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Kommentar DrohnenVom Traum zum Albtraum

Kommentar von Otfried Nassauer

Drohnen seien bezahlbar, effektiv und ressourcenschonend, glaubte das Verteidigungsministerium. Probleme bei der Zulassung hingegen wurden ignoriert.

Bleibt am Boden: ein Exemplar der 500 Millionen Euro teuren Drohne Euro-Hawk. Bild: dpa

V or wenigen Monaten noch waren sie die große Hoffnung der Luftwaffe. Drohnen gehöre die Zukunft, hieß es. Zunächst zur Aufklärung, dann für den Kampf gegen Bodenziele und schließlich für den Luftkampf. Bezahlbar, effektiv, ressourcenschonend und ideal für asymmetrische Kriege, wie sie Hightech-Länder gegen technologisch unterlegene Gegner führen. Der Traum ist ausgeträumt. Vorläufig. Er wird gerade zum Albtraum derer, die ihn zu intensiv geträumt haben.

Das Debakel um die mehr als 500 Millionen Euro, die in die Euro-Hawk-Drohne „fehlinvestiert“ wurden, ist nur der Anfang. Es kommt schlimmer. Der Euro Hawk basiert auf dem US-Modell Global Hawk. Auf diesem Luftfahrzeug beruht auch das Nato-System AGS.

Gegen große Skepsis und mit viel Einsatz setzte Verteidigungsminister Thomas de Maizière im Frühjahr 2012 die Beschaffung durch. Der deutsche Kostenanteil für dieses System beläuft sich auf rund eine halbe Milliarde Euro. De Maizière plante, zusätzlich zu den fünf Drohnen der Allianz vier weitere zu beschaffen, um sie der Nato im Bedarfsfall zur Verfügung zu stellen. Finanziert mit deutschen Steuergeldern. Daraus wird wohl nichts.

Der Global Hawk kann wahrscheinlich ebenso wenig mit einer Zulassung rechnen wie der Euro Hawk. Eines allerdings ist anders: Als der Global Hawk 2012 bestellt wurde, wusste das Verteidigungsministerium um das Problem mit der Zulassung. Es sagt selbst, dies sei im Jahr 2011 klar geworden. Bei AGS lief man also sehenden Auges in die Katastrophe.

Auf absehbare Zeit keine Zulassung

Noch im Frühjahr 2013 bereitete das Ministerium die nächste Fehlentscheidung vor: Vor der Bundestagswahl sollte im Hauruckverfahren die Entscheidung fallen, bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr zu kaufen. Auch diese Drohnen hätten in Europa auf absehbare Zeit keine Zulassung erhalten. Thomas de Maizière liebt es offenbar, den Lemming zu spielen.

Klar ist: Seit Mitte des letzten Jahrzehnts arbeitet die EU am Single European Sky, dem einheitlichen europäischen Luftraum, und seiner technischen Umsetzung Sesar für das Luftverkehrsmanagement. Mit diesem Mammutprojekt werden auch die Standards und Rahmenbedingungen definiert, an denen sich die Integration von Drohnen orientieren muss. Dass dies seine Zeit braucht, hätten sich die Luftwaffenplaner denken können. Aber sie hielten sich selbst wohl wieder einmal für eine Force Majeur – für eine höhere Gewalt.

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9 Kommentare

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  • IM
    irre Misswirtschaft

    Bleibt nur die Frage wer mit oder in einem Albtraum lebt wenn solch bewaffnete Drohnen dauerhaft über dem heiligem viertem Reich der Dystopie schweben.

     

    In Wirklichkeit soll das nur ein modernes Verkehrsleitsystem werden.

    Galileo, das moderne GPS System ist scheinbar gescheitert.

    Darauf basierend haben Mercedes und BMW den Traum des entmündigten Autofahrer, das völlig automatische Leitsystem für Fahrzeuge aller Art. Kann jedes Baby dank Galileo fahren. So zumindest paar interne Veröffentlichungen.

    Zahlbar durch den Steuerzahler und Autofahrer.

    Wer verdient doppelt und dreifach? Uups die Alten mit braunen Kragen namens BMW, Quandt und paar andere.

     

    Die nächste Frage, welche HF-Radarleistung spucken die Systeme der Drohnen heraus, vor allem wohin.

     

    Da soll einer erzählen das die Militär-Autoindustrie keine echten Visionen gepaart mit Paranoia haben.

    Schwebt "Die Glocke" auch Repulsine genannt im Weltraum oder nicht?

  • T
    tommy

    Das ist doch bloß ein Problem, weil Deutschland so überreguliert ist. Wieso braucht das Ding denn Kollisionsschutz? Flugzeuge sollen eben einfach ausweichen, wenn Sichtkontakt besteht. Deutschland darf sich bei der Drohnentechnik (DIE Kriegswaffen der Zukunft!) nicht abhängen lassen.

