Der Sonntaz-Streit: Geschlossene Heime abschaffen?
Drei Jungen flüchten aus der Haasenburg. Sie werfen den Erziehern unter anderem Körperverletzung vor. Sollen geschlossene Heime abgeschafft werden?
Körperverletzung, Demütigungen und Isolation: Die Vorwürfe, die der 15-jährige Nico* gegenüber der Haasenburg GmbH erhebt, wiegen schwer. Gemeinsam mit zwei weiteren Jungen war Nico Anfang Juli aus dem geschlossenen Heim nach Hamburg geflüchtet. Während die beiden anderen bereits kurze Zeit später wieder zurück in die Haasenburg gebracht wurden, steht seit Montag fest, dass für Nico die „Maßnahme Haasenburg“ beendet ist.
In geschlossenen Einrichtungen wie der Haasenburg werden Jugendliche untergebracht, die als schwer erziehbar gelten. 114 Plätze gibt es in den drei Heimen der Haasenburg insgesamt, 56 davon sind für eine geschlossene Unterbringung vorgesehen. Zuletzt sollen insgesamt 70 Plätze belegt gewesen sein. Die erzieherischen Methoden in der Haasenburg umfassen die Isolation und körperliche Maßregelung von Jugendlichen. Neben Nico belasten auch andere Jugendliche sowie ehemalige Mitarbeiter die Haasenburg.
Eine Kommission soll die Anschuldigungen nun prüfen, bis dahin verhängte die zuständige Brandeburger Bildungsministerin Martina Münch (SPD) einen Belegungsstopp für die drei Einrichtungen der Haasenburg, Unterstützung erhält sie dabei von der CDU. Grüne, FDP und Linke in Brandenburg fordern hingegen die Schließung der Haasenburg.
Geschlossene Heime gelten als letzter Ausweg für Jugendliche, bei denen alle anderen pädagogischen Angebote gescheitert sind. Die Stadt Hamburg wende im Durchschnitt eine sechsstellige Summe für Hilfen auf, bevor ein Jugendlicher in ein geschlossenes Heim käme, sagte der Hamburger Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) dem Hamburger Abendblatt. Scheele befürwortet den Erhalt geschlossener Heime. Sie könnten für einige Jugendliche die letzte Chance vor dem Gefängnis und dem endgültigen Abrutschen in die Kriminalität sein und dienten zudem dem Schutz der Bevölkerung.
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Isolation als Chance?
Auch an den Universitäten wird über die geschlossene Unterbringung diskutiert. Die Jugendlichen seien in Pflegfamilien deutlich besser aufgehoben, meinen die einen. Dort könnten sie Liebe und Geborgenheit erfahren. Eine gefängnisähnliche Unterbringung dagegen verstärke die Wut und Auflehnung der Jugendlichen noch. Im Mittelpunkt der Erziehung sollten Selbstbestimmung und Partizipation stehen. Andere halten dagegen: Für Jugendliche mit Bindungsstörungen seien geschlossene Heime eine Chance, um zur Ruhe zu kommen und Beziehungen aufzubauen.
Kann Isolation eine Chance sein? Oder verstärken die erzieherischen Methoden in geschlossenen Heimen die Aggression der Jugendlichen noch? Wie viel Nutzen birgt die geschlossene Unterbringung, wie viel Schaden kann sie anrichten?
*Name geändert
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