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WTO vor dem DurchbruchFreiheit für den Freihandel

Entwicklungs- und Schwellenländer stehen kurz vor einer Einigung für mehr globalen Handel. NGOs sorgen sich: Der Kampf gegen den Hunger wird schwerer.

Diese Demonstranten finden Freihandel nach WTO-Ideen nicht so prall. Bild: reuters

BALI taz | Nach vier Verhandlungstagen zeichnete sich am Freitag ein Durchbruch bei den Verhandlungen der Welthandelsorganisation WTO in Bali ab. Damit könnte es zu einer historischen Einigung zwischen Entwicklungs- und Industrieländern kommen, die weltweit Handelserleichterungen bringen sollen.

Streitpunkt unter den Delegierten aus 160 Ländern war bis zuletzt die Position Indiens. Das Land beharrte darauf, dass sein Programm zur Ernährungssicherheit mit staatlich festgelegten Preisen für Nahrungsmittel nicht unter das bisherige Subventionsverbot der WTO falle.

Industriestaaten, aber auch einige Schwellenländer sehen darin marktverzerrende Subventionen, die ihre Exporte beeinträchtigen und den inländischen Markt beeinflussen könnten. Am Freitag deutete sich eine Einigung zwischen Indien und den USA an. Lediglich Pakistan habe noch Vorbehalte, hieß es bei Redaktionsschluss.

Nach Angaben von NGO-Beobachtern beinhaltet die Einigung nur ein sehr begrenztes Entgegenkommen gegenüber Indien. Die Ausnahmeregelung, die Subventionen für Agrarprodukte erlaubt, betrifft lediglich laufende Programme. Damit wären ähnliche Initiativen anderer Staaten ausgeschlossen. Zudem würde das indische Programm strengen WTO-Kontrollen unterworfen, um zu verhindern, dass subventionierte Produkte in Nachbarstaaten zu Billigpreisen verkauft werden.

Recht auf Ernährungssicherung

„Die WTO musste zwar das Recht auf Ernährungssicherung anerkennen. Die Einschränkung auf schon bestehende Programme bedeutet aber einen herben Rückschlag für die Länder, die in Zukunft mit staatlichen Mitteln gegen Hunger und Unterernährung vorgehen wollen,“ sagte Tobias Reichert von Germanwatch.

Mitglieder von NGOs und sozialen Bewegungen demonstrierten am Freitag Vormittag im Konferenzzentrum gegen die Freihandelspolitik der Welthandelsorganisation. Mit Plakaten und Sprechchören unterstützen sie die Haltung Indiens, das wegen seiner Agrarpolitik für die stockenden Verhandlungen verantwortlich gemacht wird.

Mit Bezugnahme auf den Tod von Nelson Mandela forderten sie Gerechtigkeit auch in globalen Handel. Die Wachstumsinteressen der Industriestaaten dürften sich nicht auf Kosten der armen Staaten durchsetzten werden und deren Entwicklungschancen beeinträchtigen.

Das Bali-Paket umfasst drei Teilaspekte der 2001 in Doha gestarteten Verhandlungsrunde: Handelserleichterungen durch vereinfachte Zollrichtlinien, Veränderung der Subventionsrichtlinien im Agrarbereich und Ausnahmeregelungen für die ärmsten Staaten. Die Doha-Runde wurde vor allem wegen Differenzen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern bisher nicht abgeschlossen.

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4 Kommentare

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  • D
    D.J.

    Wesentlich rationaler und mittel/langfristig viel besser für die Ärmsten wäre auch in Indien die Abschaffung der Subventionen und stattdessen die Einführung einer Art überlebenssichernden Sozialhilfe.

    Im Übrigen gilt längerfristig auch bei Lebensmitteln die Regel, dass Freihandel sich positiv auswirkt. Wer sich nur ein wenig mit der Geschichte der Hungersnöte seit dem Mittelalter beschäftigt hat, wird das wissen.

    Berücksichtigung regionaler Besonderheit und Übergangsfristen (wie in Indien) sind natürlich ebenso sinnvoll und notwendig (wie in Indien).

     

    @Anteater,

     

    solche absoluten Aussagen wie im ersten Absatz von Ihnen kann ich nicht mehr ernstnehmen. Beschäftigen Sie sich bitte nur ein klein wenig mit Wirtschaftsgeschichte und den Vor/Nachteilen von Freihandel (v.a.in Hinblick auf die Schwellenländer).

    • @D.J.:

      Ihrem Beitrag kann man entnehmen, dass man froh sein kann, wenn Sie andere Beiträge nicht ernst nehmen.

       

      Sie scheinen völlig auszublenden, dass dergeartete "Freihandelsabkommen" gerne Dinge beinhalten wie die Entschädigung von Unternehmen, und zwar aus der Staatskasse, wenn die Unternehmensaktivität im Zielland z.B. durch Natur- oder Verbraucherschutzgesetze beschränkt sind.

       

      Die große Frage lautet deshalb: Wer bezahlt Sie, D.J.? Monsanto?

  • Da werden die großen Unternehmen aus den reichen Ländern aber feiern, den sie sind die Einzigen, denen ein derartiges Abkommen hilft. Primär geht es doch um neue Absatzmärkte bzw. die Vereinfachung des Absatzes.

     

    Was bedeuten diese Subventionsbeschränkungen den für die hoch subventionierte Landwirtschaft in Europa? Könnte der Autor des Artikels hier mal investigativ journalistisch aktiv werden?

  • A
    A.Franke