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Kommentar Holocaust-GedenktagNiemals vergessen

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ist kein sehr altes Ritual. Erinnern heißt auch, alle Verbrechen der Nazis genau zu betrachten.

Ein polnischer Auschwitz-Überlebender am Montag. Bild: reuters

I n einer Gesellschaft fest verankerte Bekenntnisse mit sich wiederholendem Inhalt nennt man Rituale. Mancher mag Rituale mit Langeweile verbinden. Aber gewisse Rituale sind notwendig, denn mit ihnen versichern sich die Bürger eines Landes ihrer gemeinsamen Geschichte und der daraus erwachsenden Verpflichtungen. Das Gedenken an die Schoah am 27. Januar jeden Jahres ist so ein Ritual. Es geht dabei weniger um einen Erkenntnisgewinn, es geht nicht um neue Argumente, sondern vor allem darum, deutlich zu machen, dass die von Deutschen begangenen Verbrechen niemals vergessen werden dürfen.

Dabei sei hier daran erinnert, dass das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus kein sehr altes Ritual ist. Erst 1996 bequemte sich die Bundesrepublik dazu, den Tag der Eroberung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee besonders zu begehen. Das spricht nicht eben für ein angemessenes Gedenken zu Zeiten, als die meisten Täter noch am Leben waren.

Bisher stand im Mittelpunkt dieses Tages der Holocaust. Jüdische Überlebende sprachen im Bundestag von der Zeit der Verfolgung, von den Tätern und von ihrer Rettung. In diesem Jahr redete zum ersten Mal mit dem Schriftsteller Daniil Granin ein russischer Überlebender. Er erinnerte an ein Kriegsverbrechen, das in Deutschland kaum noch präsent ist: die Belagerung Leningrads von 1941 bis 1943, die mehr als einer Million Menschen das Leben kostete. Die Täter waren ganz normale Soldaten.

An das damals Geschehene zu erinnern ist überfällig. Denn der von den Nazis begonnene Eroberungskrieg gegen die Sowjetunion droht heute, anders als die Schoah, tatsächlich in Vergessenheit zu geraten. Erinnern heißt freilich auch, jedes dieser Verbrechen genau zu betrachten. Mit den Juden wollten die Nazis ein ganzes Volk und eine gesamte Religion vernichten. Deshalb ist es richtig, von der Einzigartigkeit des Holocausts zu sprechen. Ähnliches planten sie mit Sinti und Roma. Die Russen sollten zum Teil umgebracht, zum Teil als künftige Sklaven gehalten werden. Das macht die Verbrechen an nichtjüdischen Menschen in der Sowjetunion nicht weniger monströs.

Einige Täter saßen vor 50 Jahren im Parlament

Vor 50 Jahren war es noch unvorstellbar, dass das Parlament der jüdischen Opfer gedachte und dabei die Täter nicht aussparte – einige von ihnen saßen damals im Bundestag. Vor knapp 20 Jahren löste eine Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht heftige Kritik aus. Vor fünf Jahren gab es in Berlin noch keinen Gedenkort für die Sinti und Roma in Berlin.

Das zeigt zweierlei. Es ist in Deutschland nicht gelungen, eine Erinnerungskultur zu etablieren, solange die Masse der deutschen Täter noch am Leben war. Die andere Erkenntnis lässt hoffen: Wenn 2014 im Deutschen Bundestag ein ehemaliger Sowjetsoldat über sein Leiden und Überleben während der Leningrader Blockade spricht, dann regt sich in der Gesellschaft keine relevant zu nennende Kritik mehr.

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taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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33 Kommentare

 / 
  • Es ist schon einigermaßen amüsisant, dass ich eine Frage eines Kommentars beantworten soll, der mit "...da ich diese gequirlte Scheisse (!)..." beginnt. Eine Frage, die Sie sich im übrigen auch ganz leicht selbst beantworten können, wenn Sie sich fragen, warum es sonst erforderlich ist, sich "seiner gemeinsamen Geschichte zu versichern und sich der daraus erwachsenden Verpflichtungen".

