piwik no script img

Bericht des WeltklimaratesGraduelle Unterschiede

Der IPCC ist alarmiert: Die Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad droht zu scheitern. Auch der Ansteig des Meeresspiegels könnte sich deutlich beschleunigen.

Bedrohlicher Meeresspiegelanstieg: Auch für die Dörfer an der Küste am Golf von Korinth in Griechenland. Bild: dpa

STOCKHOLM afp/dpa | Die Weltgemeinschaft droht laut einem neuen Bericht des Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) ihr Ziel einer Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad deutlich zu verfehlen. Die Temperaturen auf der Erde könnten bis Ende dieses Jahrhunderts bei verschiedenen Szenarien um 1,5 bis 4 Grad Celsius klettern. In unwahrscheinlicheren Modellen gehen die Wissenschaftler sogar von 0,3 bis 4,8 Grad aus, heißt es in einer Zusammenfassung des ersten Teils des fünften IPCC-Sachstandsberichts (pdf), die am Freitag in Stockholm veröffentlicht wurde (//inesweb.dpa.com/inesWebClient/Account/LogOn?ReturnUrl=%2fineswebclient:Sachstandsberichte 1-4).

„Hitzewellen treten sehr wahrscheinlich öfter auf und halten länger an", teilte der IPCC mit. Im Zuge der Erderwärmung erwarten die Wissenschaftler, dass feuchtere Regionen auf der Welt mehr Niederschläge und trockenere noch weniger bekommen.

Nie war es dem Bericht zufolge seit Beginn der Wetteraufzeichnungen wärmer als zwischen 2001 und 2010. „Mehr Temperaturrekorde sind gebrochen worden als in jedem anderen Jahrzehnt“, sagte der Generalsekretär der Weltmeteorologieorganisation WMO, Michel Jarraud. Die Eisdecken in Grönland und der Antarktis haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten an Masse verloren, Gletscher sind weltweit weiter geschrumpft, wie die Forscher schreiben.

Bei einem Temperaturanstieg um mehr als zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter fürchten Wissenschaftler kaum beherrschbare Umweltfolgen. Die Klimaforscher halten es für äußerst wahrscheinlich, dass der Mensch die Hauptursache der Erwärmung seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist.

Anstieg des Meeresspiegels befürchtet

Ebenfalls warnt der Weltklimarat vor einem um gut ein Drittel höheren Anstieg der Meeresspiegel als bislang prognostiziert. Die Meeresspiegel drohten bis zum Jahr 2100 je nach Szenario um 26 bis 82 Zentimeter zu steigen, heißt es. „Während sich die Ozeane erwärmen und Gletscher und Eisdecken schmelzen, wird der globale Meeresspiegel weiter steigen, aber schneller, als wir es in den letzten 40 Jahren erlebt haben“, sagte der Klimatologe Qin Dahe bei der Vorstellung des Berichts. In seinem vierten Sachstandsbericht von 2007 hatte der IPCC noch Anstiege zwischen von 18 bis 59 Zentimetern vorhergesagt.

Für Teil 1 des aktuellen Klimaberichts haben 259 Hauptautoren in den vergangenen vier Jahren Tausende wissenschaftlicher Studien ausgewertet. Ihre Kernthesen haben sie auf 30 Seiten zusammengefasst. Der vollständige Report erscheint am Montag. Teil 2 und 3 des 5. Weltklimaberichts behandeln die Auswirkungen des Klimawandels und die politischen Möglichkeiten, ihn zu bremsen. Sie werden im Frühjahr 2014 in Japan und Berlin vorgestellt.

Ararmiert zeigte sich der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Der IPPC-Bericht macht deutlich, dass die Welt beim Klimaschutz nicht zögern darf. Um extreme Wetterlagen, Überschwemmungen, Dürren, Hungerkatastrophen und große Flüchtlingsströme zu vermeiden, müssen vor allem die Industriestaaten sofort handeln. Längeres Warten wird für alle sehr sehr teuer", sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND zur Veröffentlichung des Berichtes. Weiger forderte ein neues internationales Klimaschutzabkommen, das bis spätestens 2020 ratifiziert werden müsse.

Auch die USA sehen den jüngsten Weltklimabericht als einen erneuten Alarmruf. Wer jetzt nichts unternehme, spiele mit dem Feuer, meinte Außenminister John Kerry. „Klimawandel ist real, es geschieht jetzt, Ursache des Wandels sind die Menschen, und nur menschliches Handeln kann die Welt vor den schlimmsten Folgen retten“, beschrieb Kerry in einer Mitteilung den Tenor des Berichts. Der Klimawandel und die Folgen dürften nicht länger geleugnet werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • Der Tatsache das Regierungsvertreter mitgearbeitet haben an der Zusammenfassung, is Grund genug um es kritisch zu lesen. Die Wissenschaftler hatten der Politik draussen stehen lassen und ohne deren Einfluß die Zusammenfassung schreiben mussen und veröffentlichen. Dann wäre das Bericht wirklich unabhängig gewesen. Politik und Interessengruppen haben in der Wissenschaft ja wirklich gar nichts zu suchen.

