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Kolumne Press-SchlagNational befreite Zone

Erik Peter
Kolumne
von Erik Peter

Eintracht Braunschweig reagiert auf Naziübergriffe – und verbietet die antirassistischen Ultras. Die Vereinsführung ist dem Problem geistig nicht gewachsen.

Bremer Fans positionierten sich klar gegen Neonazis. In Braunschweig ist das hingegen unerwünscht. Bild: dpa

M an stelle sich vor, ein Verein der ersten Fußball-Bundesliga hat ein Problem mit Nazis in seiner Fanszene. Also mit Gruppen von Hooligans oder rechtsoffenen Ultras, die unter so klangvollen Namen wie „Alte Kameraden“ oder „Fette Schweine“ auftreten und die Deutungshoheit in der Kurve haben, da die überwiegende Mehrheit der Fans die Augen verschließt, getreu dem ewigblöden Motto: Fußball ist Fußball und Politik ist Politik.

Man stelle sich ferner vor, es gäbe da eine Gruppe überwiegend junger Fußballfans, ebenfalls Ultras, die den Mut haben, diese Missstände zu benennen und anzuprangern. Die sich selbst klar antirassistisch positionieren und vom Verein sowie den übrigen Fans dasselbe verlangen. Eine Gruppe, die dafür seit jeher bedroht und angegriffen wird und sich seit fünf Jahren nicht in den Gästeblock ihres Vereins traut.

Jedenfalls bis vor einer Woche, als 45 von ihnen, nach vorheriger Ankündigung beim Verein, den Versuch wagten, ihre Mannschaft auswärts inmitten der anderen Fans zu unterstützen. Und dafür vom rechten Mob verbal und körperlich so attackiert wurden, dass sie noch vor dem Anpfiff das Weite suchen mussten.

Wie also reagiert nun so ein Verein, der zur Kenntnis nehmen muss, dass innerhalb seiner Fanszene akuter Handlungsbedarf besteht und Menschen in seinen Kurven ernsthaft um ihre körperliche Unversehrtheit fürchten müssen? Er löst das Problem auf seine ganz eigene Weise und spricht gegen die Gruppe der antirassistischen Ultras ein Auftrittsverbot aus. Getreu dem Motto: Wer nicht da ist, kriegt auch nicht aufs Maul.

Kann man sich alles nicht vorstellen? Bei Eintracht Braunschweig schon. In einer kurzen Stellungnahme auf seiner Weltnetzseite, wie es vereinsintern wohl heißen wird, wurde das Verbot für die Ultras Braunschweig verbreitet, begründet mit der lapidaren Bemerkung, diese hätten sich nicht an Absprachen gehalten. Welche das sein sollen, wurde nicht kommuniziert, auch nicht den Ultras, die die Entscheidung nur fassungslos zur Kenntnis nehmen konnten. Zwar waren sie von ihrem Klub einiges an Blindheit, Naivität und falschen Schuldzuweisungen gewohnt, aber mit diesem Fanal war wahrlich nicht zu rechnen.

Keine Ahnung, keine Haltung

Was hat die Eintracht also dazu verleitet, seine Fankurve zu einer national befreiten Zone zu machen? Kurz gefasst: Ignoranz und Inkompetenz. Ganz offenbar ist man in der Führungsetage des Vereins der Problematik, die rechtsextreme Strukturen bedeuten, geistig nicht gewachsen.

Ein strukturelles Vorgehen, um langfristig gegen die Vereinnahmung durch Nazis vorzugehen, war mit ihr nicht zu machen. Weder hat man klar Stellung bezogen und versucht, die Täter innerhalb der eigenen Szene zu benennen und zu isolieren, noch wurde sich um externe Hilfe bemüht, etwa bei der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus.

Stattdessen hat man die Thematik erst bagatellisiert und nun zum großen Schlag ausgeholt. Die Ultras mögen doch endlich schweigen und die Marke Eintracht nicht länger in den Schmutz ziehen. Ganz nach dem altbekannten, kleingeistigen Schema, Nestbeschmutzer auszuschließen und Kritiker, mögen sie noch so im Recht sein, mundtot zu machen.

