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Integrationsministerin Aydan ÖzoguzNeuanfang im Schatten der Kanzlerin

Die Hamburger SPD-Politikerin Aydan Özoguz wird Staatsministerin für Integration. Sie will neue Akzente setzen.

Aydan Özoguz verspricht eine Kursänderung in der Integrationspolitik. Bild: dpa

BERLIN taz | Sigmar Gabriel kann es schon. Jetzt müssen auch alle anderen lernen, ihren Namen richtig auszusprechen. Denn der Nachname Özoguz geht noch nicht allen so ganz leicht von der Zunge. Im Türkischen wird das z als stimmhaftes s wie in „Sonne“ gesprochen, das weiche g dagegen kann man fast übergehen.

Dass man sich in der Hauptstadt an die Feinheiten der türkischen Sprache gewöhnen muss, ist nach all den Özdemirs, Özkans und Deligöz zwar nichts Neues. Trotzdem kann man es als Zäsur empfinden, dass die Staatsministerin für Integration künftig Aydan Özoguz heißen wird. Denn zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik wird nun eine Frau, deren Familie aus der Türkei stammt, mit am Kabinettstisch sitzen.

SPD-Parteichef Sigmar Gabriel konnte deshalb auch gar nicht mehr damit aufhören, die türkischen „Wurzeln“ seiner Parteikollegin zu betonen, als er am Sonntag seine Ministerriege der Presse vorstellte. „Wir senden damit ein Signal aus“, findet aber auch Özoguz selbst: „Dass es möglich ist, mit meinem Namen bis ins Kabinett aufzusteigen, sollte andere ermuntern, dass wir alle miteinander gefordert sind, diese Einwanderungsgesellschaft zu gestalten.“

Es ist eine ziemliche Überraschung, dass Özoguz jetzt die CDU-Politikerin Maria Böhmer als Integrationsbeauftragte der Bundesregierung ablöst. Denn dass die Union dieses Politikfeld aus der Hand gibt, damit war nicht unbedingt zu rechnen, zumal Özoguz als scharfe Kritikerin ihrer Amtsvorgängerin Böhmer bekannt war, der sie Mangel an Engagement und Unverbindlichkeit in der Integrationspolitik vorwarf.

Auch am scheidenden Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ließ sie selten ein gutes Haar. Ihr neuer Posten ist direkt an das Bundeskanzleramt angegliedert, was zudem eine enge Abstimmung mit Angela Merkel nötig macht. „Ich bitte um Verständnis, dass meine Ernennung erst noch erfolgt“, antwortet Özoguz ausweichend auf die Frage, wie sie sich im Schatten der Kanzlerin profilieren will. Nur so viel weiß sie schon: „Im Koalitionsvertrag steht eine Menge drin, und diese Dinge gelten. Ich hoffe, dass dieser Fahrplan zügig umgesetzt wird, und denke, dass meine Anbindung ans Kanzleramt hilft, das voranzutreiben.“

Die Senkrechtstarterin

Aydan Özoguz ist eine Senkrechtstarterin. 1967 in Hamburg geboren, ließ sie sich 1989 einbürgern. Im Integrationsbereich engagiert sie sich schon lange. „Ich bin seit vielen Jahren mit diesem Thema verbunden, schon seit dem Beginn meiner politischen Laufbahn“, betont sie.

Von 2001 bis 2008 war sie Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, von 2004 bis 2008 saß sie im Integrationsbeirat der Stadt. 2009 zog sie in den Bundestag ein und wurde dort zur Integrationsbeauftragten ihrer Fraktion gewählt.

Zwei Jahre später, als sich die SPD für ihre Führungsgremien eine Migrantenquote verschrieb, stieg sie in den Kreis der stellvertretenden Parteivorsitzenden auf, der dafür auf fünf Personen erweitert wurde. Bei der vergangenen Bundestagswahl führte sie die Hamburger SPD als Spitzenkandidatin an – und erzielte dort auch ein Spitzenergebnis.

Mit den Konservativen arbeiten

Jetzt wird Özoguz auch eng mit Thomas de Mazière (CDU) zusammenarbeiten müssen, der als Innenminister wieder die Ägide über den „Islamgipfel“ übernimmt. Dessen Vorgänger Friedrich hatte die Veranstaltung so weit heruntergewirtschaftet, dass Özoguz die Islamverbände zwischenzeitlich sogar zum Boykott aufrief.

