zu verstehen.

  • P
    Pressefreiheit

    Manning sagte auch, dass er seine Informationen der New York Times und der Washington Post angeboten hatte, bevor er sie an Wikileaks gab.

    Das zeigt,was von der sogenannten "Freien Presse"

    zu halten ist.Na Taz,wie wärt ihr damit umgegangen?

    Für mich ist der Mann ein Held.