Verkannt hat man dabei, welch positive Effekte, etwa für die Werbewirksamkeit, eine mutige öffentliche Positionierung haben könnte. Oder auf welche Sponsoren hofft man nun angesichts des eigenen blamablen Vorgehens? Einen Ausrüstervertrag mit Thor Steinar? Zuzutrauen ist diesem Verein inzwischen alles. Eigentlich hat er die Ultras Braunschweig gar nicht verdient.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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26 Kommentare

 / 
  • E
    eintrachtohnerechts

    Hier mal die Stellungngsnahme von Eintracht zu den ja ach so lieben, antifaschistischen und gewaltablehnenden Ultras Braunschweig '01.

    http://www.eintracht.com/aktuelles/neues/situation-zwischen-der-fanszene-von-eintracht-braunschweig-und-ub01/

  • N
    NRW

    NRW

    Für einen objektiven Journalismus auch bei der TAZ, schämen Sie sich Herr Peters! Vielleicht informieren Sie sich künfig besser, bevor Sie weiter solche Artikel auf Bild-Zeitung-Niveau veröffentlichen!

  • O
    Olli
  • K
    Kasulke

    Stellungnahme von Cattiva, die seit dem ersten Stadionverbot für weite Teile von UB'01, größe Ultragruppe.

     

    http://www.cattiva-brunsviga.de/wordpress/?p=2090

  • B
    BeTeeSVau

    so schreibt nen Betroffener mit nem Mindestmass an Intelligenz der sich nicht bloß auspielen möchte ;)

     

    "Heller: Nein, und das finde ich total wichtig: Die Braunschweiger Kurve ist nicht braun. Wir haben nie gesagt, dass da nur Nazis stehen. Das würden wir auch niemals sagen. Weil es nicht stimmt. Aber wir finden, dass es eine beachtlich große Zahl an rechten Hooligans und an Nazis gibt. Leider wissen viel zu wenige Leute über deren Aktivitäten Bescheid."

  • B
    Beobachter

    Wie kann man so einen Artikel schreiben ohne jegliche Hintergrundbetrachtung der Szene?

     

    Selbst wenn es im gesamten Stadion keine "Rechten" geben würde, hätte Ultras Braunschweig das Problem, das ihnen immer noch Leute aller Fanschichten der Fankurve ans Leder wollen. Und das nicht weil sie antirassistisch aufgestellt sind, nein sondern durch viele Vorfälle der letzten Jahre. Ultras Braunschweig kann sich auf den Kopf stellen, rechts offen werden oder sonst etwas, sie werden wohl niemals wieder in der Braunschweiger Szene akzeptiert. Und das hat mit allem, aber nicht mit Politik zu tun.

  • P
    Pathos

    Also ich kann das Spin-Doctoring mit der Empörungshascherei nicht verstehen.

     

    Man weiß doch als taz überhaupt nichts über die Absprachen und was genau vorgefallen ist, sondern reproduziert hier das Klischee, man würde hier die politischen "linken" Ultras ausschließen.

     

    Insbesondere der Einfluss von politischen Organisationen auf Fankurven und die zunehmende Überwachung ist sehr negativ zu sehen.

     

    Für mich ist es klar, dass Kurven apolitisch und natürlich nicht rassistisch geprägt sind. Allerdings ist es NICHT Aufgabe der Fans, sondern des Vereins vorzugehen und bei Nichtbeachtung (etwa Rechten oder Linken Rufen oder Plakaten) durchzugreifen. Dass es heute mal die "Ultras" erwischt, liegt offensichtlich daran, dass der Verein noch objektiv handlungsfähig ist und nicht hineingeredet bekommt.

     

    Trotzdem sollte und muss auch eine Stellungnahme gegen "rechte Umtriebe" in der Kurve erfolgen.

  • H
    Hans

    Fußball *ist* (Lokal-)Patriotismus, Nationalismus, Chauvinismus. In seinen Abstufungen gehört das zum Fußball und deshalb ist Fußball ohne Nazi-Hools nicht möglich. Das wäre wie Kapitalismus ohne Ausbeutung, wie Herrschaft ohne Gewalt, wie Patriarchat ohne Sexismus.

