piwik no script img

Fabrikeinsturz in BangladeschEntschädigung verschoben

Von 29 Unternehmen erschienen nur neun in Genf zur Verhandlung über eine Entschädigung. Nun wird weiter gerungen.

Näherin in einer Textilfabrik in Dhaka/Bangladesch. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Kampagne für Saubere Kleidung kritisiert die mangelnde Bereitschaft von Textilkonzernen, Entschädigungen für den Einsturz der Fabrik Rana Plaza in Bangladesch zu leisten. „Zu konkreten Zusagen konnten sich die Unternehmen noch nicht durchringen“, sagte Kampagnen-Mitarbeiterin Kirsten Clodius, nachdem die Verhandlungen in Genf Ende der Woche vertagt wurden.

Grundsätzlich schienen die Unternehmen aber bereit, eine Summe von etwa 30 Millionen Euro an die Familien der getöteten und verletzten Beschäftigten auszuzahlen.

Im April diesen Jahres war das illegal aufgestockte Gebäude mit acht Stockwerken in der Hauptstadt Dhaka zusammengebrochen. Über 1.000 Beschäftigte starben, etwa 2.500 wurden teilweise schwer verletzt. Viele können nicht mehr arbeiten. In dem Fabrikkomplex ließen nach Information der Kampagne für Saubere Kleidung auch KiK und weitere fünf deutsche Firmen produzieren. Die internationalen Auftraggeber seien unter anderem Benetton, Carrefour, Mango und Primark gewesen.

Von den insgesamt 29 internationalen Modeketten erschienen zu den Verhandlungen in Genf jedoch nur neun Unternehmen. Aus Deutschland kam KiK. Adler Modemärkte und NKD nahmen der Agentur epd zufolge nicht teil. Die Gespräche zwischen den Firmen und den Gewerkschaften moderierte die Internationale Arbeitsorganisation ILO. Pro Opfer-Familie geht es um eine Entschädigung von etwa 3.600 Euro – insgesamt 60 Millionen Euro, von denen die Unternehmen knapp die Hälfte leisten sollen.

Skandalöse Verhandlungen

In den kommenden zwei Wochen will man die Verhandlungen fortsetzen, um auch noch einige der abwesenden Firmen an den Tisch zu holen. „Wir würden eine breite Allianz aller Verantwortlichen präferieren, die in einer gemeinsamen Initiative aktiv werden“, sagte KiK-Sprecherin Beatrice Volkenandt. Sie wies jedoch daraufhin, dass „alle anwesenden Unternehmen ihre Bereitschaft signalisiert haben, zu einem gemeinsamen Hilfsfond beizutragen“. Kampagnen-Aktivistin Clodius kritisierte dagegen: „Dass sich die Unternehmen über solch kleine Summen streiten, ist skandalös. Sie ignorieren das Leid der Menschen.“

Währenddessen hat EU-Handelskommissar Karel de Gucht von der Regierung in Bangladesch eine stärkere Überwachung der Textilindustrie gefordert. „Die Textilfabriken müssen mittelfristig internationale Sicherheitsstandards einhalten“, sagte er Zeit Online. Komme das Land dem nicht nach, werde die EU bestehende Abkommen kündigen, drohte der EU-Kommissar. Das Land müsste dann höhere EU-Einfuhrzölle auf exportierte Waren zahlen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • R
    Rechenschieber

    Bei "pro Opfer-Familie [...] etwa 3.600 Euro" und 3500 zu Entschädigenden (1000 Todesopfern und 2500 Verletzten) komme ich auf einen Gesamtbetrag von 12,6 Millionen (- sicher ein Maximalbetrag, legt doch "Opfer-FAMILIE" nahe, dass der Schäbigkeit von Seiten der Verantwortlichen wieder mal Tür und Tor geöffnet ist und auch bei zwei oder mehr Opfern in einer Familie geldsparenderweise nur einmal entschödigt werden soll).

    Wo aber, bitte, liebe TAZ, sollen jetzt hier die "insgesamt 60 Millionen Euro" herkommen?

    Für stringente Informationen wäre man schon dankbar...

  • H
    Horsti

    Warum machen Sie denn keine klare Tabelle, wer kommt und wer nicht?

     

    Besonders Hersteller von teuren Produkten hätten doch erheblich mehr Möglichkeiten, mit Anstand zu produzieren.

     

    Wer schämt sich denn hier so? Zurrecht übrigens.

     

    Dass es bei Discount-Preis-Dumping schwierig werden kann, großzügig mit der Fertigung umzugehen, kann man vielleicht noch verstehen, wenn auch nicht gutheißen.

     

    Wenn aber gerade die Luxushersteller wie Apple, Boss und andere sich erzgeizig und kaltherzig darstellen, hat das schon eine Aussagekraft an den konsumierenden Bürger.

  • A
    anonyma

    warum gibt solche Firmen wie Kik noch mal? - weil es Menschen in anderen Ländern noch viel schlechter geht und wir hier deshalb Dankbar sein sollte überhaupt was zum anziehen zu haben. Ein wirklich guter Plan der sicher irgendwann alle Probleme der Menschheit löst. Menschen als Ressource aka Arbeitsfaktor sehen und wenn die/der kaputt geht dann wird entschädigt oder es hilft irgendwer - wie lange macht die Menschheit jetzt schon so?

    Schön nach anderen treten und dann irgendwo hinzeigen wo es noch schlechter ist und irgendwie blindlinks helfen - was ziehen hier die Ayslbewerber an die nicht arbeiten dürfen oder die Leute die als nicht arbeitsfähig aus der Zahlen verschwinden.

    Die einzige wahre Lösung "Geld", ganz bestimmt - sollte die Nährerin auf dem Bild nicht lieber die Schulbank drücken - Perspektiven anstatt immer diese Mitgeleide und Hauptsache es gibt einen Bösewicht, den man dann beschuldigen kann.

    Was hockt denn alles an Wissen und Fähigkeiten in Asyllantenheimen, Obdachlosen- und sonst irgendwo? Das Menschen auf solche Kleidung die auf anderen Menschen Leben produziert wird angewiesen sind zeigt nur wie arm (arm vielleicht nicht an Gütern aber an ungegenständlich Dingen) wir selber sind - nackt rumlaufen geht ja nicht siehe Neptunbrunnen...