Asylpolitik in Brandenburg: Kein Platz für Flüchtlinge
Das neue Konzept zur Unterbringung von Flüchtlingen in Brandenburg geht auf Abstand zu seinen ursprünglichen Zielsetzungen. Opposition und Flüchtlingsrat betrachten es als gescheitert.
Es war – nach mehrmonatiger Verlängerung der Beratungszeit – dringend erwartet worden: das neue Unterbringungskonzept Brandenburgs für Flüchtlinge. Auch in dem dünn besiedelten Land stellt eine wachsende Zahl Schutzsuchender die Kommunen bei der Wohnraumversorgung zunehmend vor Probleme. Das 65-seitige Konzept, das Sozialstaatssekretär Wolfgang Schröder vergangene Woche in Potsdam präsentierte, erntet allerdings vor allem heftige Kritik.
„Wir hatten endlich ein Unterbringungskonzept erwartet und erhielten einen Bericht über das Scheitern eines solchen“, sagt etwa die sozialpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen im Brandenburger Landtag, Ursula Nonnemacher. Das vorrangige Ziel des neuen Konzepts, Flüchtlinge in Wohnungen statt in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen und so ihre Integration zu erleichtern, sei „auf den Sankt Nimmerleinstag in der nächsten Legislaturperiode“ verschoben worden.
Tatsächlich macht das Konzept wenig Hoffnung auf baldige Verbesserung der aktuell schwierigen Wohnsituation für Flüchtlinge in Brandenburg. Die Zahl der dem Land von Bundesamt für Migration zugewiesenen Asylsuchenden ist vor dem Hintergrund bundesweit steigender Flüchtlingszahlen von 570 im Jahr 2007 auf 1.700 2012 gestiegen. Wohnheime sind überfüllt, vielerorts werde der seit 20 Jahren geltende Schlüssel von sechs Quadratmeter Wohnraum pro Person nicht mehr eingehalten, klagt der Landesflüchtlingsrat. Auch für soziale Betreuung sei nicht ausreichend gesorgt.
Vor allem in diesen Punkten sollte das Konzept Abhilfe schaffen. Doch das Papier aus dem Sozialministerium macht keinen Hehl daraus, dass es angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen diese Ziele aufgibt: Die „grundsätzlichen Zielrichtungen“ müssten „vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Unterbringungssituation relativiert werden“, heißt es da. Zudem ergebe sich aus der „heterogenen Situation“ in den Kommunen, „dass es sich bei einem Unterbringungskonzept für das Land Brandenburg nicht um ein auf die Kreisebene heruntergebrochenes Konzept mit detaillierten Vorgaben handeln kann“. Mit anderen Worten: Das Land will den für die Unterbringung verantwortlichen Kommunen gar keine verbindlichen Vorschriften machen. So weisen die Verfasser auch die von Kommunen geäußerten Zweifel an der Finanzierbarkeit der Wohnungsunterbringung zurück: Da das neue Konzept „keine verbindlichen Vorgaben“ an die Kommunen enthalte, gehe auch „die Argumentation zur angeblichen Unterfinanzierung weitgehend in die Irre“. „Das Konzept löst keine Probleme“, sagt Simone Tetzlaff vom Flüchtlingsrat Brandenburg. Es sei „bedauerlich, dass die Landesregierung nicht in der Lage war, etwas Konkreteres zu entwickeln“. Die Konsequenzen trügen weiterhin die Flüchtlinge.
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