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Jurist mahnt angebliche FilmnutzerCDU-Mann trickst mit Porno

Der Oldenburger Ex-Ratsherr Rainer Munderloh (CDU) mahnt im Auftrag einer Porno-Klitsche Internet-User wegen angeblicher illegaler Downloads ab.

Nackte Tatsachen im Blick des Betrachters: Damit lässt sich auf vielfältigen Wegen Geld verdienen, am einfachsten aber offenbar durch Abmahnungen. Bild: dpa

Der Oldenburger Rechtsanwalt und CDU-Politiker Rainer Munderloh ist international tätig – und er verdient sein Geld mit Schmuddelware. Munderloh arbeitet für die in Dublin ansässige RGF Productions Limited und ihren Geschäftsführer Roland Grasl. Die Firma ist in der Pornobranche tätig, und vertreibt Billig-Pornos mit extrem frauenfeindlichen Titeln wie „Junge Mädchen gefesselt und benutzt“, an denen sie die Rechte erworben hat.

In Namen dieser RGF mahnt der ehemalige Oldenburger CDU-Ratsherr und amtierende Beisitzer der Oldenburger CDU-Mittelstandsvereinigung Munderloh seit geraumer Zeit bundesweit tausende Internet-Nutzer wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen ab. Der Vorwurf: Sie sollen illegal pornografische Filme aus Internettauschbörsen heruntergeladen und weiterverbreitet haben.

In seinen Drohbriefen behauptet Munderloh, dass durch das angebliche illegale Herunterladen ein „außergerichtlicher Aufwendungs- und Schadensersatzanspruch“ von über 1.650 Euro entstanden sei. Bei einer gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche würden auf den Beschuldigten weitere Kosten von 2.350 Euro zukommen, so dass sich in diesem Falle „Gesamtforderungen in Höhe von mindestens“ 4.000 Euro ergäben.

Das alles aber sei, gibt Munderloh sich kulant, „mit einer Pauschalzahlung in Höhe von 780,00 Euro“ zu verhindern, die allerdings binnen weniger Tage eingezahlt werden müsse. Werde der Betrag nicht kurzfristig überwiesen, sei „das Angebot meiner Mandantin hinfällig“. Munderloh warnt: „Vergleichsbereitschaft besteht für diesen Fall seitens meiner Mandantin nicht mehr“, und droht auch gleich „strafrechtliche Ermittlungen“ gegen den so Abgemahnten an.

Im Internet häufen sich derzeit die „Informationen zur Abmahntätigkeit der Kanzlei Rainer Munderloh“. Dutzende Anwälte bieten bereits bundesweit Hilfe an. Einer ist der Kieler Strafverteidiger Carsten M. Herrle, der mittlerweile „einige hundert Mandanten vertritt, die von Munderloh abgemahnt wurden“. Er spricht von „Drohgebärden“ seines Berufskollegen. Denn obwohl der mit Abmahnschreiben die gesamte Republik flute, ist Herrle „kein einziger Fall bekannt, in dem Munderloh bislang versucht hat, die angeblichen Ansprüche“ gerichtlich durchzusetzen. Trotzdem rät der Kieler Jurist dazu, sich juristischen Beistand zu nehmen.

Bei seiner Beschäftigung mit den Geschäftspraktiken der RGF Productions Limited ist Herrle aufgefallen, „dass lange Zeit vornehmlich Titel abgemahnt wurden, die im Handel so gut wie nicht zu erwerben waren“. Herrle glaubt: „Es spricht einiges dafür, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen ablief.“

Anwalt und Politiker

Rainer Munderloh war von 1996 bis 2001 für die CDU im Oldenburger Rat. Acht Jahre hatte er den Vorsitz der Oldenburger CDU-Mittelstandsvereinigung inne, noch heute sitzt er in deren Vorstand.

