piwik no script img

Kulturgeschichte des BasketballsJazz auf dem Parkett

Christoph Ribbats Buch „Basketball“ erzählt von Hautfarben, von Athletik und Stil, von Egozentrik – und immer wieder von Musik.

Verbinden Basketball und Popkultur: die Harlem Globetrotters. Bild: imago/Frinke

Dieses Spiel sollte ein Wendepunkt in der Geschichte des Basketballs sein: 1966 schlug das Team der Universität Texas Western in einem Meisterschaftsfinale ihre Kontrahenten aus Kentucky. Die Sensation damals war, dass die texanische Mannschaft insgesamt sieben afroamerikanische junge Männer zum Einsatz brachte, während Kentucky ausschließlich weiße Spieler auflaufen ließ.

In Anlehnung an Lincolns Sklavenbefreiung während des amerikanischen Bürgerkriegs wurde die Partie die „Emancipation Proclamation of 1966“ genannt. Im Anschluss stieg die Anzahl schwarzer Basketballspieler an traditionell weißen Colleges stark an.

Geschichten wie diese finden sich zahlreiche im Buch „Basketball“ von Christoph Ribbat. Der Amerikanist erzählt die Kulturgeschichte der Sportart, die wie keine andere von der Hautfarbe der Spieler, von der Trennung und Beziehung von Schwarz und Weiß geprägt wurde.

1891 wurde das Spiel an einer christlichen Hochschule erfunden, schwarze Athleten führten später den Sprungwurf ein, den Dunk und das improvisierte Spiel, die ersten Ausnahmeerscheinungen im Basketball waren Spieler afroamerikanischer Herkunft wie Kareem Abdul-Jabbar, Magic Johnson und Michael Jordan. Auch heute wird die NBA hauptsächlich von schwarzen Spielern geprägt – Weiße jedoch dominieren die Organisation.

Michael Jordan und Thelonius Monk

Ribbats Buch dreht sich aber nicht nur um das „Racial Spectacle“, das würde der Sportart keinesfalls gerecht. Er erzählt auch von der sozialen Relevanz des Sports, von Athletik und Stil, von Frauenbasketball, von der Rolle des Sportjournalismus, von Literatur und Film – und immer wieder von Musik. So führt Ribbat etwa auf, dass das Spiel unter den Körben viele Male mit innovativer Jazzmusik verglichen wurde, Improvisationskunst und vorgegebene Regeln fügen sich in beiden Sparten neu zusammen. Michael Jordan wird da auch schon mal dem Jazz-Pianisten Thelonius Monk gleichgestellt.

„Basketball“ ist ein lebendiges Buch, auch wenn es von der Aufmachung und mit seinen vielen Fußnoten eine recht wissenschaftliche Anmutung hat. Aber Christoph Ribbat gelingt es, einen weiten Bogen über die Epochen zu spannen und von markanten historischen Eckdaten sowie von individuellen Geschichten und Anekdoten zu erzählen und sie in einen kulturellen und gesellschaftlichen Zusammenhang zu stellen.

Auch porträtierende Passagen über wichtige Figuren im Basketball und Superstars wie Kareem Abdul-Jabbar oder Michael Jordan lässt er einfließen. „Meine größte Sorge ist“, so Jordan einst in einem Interview, „dass Leute mich als eine Art Gott sehen – aber das bin ich nicht.“

Totale Kapitalisierung des Sports

Michael Jordan wurde eher ein Sinnbild für die totale Kapitalisierung des Sports, für den Weg fort vom Straßenbasketball in sozialen Brennpunkten, hin zum knallharten Business in den Sporttempeln: Angeblich erhielt Jordan im Laufe seiner Karriere rund 10 Milliarden US-Dollar, nicht zuletzt dank üppiger Werbeeinnahmen. Kürzlich wurde bekannt, dass er seine Luxusvilla in Illinois mit 5.200 Quadratmeter Wohnfläche, 15 Badezimmer, Pool und Basketballfeld verkaufen möchte. Nicht weil er die geforderten 29 Millionen US-Dollar heute nötig hätte, sondern weil er so selten dort ist und mittlerweile in North Carolina lebt, als Eigentümer eines NBA-Profiteams.

Christoph Ribbat geht auch auf den Prunk und Protz sowie die Egozentrik im heutigen Basketball ein, dem Kritiker seit den späten 90er Jahren ein baldiges Ende bescheinigten, „weil der Luxus die scheinbar organische Verbindung zwischen dem YMCA-Game und Visionen eines gerechteren Amerika in den Hintergrund drängte“.

Das Buch

Christoph Ribbat: „Basketball. Eine Kulturgeschichte“. Wilhelm Fink Verlag. 174 Seiten, 24,90 Euro.

Das Spiel der fünf gegen fünf um Körbe und Rebounds ist aufgeladen mit Geschichte und Bedeutung, aber letztlich ist es doch nur ein Spiel, das sich im Laufe der Jahrzehnte eben professionalisierte und sich den globalen Bedingungen des Spitzensports angepasst hat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • CG
    Christopher Gist

    "die ersten Ausnahmeerscheinungen im Basketball waren Spieler afroamerikanischer Herkunft wie Kareem Abdul-Jabbar, Magic Johnson und Michael Jordan."

    ach bitte... zu Jordans Zeiten waren Afroamerikaner schon LÄNGST keine seltenheit mehr. Muss man Ihn denn in jedem Satz unterbringen?

    Bisschen fachlicheres Wissen wäre schon zu wünschen, auch wenn der große Michael Jordan dann in einem Satz ausgelassen werden muss...