  • B
    BTSV67

    Unglaublich wie der Autor innerhalb von wenigen Tagen gleich zwei Artikel zu dem selben Vorfall schreiben kann und nichteinmal dann bemerkt, dass er schlecht recherchiert hat und einfach die Stellungnahme von den ach so guten UB01 kopiert hat, wenn man ihn in den Kommentaren des ersten Artikels darauf hinweist... *kopfschüttel*

  • O
    oranier

    Soll das fragwürdige und wirre Gerede von diesem Fritz etwa der Rechtfertigung der tätlichen Angriffe durch rechte Fans oder der restriktiven Maßnahmen des Vereins gegen die linken Ultras dienen?

    Dass "man in der Führungsetage des Vereins der Problematik (...) geistig nicht gewachsen" sei, darauf würde ich mich nicht verlassen. Vielleicht gibt es da ja schlicht zu dem rechten Mob eine größere Affinität als zu aufrechten Antifaschisten.

  • DQ
    Don Quijote

    Ich könnte kotzen, wenn ich Fritzens Kommentare lese. Das wirkliche Problem sind genau diese Nazis in Fankurven. Genau dieser neidverbrämte Rassismus. Genau das Bedürfnis, die deutsche Kultur retten zu wollen - vor wem denn? Wenn irgendetwas wie Kultur zu retten ist, dann ja wohl vor all den Fritzen dieser Welt!

  • TB
    timuchec brooding

    Wo wir gerade bei Fußballclubs und Nazis sind, dieses PDF dürfe u.a. H96 interessieren:

     

    https://linksunten.indymedia.org/de/system/files/data/2013/09/8541495952.pdf

  • M
    max

    Denn es ist ueberhaupt keiun Problem, wenn ein paar Leute andere Ansichten haben.

     

    Eigentlich finde ich schon dass Nazis ein ziemliches Problem sind. Wenn du das anders siehst empfehle ich dir die Lektüre eines Geschichtsbuchs.

    Bist du eigentlich Braunschweig-Fan? ;) würdest gut zu denen passen. Danke an die taz für den Artikel-Nazis im Stadion müssen beim Namen genannt und bekämpft werden.

  • Kommentar entfernt.

    • JJ
      just Jan
      @fritz:

      Es gibt da Menschen, die deren Überlegenheitsgefühl noch um einiges größer ist als das der "Ossis", die aber gelernt haben dieses geschickt zu kaschieren.

       

      Diese Menschen nennen sich WESSIS... und haben Sie schonmal was von Solingen gehört, oder hiervon: http://de.wikipedia.org/wiki/Tadesse_S%C3%B6hl ???

  • Niemand ist dem Problem von "Nazis in Fussballstadien" gewachsen. Denn es ist ueberhaupt keiun Problem, wenn ein paar Leute andere Ansichten haben. Es aendert an den wirklichen Problemen, die man nicht laecherlich machen sollte, nichts. Warum will denn England raus aus der Europaeische3n Menschenrechtskonvention? Nur wegen dem Iraq? Oder warum ist der franzoesische Innenminister so hart? Es sind doch alle keine Idioten! Andererseits wird die deutsche Kultufr vielleicht gerade von "Auslaendern" gerettet. Die ihren Kindern deutsche Maerchen erzaehlen und so weiter. Welche deutsche Familie tut das noch? In jedem Fall gibt es nicht nur unterschiedliche Deutsche, sondern auch unterschiedliche Auslaender und das Asylgepamüpel ist leider in der Rdegtel vollkommen verlogen. Man muss sich ein paar sehr harte Fragen ueber die internationale Wirklichkeit stellen. Und auch ueber die Wahrnehmung der Wirklichkeit durch die sogenannten Linken. Was wollen die eigentlich? Ich will es im Zweifel nicht!

    • G
      Günther
      @fritz:

      Deine Argumentationsstruktur ist überhaupt nicht nachvollziehbar.

      Eventuell solltest Du Dich ersteinmal hinsetzen und Dir überlegen, was Du mit Deinem Tastengehacke zum Ausdruck bringen möchtest, bevor Du es anschließend dann sinnvoll strukturiert auf den Punkt bringst. Dann bloß noch Rechtschreib- und Tippfehlern beseitigen und man kann eventuell wenigstens sprachlich Deine Rassismusrelativierende Denkweise nachvollziehen.

      Wenn du diese Schritte befolgt hast, kannst Du deinen Kommentar gerne kundtun und auf Antworten warten, die Dich auf politischer, sowie sozialer Ebene eines Besseren belehren werden.