     

    Und schauen Sie sich an, wie Sie mit Kritik umgehen. Und Sie fragen mich, wer mir Kritik verbietet? Ist das also wirklich eine Frage, die ich Ihnen beantworten muss?

     

    Und nun auch gerne eine Antwort an den Herrn Historiker.

    Sie springen mit Ihrem Kommentar nicht auf den "Nazi"-Zug auf, deshalb frage ich mich, warum Sie sich angesprochen fühlen? Die Anführungsstriche sollten aber ihr übriges getan haben, um klar zu machen, dass mir der inzwischen leichtfertige Gebrauch nicht entgangen ist.

    Sie versuchen es genau mit Belehrungen wie auch Herr Hillenbrand. Während er unterstellt, dass wir erinnert werden müssen, unterstellen Sie mir, dass meine Kenntnisse über den Nahostkonflikt nicht ausreichend genug sind, weil ich es vorgezogen habe, nicht in Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte oder gar Jahrtausende zu differenzieren.

    • H
      Historiker
      @JustMe:

      Schöner Kommentar von Ihnen. Wirkt auf mich ausgeruhter und sachlicher als die Kommentare von Dienstag und Mittwoch.

       

      Ich hatte mich andersherum adressiert gefühlt, quasi dass ich und einige andere KommentatorInnen rechts* argumentieren. Zu schnell gelesen, sah ich bei nochmaligem Lesen ein. Ich kam nur nicht zum erneuten Posten bisher. Überhaupt scheinen mir die Posts unter diesem Artikel diskussionswert. Ich las noch nicht alles in Ruhe. Kommt noch, sobald ich mehr Zeit finde.

       

      Ja, das stimmt, was Sie an meinem Verhalten beobachtet haben.

       

      In der taz-kommune inklusive beim Journalismus der taz habe ich allgemein den Eindruck, dass Parteinahme für Palästina in der Mehrheit ist. Ich denke mir, ein möglicher Hintergrund könnte sein, dass die Zeitung aus Prinzip die unterschiedlichsten Minderheiten verstärkt zu Wort kommen lässt. Die Parteinahme für Palästina ist in der Bundesrepublik in der Minderheit gegenüber der für Israel.

       

      Aufgrund dieses Eindrucks halte ich beim Lesen der taz bereits verschiedene Schubladen zum Reinschieben offen, um keinen verzerrten Blick auf die deutschen Mehrheiten zu bekommen.

       

      Zu abstrakt? Beispiel Energiewende: Scrolle ich wie jeden Tag mein Abonnement der taz durch, sehe ich viel mehr Artikel zu dem Thema als in anderen Zeitungen. Würde ich die intensiv jeden Tag lesen - auf Dauer würde das Thema in meinem politischen Leben mehr und mehr Platz einnehmen. Schlussfolgerung: Öko-Schublade auf und Artikel gedanklich rein.

       

      Das Gleiche tat ich mit Ihrer Ausführung zu den Verbrechen an den Palästinensern seit Jahren. Da ich in dem Gedanken keine größere Einordnung zu lesen bekam und wie es aussieht falsch auf eine verkürzte gegenwärtige Perspektive schloss.

  • Sind 80.000 Millionen Indern genug?

    Man sollte auch anfangen den anderen Holocausts zu benennen, die gerne vergessen werden weil von westlichen Ländern verübt wurden.

    Ich denke viele Holocaust haben auf dieser Welt stattgefunden die in Vergessenheit geraten sind. Viele in Afrika auf Grund des Kolonialismus und sogar Indien wurde nicht verschont.

    Great Game India, bringt ein Artikel über Holocausts in Indien während die 200 Herrschaft der englischen Krone.

