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Proteste in BahrainVorwärts ins Jahr 2011

Nach monatelanger Ruhe hat sich die Lage im Königreich Bahrain zugespitzt. Die Opposition hat zu Protesten aufgerufen, die Regierung will hart dagegen vorgehen.

Protest und Einsatz von Sicherheitskräften in Shakhura, Bahrain. Bild: ap

MANAMA ap | Straßensperren in der Hauptstadt Manama, Stacheldraht und Hunderte Polizisten und Soldaten in gepanzerten Fahrzeugen rund um den ehemaligen Perlenplatz, dem Zentrum der Proteste in Bahrain im Frühjahr 2011: Dem Königreich am Golf droht eine neue Eskalation der Gewalt.

Die Reformen, die die Regierung in den vergangenen Monaten in die Wege geleitet hat, reichen der Opposition nicht aus. Sie hat zu neuen Protesten aufgerufen. Ministerpräsident Prinz Chalifa bin Salman al Chalifa hat daraufhin erklärt, die Sicherheitskräfte würden einschreiten.

„Nach dem, was wir mitbekommen, wird die Regierung mit Gewalt gegen Demonstranten vorgehen“, erklärt Hussain Jussif, ein Sprecher der Opposition. „Aber wir müssen weitermachen, der Welt und der bahrainischen Regierung zeigen, dass das Volk ein Recht hat, politische Forderungen zu stellen.“

Die überwiegend schiitische Opposition verlangt von der sunnitisch geprägten Führung mehr Mitspracherechte. Bereits im Februar 2011 kam es vor dem Hintergrund des Arabischen Frühlings zu blutigen Auseinandersetzungen in Bahrain, bei denen mindestens 60 Menschen ums Leben kamen. Zahlreiche Oppositionelle und Menschenrechtsaktivisten wurden inhaftiert.

In den folgenden Monaten brachte die Regierung vorsichtig Reformen auf den Weg, gab dem Parlament beispielsweise mehr Kontrollrechte. Dies soll nach Ansicht von Kritikern aber nur verschleiern, dass weiterhin Anhänger der Regierung alle Machtpositionen im Land besetzen.

Gewerkschaften erwarten Ausschreitungen

Die aus verschiedenen Gruppen bestehende Opposition hat sich den Namen der Bewegung gegeben, die in Ägypten die Proteste gegen den entmachteten Staatschef Mohammed Mursi mitorganisiert hat: Tamarod. Anders als in Ägypten gibt es in Bahrain aber kein Zentrum der Proteste wie den Tahrir-Platz in Kairo. Der Perlenplatz in Manama ist einem Kreisverkehr gewichen, nachdem das Perlenmonument im Frühjahr 2011 beseitigt wurde: Oppositionelle hatten es zuvor besetzt, die Sicherheitskräfte räumten daraufhin den Platz.

Jetzt rief die Opposition ihre Anhänger auf, sich überall auf den Straßen zu versammeln. Arbeiter und Angestellte wurden aufgefordert, dem Arbeitsplatz fernzubleiben, Ladenbesitzer, ihre Geschäfte nicht zu öffnen. Die Industrie- und Handelskammer des Landes reagierte darauf mit dem Appell, den Streikaufruf zu ignorieren.

Die Gewerkschaften wiederum erwarten ganz offensichtlich Ausschreitungen: Sie empfahlen ihren Mitgliedern, ihre Fahrzeuge in sicheren Gegenden abzustellen und Straßen, auf denen Sperren errichtet wurden, zu meiden, wie die Zeitung Gulf Daily News berichtete.

Wunsch nach friedlichen Protesten

Das Parlament hat strenge Maßnahmen gegen Protestkundgebungen beschlossen, Veranstaltungen in der Hauptstadt wurden untersagt. Den Behörden wurde es erleichtert, bei Protesten festgenommene Menschen die Staatsbürgerschaft zu entziehen. Ein falscher Schritt, sagt Joe Stork, für die Region zuständiger stellvertretender Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Seiner Ansicht nach sollte die bahrainische Regierung die Proteste zulassen. „Dass einige Demonstranten Gewalt ausüben, rechtfertigt nicht ein komplettes Verbot von Kundgebungen und Protesten in der Stadt“, sagt er. „Das Verbot verletzt das Recht der Bürger, friedlich politische Forderungen zu formulieren.“

Ähnlich äußerte sich auch die US-Regierung. Washington unterstütze die Meinungsfreiheit auch in Bahrain, wie Außenamtssprecherin Marie Harf erklärte.

Viele Oppositionelle betonen, dass ihre Proteste friedlich ablaufen sollen. Nachgeben wollen sie nicht. „Ich werde auf die Straße gehen“, sagt Nadschat Dschaffer, ein arbeitsloser 27-Jähriger. „Ich habe keine Angst vor den Behörden und ihren Terrormaßnahmen. Ich habe nichts zu verlieren.“

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1 Kommentar

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  • K
    kidrontal

    Washington sprach nicht nur von "Meinungsfreiheit", sondern auch von Verzicht auf "Dialog" und "Gewaltbereitschaft. Hätten Sie doch auch nur in Syrien zu so einem Verzicht aufgefordert, statt fundamentalistische Gegner eines reformbereiten syrischen Präsidenten (viel reformbereiter als das Königshaus in Bahrain) mit Waffen zu beliefern.Die doppelmoral muss aufhören. Vergleichen Sie den Enthusiasmus der USA, ein demokratisches Ergebnis in Bahrain durchzusetzen mit dem Enthusiasmus des Sturzes von Assad (obwohl es fraglich ist, ob die Mehrheit ihn gestürzt sehen will), ein Punkt, den Irananders in Ihrem sehr empfehlenswerten Artikel "Unruhen in Bahrain: Wann interveniert Iran?" verdeutlicht.