       

      Und zu dem, was ich aus deinem Kommentar herauslesen konnte:

      Rassismus ist ein Problem! Immer!

      Egal, ob es sich nur um ein "paar Leute anderer Ansichten", wie Du sie nennst, oder, wie in der Realität in Braunschweig um ganze rechtsextreme, gewaltbereite Ultra- und Hooligangruppierungen handelt.

      Letzteres ist die extremere Form, zu der es gar nicht erst kommen sollte. Und dies zu verhindern ist nur möglich, wenn Menschen wie Du ihre verdammten Augen endlich öffnen. Rassismus ist ein Problem in deutschen Fußballstadien! Man kann es nur immer wiederholen und hoffen, dass wenigstens ein, zwei bisher ignorante Menschen anfangen mehr darüber nachzudenken.

      Aber wenn Ihr selbst bei solch einem Vorfall noch die Augen verschließen könnt, verlier' ich den letzten Funken Hoffnung an unsere Gesellschaft.

      Rassismus darf weder toleriert, ignoriert, noch relativiert werden.

       

      P.S.: Wegen Leuten wie Dir wäre ein zweites Lichtenhagen '92 möglich. #Hellersdorf

  • AD
    Andy d` Art

    Menschen, die nicht in der Lage sind, ein Thema hinreichend intellektuell zu durchdringen, sollten andere nicht diffamieren einem Problem nicht gewachsen zu sein. Das ist keine neutrale Berichtserstattung, das ist hausgemachte Sülze.

  • F
    Fitzcaraldo

    National befreite Zone klingt gut - irgendwie - Moment gleich hab ichs - ja irgendwie - SAUBER

  • W
    Wackeldackel

    Erik Peter ist bestimmt ein engagierter Journalist aber auch der Typ der sich nach einer Erdbebenmeldung am Ufer aufpflanzt, auf den Tsunami wartet und wenn es ihn fortträgt schreit: "Das hat keiner geahnt!"

  • R
    reblek

    "Eintracht Braunschweig reagiert auf Naziübergriffe – und verbietet die antirassistischen Ultras." - Das ist Unsinn, denn der Verein kann keine Gruppe "verbieten". Es kann ihr den Zugang zum Stadion untersagen, mehr aber auch nicht. So steht es auch im Text, was aber die Abteilung Überschriften nicht weiter tangiert: "Er löst das Problem auf seine ganz eigene Weise und spricht gegen die Gruppe der antirassistischen Ultras ein Auftrittsverbot aus."

    "Ein strukturelles Vorgehen, um langfristig gegen die Vereinnahmung durch Nazis vorzugehen.." - Ein schöner Deutsch: "Vorgehen, um vorzugehen". Bravo!

    • G
      gast
      @reblek:

      ein vorgehen um (gegen irgend etwas)vorzugehen!das passt sehr gut du oberdeutscher! (und ja ich habe alles klein geschrieben)!

      wahnsinn was hier an reaktionärem gedankengut im raum steht, kommt mir vor als wäre dies die seite der jungen freiheit und nicht der taz!

  • R
    Ruhender

    Die Renazifizierung Deutschlands ist seit Jahren im Gange. Union und SPD tragen nicht unerhebliche Anteile dazu bei, mit Naziparolen wie "Multikulti ist gescheitert" und "Deutschland schafft sich selber ab".

  • EB
    Ein braunschweiger

    Unfassbar schlecht recherchierter Artikel. Traurig! Journalist Braunschweig sperrt antirassistische Gruppe.

    Nicht, dass diese Gruppe einfach instrumentalisiert wird von der Braunschweiger antifa. Die Kurve jubelt, dass sie nicht mehr dabei sind. Und dabei handelt es sich nicht um die Rechten sondern um fast ausnahmslos jeden Fan, gefallen ob rechts, links oder unpolitisch. Diese Gruppe hat es sich vor Jahren mit der ganzen Kurve verscherzt. Bitte einfach mal genau nachfragen und nicht einfach hier irgendetwas reinbrüllen!

    P.s. Thor Steiner verkauften die ultras Braunschweig vor Jahren an ihrem Stand selbst!

    • @Ein braunschweiger:

      ...und früher hatten wir auch einen Kaiser..., ;)