  • Solange wir nichts an unseren eigenen komfortablen Lebensumständen ändern müssen, predigen wir immer gerne Wasser und trinken selbst Wein, salbadern von der Zukunft, die wir für unsere Kinder sichern müssen. Aber die Sinne für eine gesunde und lebenswerte Umwelt als Grundlage für ein lebenswertes Leben für alle und nicht auf dem Rücken Dritter, die wir nicht anschauen wollen, ist bei uns nicht vorhanden.

     

    Was hat der Große Geist bei uns nur vergessen bzw. zu verkümmern zugelassen?

    • @noevil:

      Wir handeln danach, was wir unmittelbar auf der Haut spüren, was wir im Magen haben, was wir riechen können. Das Wissen um die ganze Welt macht uns wissender, aber nicht weiser.Es überfordert unseren Geist. Nur wenige schaffen es, über den empathischen Tellerrand zu blicken und danach zu handeln.Nur wenige schaffen das und die werden zum Sonderling erklärt, weil sie keiner egomanen Ausrichtung folgen.

      Wir reden von Weltgemeinschaft und meinen den eigenen Vorteil.

      Der Geist wächst mit dem zunehmenden globalen Wissen nicht mit. Das ist unser Fehler. Es ist nichts verkümmert, es ist bis jetzt nicht dagewesen, und das ist die Herausforderung der Zukunft, aber die beginnt in den Kinderstuben.

  • C
    Consequens

    Immer wieder fällt der Begriff 2° Erderwärmung. Nach meinen Recherchen weltweit, ist dies nur ein Kunstbegriff und beruht nicht auf naturwissenschaftlichen Grundlagen.Hans Schellnhuber (PIC) entwickelte die

    2° IDEE, 1995 in einem Gutachten für die Bundesregierung. Er übernahm damit eine VERMUTUNG

    eines amerikanischen Wirtschaftprofessor von der Yale-Uni, William D. Nordhaus

    von 1977. Also VERMUTUNG und IDEE haben absolut nichts mit sachliche korrekten Naturwissenschaft zu tun.

    Hier noch ein Internetlink zu

    unseren nördlichen Hemisphere

    http://arctic.atmos.uiuc.edu/cryosphere/arctic.sea.ice.interactive.html

     

    Leider ist die Eiskappe nicht weiter geschmolzen. Und wenn, wie hoch war der Meeresspiegel als die Wikinger in Grönland (Grünland)sich angesiedelt haben.

    • @Consequens:

      Haben Sie die Grafik ihres Links richtig bewertet ? Es gibt darauf einen tendenziellen Abwärtstrend des Meereises. Daran ändert der relative und unfertige Graph von 2013 auch nichts.

  • PM
    Peter Müller

    Wir sollten Gott danken, dass die Temperaturen seit 1850 gestiegen sind, denn 1850 hatten wir eine kleine Eiszeit. Ohne diesen Anstieg, würden wir jetzt hungern. Und dank CO2 schrumpfen die Wüsten (einfach mal googeln). Und im Mittelalter war es ohne CO2 wärmer als heute, bestätigt der neue IPCC Bericht im Kleingedruckten. Die "Extremwetter-Ereignisse" haben nachweislich abgenommen, und daher schreibt der neue IPCC Bericht auch nicht mehr, dass die Extremwetter-Ereignisse zugenommen HABEN, sondern dass sie wahrscheinlich zunehmen WERDEN (Prognose). Die Panik herrscht wohl nur bei den Klimaforschern, da sie um ihre gutbezahlten Arbeitsplätze fürchten.

    • BB
      Butter bei die Fische
      @Peter Müller:

      Soviel Blödsinn auf einmal hab ich ja lange nicht mehr gelesen.

       

      Erstens: die kleine eiszeit war nicht "um 1850" sondern ca. 1450 BIS ca. 1850, dauerte also rund 400 Jahre.

       

      Zweitens: Es gab ca. 1847 bis 1852 eine hungersnot in Irland. Dabei spielte das Klima und die dadurch begünstigte Ausbreitung eines Kartoffelschädlings jedoch nur eine eher untergeordnete Rolle.

       

      Drittens: Es ist heute nachweislich deutlich wärmer, als in der mittelalterlichen Wärmeperiode, die Behauptung, der IPCC-Bericht würde da etwas anderes "im Kleingedruckten" bestätigen ist schlicht erstunken und erlogen.

