Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Schöner reifen unterwegs
Die Auslandsreise nach bestandene Abitur ist normal geworden. Unterwegssein auf dem großen Abenteuerspielplatz.
K aosan Road (Bangkok), Jalan Jaksa (Jakarta) oder Bencoolen Street (Singapur) sind klingende Namen in Insiderkreisen, seit Langem Mikrokosmen des Rucksacktourismus. Auch Luang Prabang. Die laotische Stadt ist mit ihren Tempeln, Mönchen, Märkten, dem Mekong und seinem Nebenfluss Nam Khan das Traumbild von Indochina.
Und ein Mekka junger Traveller: Läden mit Fairtradeprodukten, Karaoke- und Veggibars, viele Restaurants mildern die Fremde auf ein sehr gut verträgliches Maß ab. Die einschlägige Traveller-Infrastruktur macht das Unterwegssein zum großen Abenteuerspielplatz, zur Partymeile, zum allseits bekannten Geheimtipp, zur Medizin gegen Heimweh.
„Endlich ein Guesthouse mit Nutella“, postet Oliver nach Hause plus Schokoladenmund-Foto von sich und Franziska. Die beiden sind seit einer Woche hier in Luang Prabang. Anschließend wollen sie den Mekong hinunterfahren, um im kambodschanischen Epizentrum der Travellerszene, in Sihanoukville, weiter zu feiern. Der Reiseführer verspricht „sanfte Wellen, blütenweißen Zuckersand, bunte Sonnenschirme und Wasser im Südsee-Look.“ Oliver fürchtet nur, es könne ihm übel werden auf den Dampfern des Mekong.
Franziska und Oliver sind keine Aussteiger. Im Gegenteil. Sie wollen jetzt nach dem Abitur eigentlich so richtig einsteigen. Die Frage ist nur, wie und wo. So sammeln sie erst einmal Auslandserfahrung mit „Lonely Planet“ und „The Rough Guide“. „Kommt bei Bewerbungen immer gut“, sagt Oliver. Und damit hat er auch seine ängstliche Oma von diese Reise überzeugt. Sie finanziert diese schließlich.
Oliver und Franziska sammeln Erfahrungen in Restaurants und Internetcafés. Sie kiffen mit Jugendlichen aus aller Welt. Take That, Techno und VANS. Lustbetont und egozentrisch erobern sie die Dritte Welt . Proben Selbstständigkeit und ihr Englisch. Auf ausgetretenen Pfaden und mit dem Einverständnis ihrer Eltern. Vor allem aber mit überschaubarem Risiko. Schöner kann Erwachsenwerden eigentlich nicht sein!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!