Neue Studie des Instituts AGP: Auffangstation Kinderhospiz
Nur wenige schwerkranke Kinder kommen ins Hospiz, um dort zu sterben. Eltern nutzen Einrichtungen für „Auszeit“ von der Pflege zu Hause.
BERLIN taz | Die ergreifenden Bilder von krebskranken Kindern im Endstadium, die in einem Kinderhospiz ihre letzten Tage verbringen, entsprechen laut einer Befragung des Instituts AGP Sozialforschung nur teilweise der Wirklichkeit. „Die Belegung in den Kinderhospizen ist sehr gemischt“, sagte Thomas Klie am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung der Studie.
Klie hatte in drei Regionen Deutschlands – Ostwestfalen-Lippe, Berlin und Stuttgart – die Inanspruchnahme von Kinderhospizen und ambulanten Diensten erforscht. „Nur die wenigsten Kinder sterben in den Hospizen“, so Klie. Manche Eltern von schwerkranken oder schwerbehinderten Kindern nutzen die Einrichtungen vielmehr für eine „Auszeit“ von der Pflege zu Hause.
In der Region Ostwestfalen-Lippe etwa hatten in einem Kinderhospiz von 122 Fällen 29 Kinder schwere Behinderungen, 11 hatten Gendefekte, ein Kind litt unter einer Krebserkrankung. In 51 Fällen gab es eine „psychosoziale Indikation“, etwa wenn die Familien mit der Betreuung des Kindes überfordert waren. In der „Lebensendphase“ befanden sich dagegen nur 11 Kinder.
So gemischt wie die Patientengruppen fällt auch die Finanzierung der Hospize aus: Zu 50 Prozent werden die Einrichtungen durch Spenden getragen, sagte Sabine Kraft, Geschäftsführerin des Bundesverbands Kinderhospiz. Ansonsten wird der Aufenthalt bei den Kranken- oder Pflegekassen als palliativ-medizinische Hospizleistung, Kurzzeitpflege oder auch über die Jugendhilfe abgerechnet, erklärte Klie.
Insgesamt gibt es in Deutschland 12 Kinderhospize. Im Schnitt haben die Einrichtungen 8 bis 10 Plätze und sind zu 80 Prozent belegt. Dennoch müssen Betroffene je nach Region teilweise jahrelang auf einen Platz im Kinderhospiz warten, sagte Kraft.
Die Erhebung Klies ergab auch einen großen Mangel in der ambulanten Versorgung. Es fehle an Krankenschwestern und Kinderärzten, die sich mit der palliativen Behandlung der Kinder auskennen und die Familien beim Sterbeprozess betreuen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!