„Ich habe da deutlich andere Vorstellungen, welchen Stellenwert dieses Thema haben sollte, und habe die Verknüpfung von religiösen Fragen mit Sicherheitsaspekten immer kritisiert“, sagt sie jetzt. „Ich hoffe, dass wir da neue Akzente setzen können.“

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9 Kommentare

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  • S
    Störtebekker

    Dass die Türkei beharrlich den Völkermord an den Armeniern leugnet, ist kein Geheimnis. Der Zentralrat der Armenier in Deutschland bittet sie dafür Sorge zu tragen, dass das Schweigen über den Genozid gebrochen wird. Bis zum 100. Jahrestag des Genozids in 2015 soll nach Wunsch des Zentralrats ein Prozess der Versöhnung zwischen Armeniern und Türken eingeleitet werden. Nun wird sich bald herausstellen, ob Özoguz tatsächlich für die Interessen aller Ausländer einsteht oder nur für die muslimisch-türkische.

  • I
    Interessant

    Aydan Özoğuz hat zwei Brüder, Yavuz Özoguz und Gürhan Özoguz, welche das Internetportal Muslim-Markt betreiben. Özoğuz und ihr Ehemann wurden in einem Interview im Jahr 2005 nach den islamistischen Betätigungen ihrer Brüder befragt. In der taz erklärte Özoğuz, dass deren Ansichten in ihrer Familie die Ausnahme seien. Ihr Mann verwies in diesem Zusammenhang auf andere Verwandte, ihre Cousins, die Zwillinge Gökhan und Hakan Özoğuz, welche die türkische Punkrock-Band Athena bilden.

    http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2005/01/08/a0356

    • @Interessant:

      So what?

      Hat sie vielleicht auch ein Bobbycar geschenkt bekommen?

  • D
    D.J.

    Eine gute Personalentscheidung (auch weil damit Frau Karakasoglu verhindert wurde). Merkt man übrigens auch daran, dass:

    1. Die Hetzer von PI Sturm liefen (wegen deren ultra-fundamentalistischen Brüder, von deren Hetze wiederum sie sich klar distanziert hat).

    2. Nationalist Kolat sich bemüßigt fühlte, sinngemäß anzumahnen, sie solle gefälligst ihre Wurzeln nicht verleugnen (was auch immer das sein soll, wenn die Familie seit 55 Jahren hier lebt und man hier geboren ist).

  • @Malte,

    Frau Özoguz ist Schiitin und nicht Sunitin.

    • @DJ Boemerang:

      Achso, ich hatte mich schon gewundert, warum ihre Brüder Sympathien für die Hisbollah und den Iran haben. Jetzt macht das Sinn.

  • M
    Malte

    Endlich ist mit Aydan Özoguz eine erstklassige Berufspolitikerin ins Kabinett gerückt, die sich ohne Vorbehalte ausnahmslos für die Türkei und für sunnitische Muslime einsetzen wird. Sie kann die Wende weg von der Integration, hin zur Willkommenskultur schaffen. Ein klarer Erfolg von Frauen- und Migrantenquoten in der SPD!

  • H
    Hafize

    "„Wir senden damit ein Signal aus“,..."

     

    Stimmt schon, fragt sich nur, was das Signal im Kern bedeuten soll. Das Problem mit Aydan Özoguz ist, dass sie kaum in Erscheiung tritt. Schon in der Hamburger Bürgerschaft war sie eine leidenschaftslose Figur, aber eben Frau und Migranntin. Dann in den Bundestag und nun noch weiter nach Oben. Ich habe das Gefühl, dass ihre Karriere vor allem darauf zurückzuführen ist, dass sie einbiegsam ist. Klar - die steht für Integration. Aber irgendeinen Konflikt oder streitbare Positionen kenne ich von ihr nicht.

  • K
    Klarsteller

    "habe die Verknüpfung von religiösen Fragen mit Sicherheitsaspekten immer kritisiert“

     

    Man kann auch das Gelbe vom Ei trennen. Ein Ei ist es dann aber nicht mehr.