     

    Aufgrund von schlechter Verwaltung, Exporte von Getreide, und aufgezwungene Monokulturen, wenn die Monsune nicht rechtzeitig kamen und Trockenheit herrsche die Menschen sind verhungert. Die Kolonialherren war es egal.

    Eine sehr präzise Liste zeigt, dass zwischen 1769 und 1944, 80.000 Millionen Inder wurden Opfer von Hungernöte.

    mundderwahrheit

    • J
      JP
      @mundderwahrheit:

      Ohne diese Vebrechen in irgendeiner Weise relativieren zu wollen, warum bestehen sie so sehr darauf diese als ,Holocaust' zu bezeichnen? Mir scheint als versuchten sie dieses Wort als Gattungsbegriff für Völkermorde zu etablieren, dabei bezeichnet es nun einmal spezifisch den an den Juden. Meinen sie nicht man kann das Bewusstsein für Kolonialverbrechen nicht auch anders schärfen?

       

      Abgesehen davon, 80.000 Millionen = 80 Milliarden.

  • ....und das war jetzt die Antwort auf meine Frage, JUSTME?

    BTW, JUSTME, vielleicht koennen Sie mir dann gleich noch eine weitere Frage beantworten:

    Wer verbietet Ihnen Israelkritik?

    Ueberall findet Israelkritik statt, alleine dieses Blatt ist voll davon; sowohl seitens der Redaktion als auch auf allen diesbezueglichen Foren. Also, wer verbietet die Kritik Ihrer Ansicht nach?

    Fuer Aufklaerung bedanke ich mich jetzt schon in angespannter Vorfreude!

  • Es steht Ihnen allen selbstverständlich frei, das mit dem "Nazi-Ohr" zu hören.

    • H
      Historiker
      @JustMe:

      Geht Ihr Vorwurf eines "'Nazi-Ohrs'" an "alle" konkreter? Die Sprache etwas weniger etikettenhaft?

       

      Mich stört beim Lesen der taz seit jeher der verniedlichende Gebrauch des Wortes "Nazi". Weil er meiner Meinung nach gefährliche Verhaltensweisen von rechtsextrem/rechtsradikal/rechtskonservativ/antisemitisch/xenophob/menschenfeindlich nicht differenziert und so einen Nebel des Bösen schafft, in dem mensch sich nicht mehr genau zurechtfindet. Andere Medien wie die Süddeutsche Zeitung machen das nicht.

       

      Ich kann das vereinende Moment des Wortes schon nachvollziehen. Leicht verständlich, leicht abgrenzbar. Ist ja immer praktisch, einfach zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Wenn die Welt nur schwarz-weiß wäre ...

       

      Also, ich nehme gerne Vorwürfe an und denke über mein Verhalten nach. Dazu braucht es konkrete Argumente.

  • Justme, da ich diese gequirlte Scheisse immer wieder hoeren und lesen darf:

    Wer fordert von der heutigen Generation "Schuld" ein?

    Koennen Sie mir da anhand von Belegen, Quellen, Originalzitaten behilflich sein?

  • Ganz ehrlich?

     

    Ich kann es nicht mehr hören.

    Wir haben zur Zeit wirklich ganz andere Probleme, als immer und immer wieder betonen zu müssen, wie schrecklich dieser Völkermord war. Er war schrecklich. Er ist es immer noch. Er wird es immer sein. Und kein Deutscher wird das jemals vergessen.

     

    Aber es ist an der Zeit, dass wir aufhören uns schuldig fühlen zu müssen. Und diese Belehrungen gleich auf der ersten Seite "an das damals Geschehene zu erinnern ist überfällig". Wann erinnern wir Israel denn eigentlich mal an die Verbrechen, die es an den Palästinensern seit Jahren begeht? Und wann hören wir auf uns beim Zentralrat der Juden für alles und jeden zu entschuldigen? Und schwuppdiwupp hätten Nazis weniger Argumente.

