HSV schafft nur Unentschieden: Ein Punkt, viel Perspektive
Der Hamburger SV muss trotz starker Offensivleistung mit einem 3:3 gegen den VfB Stuttgart zufrieden sein. Hoffnungsfroh stimmen vor allem die jungen HSV-Spieler.
HAMBURG taz | Einen Monat mussten die HSV-Anhänger auf ein Heimspiel ihrer Mannschaft warten – zuletzt sahen sie das Team bei der 0:2-Niederlage gegen Werder Bremen. Auf fremden Plätzen in Frankfurt und Nürnberg hat der neue Coach Bert van Marwijk mit vier Punkten inzwischen einen Stimmungsumschwung herbeigeführt.
Statt über Sponsor Klaus-Michael Kühne wird über Sturmspitze Piere-Michel Lasogga diskutiert, statt über Strukturreformen im Verein über die Taktik auf dem Platz. Auch wenn man davon ausgehen kann, dass hinter den Kulissen der Machtkampf zwischen den Anhängern einer Ausgliederung der Profiabteilung und den Traditionalisten weitergeht, war die Vorfreude groß, sich am Sonntag endlich wieder mit dem Spiel in seiner reinen Form befassen zu können.
Van Marwijk, der als Vaterfigur das von Kumpeltyp Thorsten Fink zurückgelassene „Wirrwarr“ (Sportdirektor Oliver Kreuzer) ordnen soll, vertraute bei seiner Heimspielpremiere erwartungsgemäß der Mannschaft, die zuletzt den 1. FC Nürnberg mit 5:0 überrannt hatte. Es dauerte allerdings nur zwei Minuten, bis Jonathan Tah, der den routinierten Heiko Westermann erneut auf die rechte Seite verdrängte hatte, mit einem Fehlpass das 0:1 durch den Stuttgarter Alexandru Maxim einleitete.
Die Hamburger reagierten eher wütend als geschockt und setzten die Stuttgarter, die nach ähnlich verkorkstem Saisonstart auch schon einen Trainerwechsel hinter sich haben, in der Folge stark unter Druck. Die gefährlichste Aktion war ein 15-Meter-Schuss von Hamburgs Hakan Calhanoglu in der 16. Minute, den der Stuttgarter Torwart Thorsten Kirschbaum gerade noch mit den Fingerspitzen parieren konnte.
In der 22. Minute eroberte der starke Calhanoglu den Ball in der Stuttgarter Hälfte und setzte mit einem frechen Hackentrick Tolgay Arslan ein, dessen präzisen Pass HSV-Stürmer Lasogga nur noch einschieben brauchte. Es war ein Tor, das aufgrund des Alters der Beteiligten und der Art seiner Entstehung ein süßes Zukunftsversprechen enthielt.
Glück vor der Halbzeitpause
Danach befreite sich der VfB langsam aus der Umklammerung des HSV, agierte aber vor dem Hamburger Strafraum so harmlos, dass die erneute Führung durch einen Kopfball von Christian Gentner nach einem Freistoß von Maxim in der 37. Minute für alle überraschend kam. Zur Halbzeit konnte der HSV dann sogar froh sein, dass es nur 1:2 stand, da Stuttgarts Torjäger Vedad Ibisevic zweimal freistehend aus kurzer Entfernung das Tor verfehlte.
In der zweiten Hälfte sollte der eingewechselte Maximilian Beister beim HSV mehr Druck über die rechte Seite bringen als der wirkungslose Jacques Zoua. Der Plan ging bereits nach zehn Minuten auf. Als das Spielgeschehen einzuschlafen drohte, durchschnitt Tolgay Arslan mit einem präzisen langgezogenen Flachpass auf Marcel Jansen die Abwehr des VfB Stuttgart. Die Hereingabe des Nationalverteidigers vollendete Beister zum erneuten Ausgleich.
Ab jetzt entwickelte sich eine Dynamik, wie der ehrwürdige Volkspark sie lange nicht gesehen hatte. Zunächst konterte der VfB den drängenden HSV klassisch aus, wobei Westermann und Djourou zu weit von ihren Gegenspielern entfernt waren, und Stuttgarts Stürmer Ibisevic bei seinem dritten Versuch einschoss.
Die Antwort des HSV bestand wieder aus einer Traumkombination, diesmal über Calhanoglu und Beister zu Rafael van der Vaart, der sicher verwandelte. Den Höhepunkt der hektischen Schlussphase bildete ein Boxhieb von Antonio Rüdiger in die Magengrube von van der Vaart, für den der Stuttgarter zurecht vom Platz flog.
Nach dem gesamten Spielverlauf zu urteilen, hätte der HSV einen Sieg verdient gehabt: Die Hamburger setzten mehr als doppelt so viel Torschüssen ab wie der Gegner. Für die Zukunft lässt der überzeugende Auftritt der jungen Offensivspieler Calhanoglu, Beister und Lasogga hoffen, dass es bald auch wieder Siege zu feiern gibt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video