Der neue „Stern“: Per Nordwind in die Jetztzeit
Der „Stern“ hat mit Dominik Wichmann einen neuen Chef. Und dank eines monatelangen Umbaus seit heute auch ein neues Design. Ein Blick ins Heft.
Ab dem 14. März gibt es einen neuen Stern. Wie ernst meint es das Magazin mit der Renovierung? Die Antwort gibt’s gleich auf Seite fünf des aufgehübschten Hefts (Einstiegspreis: 1 Euro), sie liegt in den Augen von Neu-Chefredakteur Dominik Wichmann. Sie heißt: sehr ernst.
Beinah beängstigend entschlossen starrt er da den Leser an. Vom Magazin der Süddeutschen Zeitung gekommen, baute Wichmann das Gruner+Jahr-Blatt in wenigen Monaten um: Die Redaktion, das Heft, das Image – wenn auch immer traditionsbewusst: Stern-Gründer Henri Nannen wurde nicht nur einmal zitiert.
Die Umbauarbeiten bekamen einen geheimniskrämerischen Namen: das Projekt Nordwind. Eine Entwicklungsredaktion begab sich in Konklave und diskutierte, wie man das Magazin, dessen verkaufte Auflage im vierten Quartal 2012 nur noch bei 788.621 Exemplaren lag (nach 816.961 im Vorjahreszeitraum), in die Jetztzeit hieven kann.
Während anfangs noch große Bewunderung für den neuen Macher Wichmann zu hören war – charismatisch! klug! mitreißend! –, murrte zuletzt der eine oder andere in der Stern-Redaktion am Hamburger Baumwall. Jede Reform hat ihre Opfer – und jeder Charismatiker Schwächen. Seit Donnerstag liegt das Ergebnis der Reform an den Kiosken. Und wie groß der Ärger am Baumwall auch immer war, er hat sich von außen betrachtet gelohnt.
Der Stern wirkt frisch, großzügig und klar – wenn auch manchmal, rein optisch, wie die Neon. Er überrascht mit intelligenten Formaten. „Auf dem Weg zur Arbeit“ ist so eins. Der Stern begleitet Produzent Nico Hofmann auf seinem Weg von Berlin nach Potsdam-Babelsberg, 55 Minuten gut erzählter Alltag.
Im Politik-Teil erinnert sich Michail Gorbatschow in einem großen Interview, das jetzt „Stern-Gespräch“ heißt, an seine Kindheit. Unter dem Gespräch werden die Autorinnen (mit Foto) vorgestellt, wie auch unter anderen Texten im Heft. Die Macher kommen dem Leser nah. Auch für Fotos nimmt sich der neue Stern Platz. Auf sieben Doppelseiten präsentiert das Heft das Alterswerk des brasilianischen Fotografen Salgado. Auch das ist, wie vieles am neuen Stern, ein Genuss.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Protest in Unterwäsche im Iran
Die laute Haut
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Krise der Ampel
Lindner spielt das Angsthasenspiel