In finanzielle Schwierigkeiten geriet Rainer Munderloh 2008 durch eine "notleidende Immobilienfinanzierung", wie er selbst sagt. Er verlor zeitweise seine Anwaltslizenz, bekam diese 2009 wieder zurück. Kurz darauf spezialisierte er sich auf das einträgliche Abmahnwesen.

Eine Beschwerde bei der Rechtsanwaltskammer ist gegen Munderloh anhängig. Der Vorwurf: Der Anwalt habe Abgemahnte weiterhin direkt unter Druck gesetzt, obwohl sie längst angezeigt hatten, dass sie sich anwaltlich vertreten lassen.

Auffällig ist: Die Dubliner Firma wurde erst gegründet, kurz bevor Munderloh mit der Abmahnungsflut begann. Ihre Schmuddelware ist auch heute nur schwer auf legalem Weg zu bekommen, ihr Umsatz aber vervielfachte sich im vergangenen Jahr. „Es gibt Indizien dafür, dass dieses Umsatzplus über erfolgreiche Abmahnungen und nicht den regulären Verkauf der Filmchen zustande gekommen ist“, sagt Herrle.

Dennoch: Ein Großteil der unter Druck gesetzten Abgemahnten zahlt offenbar anstandslos, gerade wenn es um schmuddelige Pornoware geht. Schon in der Vergangenheit, so der Jurist, habe es immer wieder Firmen gegeben, „deren alleiniges Geschäftsmodell solche Abmahngeschäfte“ gewesen seien. Filme werden dazu bewusst so im Internet platziert, dass User sie leicht illegal herunterladen können. Klicken sie auf den falschen Button, schnappt die Falle zu.

Munderloh hingegen sieht in seiner Tätigkeit nichts Verwerfliches: „Der Urheberrechtsinhaber bestimmt über die Verwertung und die Vervielfältigung – und nicht andere“, lässt er sich in der Nordwestzeitung zitieren. „Erotikprodukte sind sicher ein heikles Thema. Deswegen genießt die Branche aber nicht weniger Schutz als andere.“

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5 Kommentare

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  • J
    Jay

    Ich bin kein Jurist, aber da diese Praktiken mancher Kanzleien schon seit Jahren ein Thema sind, habe ich mich ein wenig damit beschäftigt. Zumal es um Urheberrecht geht, das so auch in anderen Bereichen greift, Texte und Fotos etwa.

     

    Das bloße Herunterladen ist demnach nicht strafbar, höchstens das Wiederverbreiten, was viele Programme automatisch machen. Das kann man aber abstellen. Einfach den Uploadverkehr auf null stellen.

     

    Zwar funktionieren Torrent- und andere Tauschbörsen theoretisch dann irgendwann nicht mehr, weil immer auch genügend Leute fürs Seeden (zur Verfügung stellen) verbunden sein müssen. Auch ist der Download u. U. langsamer, wenn man nicht gleichzeitig hochlädt. Aber viel Material wird international angeboten, also auch im Ausland, wo Nutzer nicht so leicht abgemahnt werden können, es dürfte daher reichen, wenn man geschütztes Material hierzulande nur herunterlädt. Schon haben Abmahnanwälte nichts mehr in der Hand.

     

     

     

    Mir stellt sich die Frage, warum das den Lesern/ Hörern/ Zuschauern in allen Medien nicht deutlich gemacht wird. Als ob verhindert werden soll, dass sich das Thema von selbst erledigt. Immer wieder lese ich Berichte, in denen Redaktionen fälschlicherweise schreiben, es gehe ums Herunterladen, obwohl im Urteil oder dem Text eines Anwalts auf seiner Website zum Thema eindeutig vom Verbreiten die Rede ist.

     

     

     

    Also: Programme für den Upload sperren, schon ist das Thema gegessen.

     

     

     

    Correct me if I'm wrong!