       

      Tatsächlich sackte die mittlere Temperatur in der "kleinen Eiszeit" verglichen mit dem als "Normal-Null" gewählten Niveau zu Beginn der regelmäßigen Temperaturaufzeichnungen gegen Ende des 19. Jhds um bis zu 0,8 Grad ab, örtlich sogar um 1-2 Grad. Und selbst das angeblich so warme Mittelalter lag schon knapp unter dem Niveau zu Beginn der regelmäßigen Aufzeichnungen, heute liegen wir etwa 0,4 bis 0,6 Grad darüber. Anders ausgedrückt brauchte das Klima ca. 300 Jahre um von den Tiefsatwerten der "kleinen Eiszeit" (um 1550) wieder auf das vorherige Temperaturniveau zurückzukehren (um 1850). Das entsprach einem Anstieg um ca. 0,4 Grad. Seitdem hat es in den folgenden 150 Jahren, also etwa der halben Zeit einen weiteren Anstieg um etwa 1 Grad gegeben, also das zweieinhalbfache in der halben Zeit. Bereits die Abkühlung der Durchschnittstemperatur um weniger als ein halbes Grad sorgte mehrmals für eine komplett zugefrorene Ostsee im Winter und ein Ausbreitung der Alpengletscher, der ganze Dörfer zum Opfer fielen.

       

      Viertens: Extremwetter-Ereignisse haben auch nicht abgenommen, sie nehmen seit Jahren zu, z.B. Wirbelstürme in Mitteleuropa, oder ausgedehnte Tiefwetterlagen mit tagelangem Starkregen und anschließenden weiträumigen Überschwemmungen, die wir gerade in diesem Jahr an Donau und Elbe wieder beobachten konnten.

  • R
    reblek

    "Auch der Ansteig des Meeresspiegels könnte sich deutlich beschleunigen." - Vielleicht auch die Angestiegheit?

  • A
    ark

    Ganz im Gegenteil. Der IPCC stellt einen Minimalkonsens von Tausenden von wissenschaftlichen Studien dar, weswegen der IPCC sogar ziemlich konservativ in seinen Prognosen ist...

     

    Dass das evtl. alarmistisch wirkt, liegt nur an eigenen Erwartungen.

  • S
    Schlafwandler

    Wir sind bereits 7 Milliarden Menschen, bald werden wir 10 Milliarden, sein...

     

    Der Klimawandel ist bitter notwendig,um die Menscheit zu dezimieren...

     

    Der Klimawandel ist ein Selbstregulierungsmechanismus der Natur und des Allmächtigen...

    • @Schlafwandler:

      Also legen wir es in die Hand des Allmächtigen. Dann können wir einfach so weiter machen.

  • Falls es keiner weiß: Im Zwanzigsten Jahrhundert stieg der Meeresspiegel um 30 Zentimeter.

    War nicht so ein großes Thema im 20. Jahrhundert...

  • Der IPCC ist immer alarmiert. Das ist deren Job. Das der IPCC alamrmiert ist, ist so aussagekräftig wie das Claudia Roth besorgt ist.

     

    Kritische Klimaforscher (immer gleich als Klimaskeptiker diffamiert) werden als Idioten dargestellt, ausgegrenzt oder gleich mit Hitler verglichen.

     

    Ich halte jedenfalls Leute wie Hans von Storch glaubwürdiger als Alarmisten vom IPCC.

    • T
      T.Schrag
      @Tim Leuther:

      Der Meeresspiegel stieg im 20 Jh. nur um ca. 17 cm an. Im 19Jh. um ca. 6 cm und davor kaum. Zwischen 1993 und 2007 beträgt er laut NASA-Messung im Schnitt um 2,9mm pro Jahr, Tendenz steigend. H.v.Storch bezweifelt den Zusammenhang von CO2 Emissionen und Klimawandel nicht und würde auch nicht hinter dem Deich bauen, er weist nur auf einige Schwächen der aktuellen Klimamodelle hin und kritisiert unwissenschaftlichen Alarmismus.

      Ihn bezeichnet niemand als Klimaskeptiker, dieser Begriff wird im Allgemeinen für die von der Ölindustrie bezahlten sogenannten Thinktanks verwendet.

      T.Schrag

    • @Tim Leuther:

      Das ist richtig, die IPCC war ursprünglich eine PR-Organisation für Umweltprodukte. Angst ist eine gute Werbemethode. Das Klima hat sich schon immer geändert. Dazu wird uns ein Winter mit Kälterekorden angekündigt. Klingt eher nach Eiszeit als nach Erderwärmung. Als Lektüre dazu empfehle ich das leider vergriffene Buch von Professor Kenneth Hsu „Klima macht Geschichte“, Orell Füssli Verlag, Der Klimaschwindel von Kurt G. Blüchel, C. Bertelsmann, und „Die Ökotyrannen“ von Regula Heinzelmann, Signum Verlag.

      • BB
        Butter bei die Fische
        @Schweizerin:

        Wieso nicht auch gleich noch einen "von Däniken"?

  • Lustiger Artikel,

     

    für Naturwissenschaftler sehr unterhaltsam.

     

    Welcher "Meeresspiegel" ist noch gleich gemeint? Bei Höhendifferenzen von über 130 m über den Geoiden darf man das schon fragen!

     

    Am Golf von Korinth gibts ganz ander Probleme als ein bischen Veränderung des Pegels an der Küstenlinie, das ist ein tektonischer Einengungsraum...

     

    Und wie war das noch, welches Modell hat die gerade festgestellte Stagnation prognostiziert?

     

    Glück auf!

     

    Karl