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Kommentar PolizeigewaltDer Polizei-Senator

Simone Schnase
Kommentar von Simone Schnase

Ein Polizist verprügelt einen Wehrlosen und seine Kollegen sehen ihm tatenlos dabei zu. Dass gegen sie nicht ermittelt wird, ist für Bremens Innensenator Mäurer (SPD) jedoch kein Problem.

I nnensenator Ulrich Mäurer (SPD) hat den brutalen Polizeieinsatz gegen einen Besucher der Bremer Diskothek „Gleis 9“ verteidigt, denn schließlich, so sagte er gegenüber Radio Bremen, werde ja nur gegen einen Beamten ermittelt. Die Aktion an sich sei „völlig korrekt“ gewesen. Damit gesteht er den anderen sechs Polizisten ein Recht zu, das zivile BürgerInnen nicht genießen. Die wären nämlich dran – wegen unterlassener Hilfeleistung.

Die „völlig korrekt“ handelnden Polizisten haben nämlich tatenlos dabei zugesehen, wie ihr Kollege den bereits überwältigten und am Boden liegenden Mann verprügelte. Die Vorgeschichte, auf die Mäurer in diesem Zusammenhang verwies, ist dabei unerheblich, denn der Beamte – das kann man in der Videoaufzeichnung des Einsatzes deutlich erkennen – verteidigt sich hier nicht mehr gegen einen gewalttätigen Angriff, sondern nur er allein greift an. Und das ist Körperverletzung.

Die Kollegen des Polizisten hätten dafür sorgen müssen, dass er damit aufhört. Sie hätten den Festgenommenen schützen müssen. Wer, wenn nicht die Polizei, muss – auch in den eigenen Reihen – zeigen, wo geltendes Recht aufhört und Selbstjustiz beginnt? Traurig, dass nicht auch gegen diese sechs Beamten ermittelt wird. Noch trauriger, dass der Innensenator das „völlig korrekt“ findet.

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Simone Schnase
Jahrgang 1971, war von 2012 bis 2021 Redakteurin und CvD für taz bremen und taz nord. Hat davor erst in Osnabrück und dann im Emsland fürs Radio gesprochen und gebloggt sowie für die Magazine „Stadtblatt“ und „Emskopp“ geschrieben. Erhielt 2012 den zweiten Alternativen Medienpreis für den Emskopp-Beitrag „Die Emslandlager und ihre Folgen – eine Geschichte von 1933 bis in die Gegenwart“
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6 Kommentare

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  • W
    Weinberg

    Wenn Mäurer demnächst eine Ganzkörper-Massage durch einen seiner Polizisten erhalten sollte ...

  • MB
    Martin Bott

    Die BRD ist kein Rechtsstaat sondern ein totalitärer Unrechtsstaat. Ihr wollt doch wohl nicht Verwaltungsbeamte die Richter und Staatsanwälte spielen als Teil eines Rechtsstaates ansehen? Seit Geschworenengerichte 1924 abgeschafft worden sind, wird in Deutschland vor Gericht ausschließlich ein Theaterspiel vorgeführt um von der Verwaltung vorgegebenen Urteilen und Entscheidungen eine Scheinlegalität zu geben. Oder was glaubt ihr wie die riesige Zahl offen rechtswidriger Urteile zustande kommt?

  • O
    Observer

    @G-man

     

    Dann BLICKEN sie nicht nur ins Bremer Polizeigesetz (oder der anderer BL) sondern LESEN es sowie die entsprechende Ausführungs-VO und sie werden es dann auch BEGREIFEN.

     

    Dann werden auch sie verstehen, dass in dieser Situation der Angriff gegen die bereits am Boden fixierte Person weder erforderlich, noch geeignet und schon gar nicht verhältnismäßig war. Kurzum ein komplett tatbestandsmäßiges, rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des offenbar durchgedrehten Beamten.

     

    Der Staatsanwalt ist auch aufgerufen, gegen die anderen beteiligten Beamten zu ermitteln.

  • G
    G-Man

    Polizisten dürfen auch Gewalt anwenden ohne, dass sie angegriffen werden. Ein Blick in die Polizeigesetze wäre vielleicht zu empfehlen, aber dann kann man wohl nicht mehr so viel meckern...

  • P
    Pff

    Es ist mehr als "traurig", dass nicht gegen diese anderen 6 ermittelt wird. Die Polizeigewalt nimmt überall zu, auch in meiner Stadt. Und die Täter kommen praktisch immer ungeschoren davon.

     

    Der Polizeistaat steht vor der Tür, und morgen sind es dann nicht Leute, die jemand einem Flyer ins Gesicht geworfen haben, die brutal zusammengeschlagen werden. Dann sind es ganz normale Leute und Kinder, die z.B. irgendwas Missverständliches im Netz von sich gegeben haben o.ä.

     

    Mittlerweile glaube ich der Aussage:

    "Das psychologische Profil des durchschnittlichen Polizisten und des durchschnittlichen Gewaltverbrechers sind sich sehr ähnlich."

  • HT
    Holger Thies

    Und noch viel, viel trauriger ist die Tatsache, dass die TAZ das System erst jetzt verstanden hat. In meinen Augen deckt JEDER Polizist ein hoch kriminelles Subjekt, nämlich mindestens Einen Kollegen.

    Nach Kirchenbediensteten auf Platz 3 und Lehrer auf Platz 2, sind für mich Polizisten die, sehr gelinde ausgedrückt, """unsymapthischste""" Berufsgruppe.