Vertiefung von Weser & Elbe: Baggern nach dem Konsens
Die geplanten Vertiefungen von Weser und Elbe verzögern sich. Unterdessen will sich die Behörde in Sachen Weser mit dem Umweltverband BUND einigen.
Martin Rode gibt sich entspannt: „Wir haben bei der Weservertiefung gute Karten“, sagt der Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Bremen. Er warte in Ruhe auf ein Angebot der planenden Bundesbehörde Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Nordwest in Aurich (WSV), wie der juristische Konflikt um die geplante Ausbaggerung der Hafenzufahrten von Bremen, Brake und Bremerhaven gelöst werden könnte. WSV-Sprecherin Eva Hülsmann bestätigt: Die Behörde prüfe, „ob und wie ein Konsens mit dem BUND erreicht werden könnte“. Sie gehe davon aus, dass „schon bald ein Gesprächstermin vereinbart werden kann“.
Das wird notwendig sein, denn am 11. Juli will das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das vor Pfingsten bereits drei Tage lang über die Klagen des Umweltverbandes und anderer Kläger gegen die Ausbaggerungspläne verhandelt hat, eine Entscheidung verkünden. Entweder wird dann „ein Planungsstopp verhängt“, so BUND-Anwalt Rüdiger Nebelsieck, oder der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg eingeschaltet. Beides würde die geplanten Vertiefungen der Weser und auch der Elbe mindestens ganz erheblich verzögern. Deshalb sei die WSV „unter Druck, ein Angebot für eine außergerichtliche Einigung vorzulegen“, sagt Rechtsanwalt Nebelsieck.
In der mündlichen Verhandlung hatte das Bundesverwaltungsgericht Fehler bei der Planung der Weservertiefung bemängelt. Die Richter ließen es allerdings offen, ob diese Fehler das gesamte Vorhaben ins Wanken bringen oder nachträglich korrigiert werden können. Konkret kritisierte der 7. Senat in Leipzig, dass die Planer die Ausbaggerung der Außen- und der Unterweser als ein Vorhaben zusammengefasst hatten, statt zu unterscheiden zwischen den drei Abschnitten Nordsee-Bremerhaven, Bremerhaven-Brake und Brake-Bremen. Anstelle von drei Umweltverträglichkeitsprüfungen habe es so nur eine einzige gegeben.
Die Vertiefungen von Weser und Elbe sollen die Erreichbarkeit von vier Häfen für Großcontainerschiffe sichern.
Außenweser: Sie soll auf 65 Kilometern Länge so ausgebaggert werden, dass Schiffe mit einem Tiefgang von 13,5 Metern tideunabhängig Bremerhaven anlaufen können.
Unterweser: Sie soll auf 57 Kilometern Länge so vertieft werden, dass der niedersächsische Hafen Brake von Schiffen mit 12,8 Metern Tiefgang und Bremen von Schiffen mit 11,1 Metern Tiefgang tideabhängig zu erreichen ist.
Unterelbe: Sie soll auf 120 Kilometern Länge so vertieft werden, dass der Hamburger Hafen von Schiffen mit einem Tiefgang von 13,5 Metern tideunabhängig angelaufen werden kann.
Zudem ist aus Sicht der Bundesverwaltungsrichter zu prüfen, inwieweit die Wasserrahmenrichtlinie der EU durch das Vorhaben verletzt wird. Diese enthält ein sogenanntes „Verschlechterungsverbot“ für den ökologischen Zustand von Gewässern. Eine Vertiefung aber führe zu erheblichen Verstößen gegen europäisches und deutsches Naturschutzrecht, argumentieren die Kläger.
Nach Einschätzung von Nebelsieck tendiert das Leipziger Gericht dazu, diese Fragen dem EuGH vorzulegen. Das Luxemburger Gericht müsste klären, wie das Verschlechterungsverbot genau zu verstehen und anzuwenden sei. „Diese Auslegung wäre dann verbindlich für alle Gerichte und auch für andere Fälle“, sagt Nebelsieck.
Und damit auch für die Elbvertiefung, über die das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls im Herbst verhandeln will. Für diese hatte Leipzig im Oktober einen vorläufigen Baustopp verhängt. Es müsse geprüft werden, ob die geplanten Eingriffe in die Natur „bei einer späteren Einstellung der Ausbauarbeiten ohne Weiteres wieder umkehrbar seien“, erklärten die Richter. Deshalb sei der Baustopp erforderlich – um irreversible ökologische Schäden an der Unterelbe zu verhindern.
Auch hier haben die Kläger – neben dem BUND der Naturschutzbund – Oberwasser. „Wir warten erstmal gelassen die Entscheidung zur Weser ab“, sagt Paul Schmid, Sprecher des Hamburger BUND. Bislang seien noch nicht einmal alle Ausgleichsmaßnahmen für die Elbvertiefung im Jahr 1999 umgesetzt worden. „Der Sauerstoffhaushalt der Elbe ist nachweislich schlechter geworden und das Problem des Hafenschlicks größer“, sagt Schmid. Deshalb sei eine weitere Verschlechterung der ökologischen Situation „nicht akzeptabel“.
Die Hamburger Wirtschaftsbehörde äußert sich reserviert. Aus der Verhandlung über die Weser ließen sich „keine unmittelbaren Konsequenzen“ für die Elbvertiefung ableiten.
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