     

     

     

    Ach ja: Wenn obige Werke legal schwer zu bekommen sind oder waren, bevor Munderloh mit dem Abmahnen begann, und die Verbreitung dann schlagartig zugenommen hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass die beteiligte Firma selbst die Werke in Tauschbörsen zur Verfügung stellt und dann bloß auf Leute wartet, die anbeißen. Ihre IP-Adresse müsste sich auch unter den Uploadern befinden. DAS sollte mal jemand recherchieren. Zugegeben, das ist schwer.

    • @Jay:

      Ergänzung zu Ihrem letzten Absatz: Genau das sind die Honeypots,die ich meine. Daß sie eingesetzt werden, zeigt ein Fall aus dem Jahr 2010 (wenn ich mich Recht entsinne). Damals wurde die Leipziger Loggingfirma Ipoque von der Loggingfirma Guardaley beim Anbieten von Files erwischt,was nach ihrer eigenen Argumentation ja wirklich nur möglich sei,wenn die Leipziger das Werk selbst angeboten,d.h. einen Honeypot benutzt haben. Mir ist allerdings unklar,wie es sein kann,daß die Firmen sich gegenseitig erwischen konnten. Denn dazu hätten ja beide auf das gleiche Werk angesetzt sein müssen,was irgendwie unwahrscheinlich ist.

    • @Jay:

      Den Upload auf Null stellen ist aus 2 Gründen sinnlos:

      a) bei fast allen Filesharingprogramme bewirkt die Einstellung des Uploadwertes auf 0kb genau das Gegenteil dessen,was man bewirken will. D.h. die Programme bewerten diese Einstellung nicht als "Nichts hochladen!",sondern als "Keine Bremse, volles Tempo!".

      Wenn man wirklich keinen Upload will,muss man zu einem sogenannten No-Upload-Mod greifen. Das sind Versionen die tatsächlich nichts hochladen. Hier ist es zudem wichtig,daß der No-Upload-Mod tatsächlich keine Daten herauslässt,weil nicht nur der tatsächliche Upload strafbar ist,sondern schon der Versuch,dies zu tun. Und hier sind auch einige (!) No-Upload-Mods kritisch,weil die zwar den Upload selbst blockieren, aber die Sharing-Liste (d.h. die angeblich zum Upload angebotenen Files) in die Welt hinausposaunen. Im Urheberrecht nennt sich die Klausel des §97 UrhG dazu "Der Versuch ist strafbar.".

       

      b) Das Grundprinzip des Filesharings ist es, daß was man gerade runterlädt,auch gleichzeitig anzubieten. Dies funktioniert bei den No-Upload-Mods zwar nicht, hindert die Abmahner aber nicht, diese trotzdem abzumahnen. Sie stellen einfach Honeypots auf (=Fallen) und schauen dann,wer denn versucht,das Werk von dort runterzuladen. Aufgrund des o.g. Grundprinzips werden dann die Downloader des gleichzeitiges Uploads beschuldigt. Schaut man sich mal den Leistungskatalog der Loggingfirmen an,finden sich diese Honeypots auch darin, ich denke mir das also nicht aus.

  • J
    Jochen

    Wer meint mit solchen Methoden Geld machen zu müssen und sich dann hinter irgendwelchen schwammigen Gesetzen versteckt, muss sich nicht wundern, wenn ihm seine Berufskollegen in die Parade fahren.

     

    Aber nett das sie beschreiben was noch so hinter diesem Abmahnwahn steckt, die Vermutung das hier gezielt Geld gemacht wird liegt nicht nur Nahe, sie ist einzig logisch und eventuell sollte sich die hierfür zuständige Kammer mal intensiv mit dem Thema beschäftigen, hier wird nicht Recht vertreten, hier wird Recht getreten!!

    • @Jochen:

      Es werden deswegen so gerne Pornos abgemahnt,weil man davon ausgeht,daß die -vornehmlich männlichen- Konsumenten Frau und Familie haben und daher kein Interesse daran besitzen, daß diese davon erfahren. Ergo ist der Anzahl der Sofortzahler bei dieser Gruppe am höchsten.