  • V
    vic

    Sie wollen wie immer unser Bestes (sagen sie), und ich fürchte sie werden`s kriegen. Früher oder später.

  • P
    PeterWolf

    Ich würde mich freuen, hier mal mehr Fakten lesen zu können.

     

    Z.B. Könnte die Drohne technisch mit Antikollisionstechnik wie TCAS ausgerüstet werden, wenn nein warum nicht, wenn ja, warum wird sie es trotzdem nicht?

    Warum können Natoflugzeuge auch ohne EASA Zulassung im europäischen Luftraum fliegen? (Also eine baugleiche Drohne der amerikanischen Streitkräfte kann in hiesigen Lufträumen sehr wohl fliegen, eine deutsche nicht)

    Warum dürfen (auch deutsche) militärische Flugzeuge im unteren, nichtkontrollierten Luftraum nach Sichtflugbedingungen bei derart hohen Geschwindigkeiten operieren, die (tödliche) Kollisionen unvermeidlich machen und für zivile Flugzeuge verboten sind? Beispiele?

     

    Warum bedürfen ausschließlich Inhaber deutscher Fluglizenzen einer ZÜP, alle anderen (also deutsche und nichtdeutsche) nicht?

     

    Was ist eine CAMO, ein IHP und gibt es das auch für Drohnen?

    Auch für Natodrohnen und wer ist da freigabeberechtigt?

     

    Könnten theoretisch Gastflüge gegen Kostenbeteiligung mit Drohnen auch ohne CPL durchgeführt werden? (Also gemeint ist mitgucken auf den Monitor)

     

    Wenn es demnächst statt dem alten PPL ©, seit einiger Zeit ersetzt durch den GPL, den LAPL(S) oder einen SPL gibt, letztere für Luftfahrtzeuge bis 2 Tonnen Abfluggewicht:

    Wird es dann auch neue Zulassungsbestimmungen geben, die solchen Flugzeugen wieder eine Zulassungsmöglichkeit gibt, weil sonst der Schein ja Blödsinn wäre?

     

    Und auch, wenn die europäische Gesetzgebung bereits seit April letztes Jahr gilt und nur durch eine "Optout" in Deutschland verzögert ist, wann werden wir das alles überhaupt je erfahren?

     

    Wird das LBA die neuen Verwaltungsvorschriften für die Medicals (mangels personeller und materieller Resourcen) jemals umsetzten können?

     

    Wie meistens ratlos.

  • B
    Brumm

    Korrektur lesen vorm veröffentlichen - und es würde in der Unterschrift der Schlagzeile nicht mehr heißen: "Drohen seien bezahlbar [...]".

  • C
    Celsus

    Wenn ich das richtig sehe, startete das Projekt unter dem Verteidigungsminister Struck (SPD). Hier gab es doch anscheinend schon keine Vorgabe, die eine Kollisionsfreiheit im Luftraum garantierte. Keine Kleinigkeit, die da vergessen wurde - oder?

     

    Freilich hätten die nachfolgenden CDU-Minister diese Kleinigkeit ebenfalls mal bemerken sollen und nachjustieren müssen.

     

    Wäre es ein Erfolg gewesen, würden sowohl CDU als auch SPD ihre Vaterschaft proklamieren. Da es ein Misserfolg war, wird es aber ein Waisenkind bleiben.

  • S
    Stratege

    Das ist doch kein Desaster, sondern eine Riesenchance!

     

    Wenn EADS nun ein automatisches Kollisionswarnsystem entwickelt - dann wird das ein neuer Exportschlager!

     

    Der Verteidigungsminister sollte die Drohne zum NATO-Projekt machen und weiter vorantreiben!

     

    Es ist sehr viel umweltfreundlicher, den Luftraum mit 1-2 Drohnen zu überwachen, als ständig mit anderen Kampfjets CO2 und Abgase in die Luft zu peseten.

     

    Vor allem: es spart jedes Folgejahr mehrere hundert Millionen Traibstoffkosten ein!

  • C
    Clausewitz

    Das Geld ist verbrannt.

     

    An der Zukunft der Drohnen und robotisierter Kriegführung ändert das:

     

    rein garnichts.

  • K
    Kotzbrech

    Das ist doch - nach dem ,was man bisher dazu lesen kann - kaum zu glauben . Wie sagt man sonst so schön-makaber : Da werden Köpfe rollen müssen . Als erster der von L. de Maizière . (...teure "Frührente" , noch mehr Schaden ).

    Können die Überflieger-Großkotzdeppen eigentlich auch zum Schadenersatz herangezogen werden ? Oder werden auch die Staatssekretäre nur in den einstweiligen Ruhestand geschickt ? Mit vollem Salär ? Man will es nicht glauben ...