Flughafen BER: Mit Landung wird gerechnet
Natürlich kommt der Airport – irgendwann, zu irgendeinem Preis, sagen Mitglieder des Untersuchungsausschusses.
Verständnislos reagieren Mitglieder des BER-Untersuchungsausschusses auf die Aussage von Martin Delius (Piraten), der geplante Flughafen werde aus Kostengründen eventuell nie fertig gestellt. „Mir ist unklar, woraus Herr Delius sein Wissen speist“, sagte Jutta Matuschek (Linkspartei). Sie sei „irritiert“ über den Vorstoß. Delius verrenne sich, erklärte Oliver Friederici (CDU). 95 Prozent des BER seien fertig.
Delius, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus, hatte der taz gesagt, dass die Kosten für das Projekt aus dem Ruder liefen: „Langsam kommen wir finanziell in einen Bereich, wo die Mittel, die wir noch ausgeben müssen, größer sind als jene, die wir schon ausgegeben haben.“ Es könne deshalb gut sein, dass der Flughafen nie in Betrieb gehe. Die Situation sei „trostlos“.
Ursprünglich hätte der Flughafen im Juni 2011 eröffnet werden sollen. Seitdem ist seine Fertigstellung mehrfach verschoben worden. Die Kosten, die sich Berlin, Brandenburg und der Bund teilen, stiegen von damals 2,4 Milliarden Euro auf nunmehr rund 5 Milliarden Euro. Um die Fehler bei Planung und Bau aufzuarbeiten, hat das Parlament im September 2012 einen Untersuchungsausschuss eingesetzt.
Allen Kosten zum Trotz geht Linkspartei-Politikerin Matuschek davon aus, dass die Baustelle bald keine mehr sein wird: Ihre Erfahrung zeige, dass „Projekte, die eine so lange Planungsphase haben, zu Ende gebaut werden.“ Etwas anderes wäre dem Steuerzahler gar nicht zuzumuten. Aber: „Es wird noch Geld kosten, den Bau abnahmefest zu bekommen“, so Matuschek.
Die Parlamentarierin will jedoch keine Prognose wagen, wie viel Geld nötig sein wird. Zum einen seien in dieser Frage die Flughafengesellschaft und vor allem deren Aufsichtsrat gefordert – der Untersuchungsausschuss blicke ja nur zurück. Zum anderen sei noch nicht ausgemacht, wie viel die entsprechenden Firmen für die nötigen Nachbesserungen verlangen können. „Die öffentliche Hand befindet sich hier in einer Erpressungssituation“, erklärte Matuschek. Auch zum Zeitpunkt, wann der Flughafen an den Start gehe, wollte sie nichts Konkretes sagen. „Ich hoffe, noch in dieser Legislaturperiode.“ Die endet voraussichtlich im Herbst 2016.
„Gar nichts“, hält CDU-Politiker Friederici von Delius’ Thesen. Nur weil die restlichen fünf Prozent des Baus sehr schwierig seien, rechtfertige dies nicht eine Aufgabe. Mit seinen Äußerungen erweise der Untersuchungsausschuss-Vorsitzende dem Projekt keinen großen Dienst.
Auch Andreas Otto (Grüne) gibt sich überzeugt, dass der BER fertig werde. Er will mehr Aufklärung: „Wir werden in einer der nächsten Sitzungen des Bauausschusses BER-Technikchef Horst Amann einladen“, kündigte Otto an. Der solle auflisten, was am BER neu gebaut werden oder nur verändert werden müsse – und wie teuer das werde. Viel wichtiger als ein Eröffnungstermin sei ein verlässlicher Kostenplan.
Am Freitag können alle neun Mitglieder des Untersuchungsausschusses über Delius’ Thesen diskutieren. Dann kommt das Gremium zu seiner nächsten Sitzung zusammen. Unter anderem ist Rainer Bomba, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, als Zeuge geladen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen
Prozess zum Messerangriff in England
Schauriger Triumph für Rechte
Rückgabe von Kulturgütern
Nofretete will zurück nach Hause
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument