Der sonntaz-Streit: Ist im Flugzeug telefonieren okay?
Lange galt: Kein Handy im Flugzeug. Das könnte sich ändern. Kommt das Ende der ungenutzten Reisezeit oder entsteht damit ein neues Ärgernis?
Flugzeuge und Handys, die beiden passen gut zusammen. Beide stehen für Erreichbarkeit. Städte, Dörfer, Freunde, egal wo auf der Welt: Wirklich weit weg sind sie nie. Ironischerweise ist gerade im Flugzeug telefonieren meist nicht erlaubt. Die US-Regulierungsbehörde FCC (Federal Communications Commission) will das nun ändern. Ihr Leiter, Tom Wheeler, hält das Handyverbot in Flugzeugen für veraltet. Beim aktuellen Stand der Technik bestehe kein Sicherheitsrisiko. Wheeler ist erst seit Anfang November Vorsitzender der FCC. Davor arbeitete er für die Mobilfunkindustrie.
Das Flugzeug, könnte man sagen, ist gar kein wirklicher Ort, sondern ein Unort, ein Raum in dem sich befindet, wer einen geographischen Raum verlassen hat, aber noch keinen neuen betreten. Dort ist er im Nirgendwo und daher natürlich nicht erreichbar. Wer im Himmel schwebt, den kann das Irdische nicht berühren. Im Flugzeug ist der Mensch gezwungen, den Geräuschen seiner Umwelt und der eigenen inneren Stimme zu lauschen, statt auf das hektische Gebrüll des Alltags zu hören. Die erzwungene Stille über den Wolken: Sie birgt vielleicht eine Chance, die Reise erst als Reise wahrzunehmen, als Erlebnis, das uns verändern könnte, und nicht nur als etwas, das sich vom Wechsel des Desktophintergrundbildes allenfalls durch den dafür nötigen Aufwand unterscheidet.
Was in den USA noch diskutiert wird, ist in Europa längst erlaubt. Seit 2008 hat die EU die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen. Jede europäische Fluggesellschaft kann die Handynutzung ermöglichen. Die wenigsten tun es. So simpel ist das nämlich nicht. Mehrere tausend Meter Flughöhe, so weit reicht das Signal der Funkmasten nicht. Selbst wenn es erlaubt wäre, könnte man ohne eine entsprechende technische Ausstattung im Flugzeug nicht telefonieren.
Die Antworten auf den sonntaz-Streit lesen Sie am 7./8. Dezember 2013 in der taz.am wochenende. Mit großen Reportagen, spannenden Geschichten und den entscheidenden kleinen Nebensachen. Mit dem, was aus der Woche bleibt und dem, was in der nächsten kommt. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz
Die deutsche Fluggesellschaft Lufthansa rüstet derzeit ihre gesamte Langstreckenflotte mit der nötigen Technik aus, um ihren Passagieren während des Fluges das Schreiben von SMS und E-Mails sowie im Internet surfen zu ermöglichen. Telefonieren soll weiterhin verboten bleiben. Die Mehrheit der Passagiere würde sich durch Telefongespräche an Bord belästigt fühlen, hat eine Studie des Unternehmens ergeben.
Wer unbedingt im Flugzeug telefonieren möchte, wird an das Bordtelefon verwiesen. Das kostet laut Website 9.95 US-Dollar pro Minute. Eine Minute telefonieren ist also nur unwesentlich günstiger als eine Stunde Internetzugang. Die kostet nämlich 10,95 Euro. Ein Schnäppchen im Vergleich! Nicht für die Fluglinien allerdings: Ein Flugzeug für das Surfen über den Wolken fit zu machen, kostet etwa 250.000 Euro.
Sind Handytelefonate im Flugzeug also für die Flugsicherheit unbedenklich und allenfalls ein Ärgernis? Nein, sagt die AFA, die Gewerkschaft der US-Flugbegleiter. Denn alles, was Unruhe im Flugzeug fördere, sei unsicher. Ärger über die lauten Telefonate des Nachbarn könne zu Streit führen und die abgelenkten Fluggäste wären für die Sicherheitsanweisungen des Personals nicht mehr empfänglich. Das sieht die deutsche UFO (Unabhängige Flugbegleiter Organisation) gelassener. Für ihren Vorsitzenden Nicoley Baublies ist Handytelefonie im Flugzeug okay, wenn das die Fluggesellschaften attraktiver macht. Sorgen bereitet ihm allenfalls, dass sich die Passagiere dadurch gestört fühlen könnten.
Wie hätten Sie's gerne beim Fliegen? Wünschen Sie sich gesegnete Ruhe oder stört Sie die ungenutzte Zeit? Soll man im Flugzeug telefonieren dürfen?
Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom 7./8. Dezember. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns bis Mittwoch, 4. Dezember eine Mail an: streit@taz.de
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