     

    Und wann hören wir auf Angst vor der Einwanderung von Ausländern, gerade im speziellen Rumänen und Bulgaren, zu schüren? Und auch damit könnten wir Nazis den Wind aus den Segeln nehmen.

     

    Anstatt sogar Menschen wie mich, für die Rot nicht einfach nur eine Farbe ist, mit solchen Kommentaren auf die Palme zu bringen!

    • H
      Historiker
      @JustMe:

      Die Welt ist leider nicht nur friedlich. Wenn Sie sich die Weltgeschichte ansehen, wissen Sie, dass fast jeder Nationalstaat aus Krieg oder Kriegen hervorgegangen ist.

       

      Bei uns ist das lange her. Bei anderen Staaten wie Israel und Palästina passiert das heute. Die gefährliche, für viele tödliche Situation zwischen den zwei Staaten lässt sich ohne Krieg nicht dauerhaft stabilisieren.

       

      Wenn Sie nun das Bedürfnis haben, für eine der zwei Seiten Partei zu ergreifen, tun Sie das.

       

      Vergessen Sie dabei nur nicht die anderen relevanten Zeitrahmen neben dem von Ihnen genannten Zeitrahmen Jahre: Jahrzehnte, Jahrhunderte und Jahrtausende. Die sind in dem Staaten-Konflikt auch relevant.

      • 6G
        688 (Profil gelöscht)
        @Historiker:

        "Die gefährliche, für viele tödliche Situation zwischen den zwei Staaten lässt sich ohne Krieg nicht dauerhaft stabilisieren."

         

        Die Situation, nämlich die stets zeitgeistlich-reformistische und somit eskalierende Welt- und "Werteordnung" des NUN "freiheitlichen" Wettbewerbs um ..., läßt sich sehr wohl ohne Krieg und absolut menschenwürdig stabilisieren, wenn Mensch endlich diese eindeutige Wahrheit zur Beendigung des geistigen Stillstandes im Profit- und KonsumAUTISMUS zulassen würde, ohne wieder einen oder mehrere Sündenböcke "ans Kreuz" zu nageln!!!

        • 6G
          688 (Profil gelöscht)
          @688 (Profil gelöscht):

          Übrigens kann man den Typ Jesus auch als gelebten ROTEN bezeichnen - Er ist SICHER nicht für uns wegen unserer Schuld / Sünden gestorben, daß wäre, angesichts der heutigen Konfusion in Sündenbocksuche für Schuld- und Verantwortungslosigkeiten, doch arg blödsinnig!?

    • A
      Atmender
      @JustMe:

      Wenn Sie sich schuldig fühlen, sind Sie selber schuld. Ich fühle mich nicht schuldig und sage ganz klar: Das darf nie vergessen werden. Die stete Erinnerung ist die einzige Möglichkeit, wenngleich leider keine Garantie, Derartiges künftig zu verhindern.

    • C
      cosmopol
      @JustMe:

      Hach ja, die Deutschen werden den Juden Auschwitz niemals verzeihen. Jetzt mal gut mit dem "Schuldkult" (Zitat NPD). Und diese (aka "die Israelis") sind natürlich die Nazis von heute. Wir Deutschen haben dagegen aus Auschwitz gelernt und müssen den Juden jetzt mal auf die Finger klopfen. Wir müssen auch einfach mal das machen was die Nazis wollen, nämlich auf den Zentralrat der Juden scheißen, und schon haben sie weniger Argumente.

      Rot ist nicht einfach nur eine Farbe, wenn doch gehen manche Abstufungen davon leicht ins Bräunliche.

    • @JustMe:

      Per se muss und darf sich kein nach dem Krieg geborener Deutscher - und dass ist die Mehrheit - schuldig fühlen.

       

      Die argumentative Aufrechnung des Holocaust mit irgendwelchen israelischen Taten ist nicht haltbar. Für mich haben solche und ähnliche Argumente das "Gschmeckle" als wolle man andeuten, dass der Holocaust nicht die Falschen getroffen habe. Eine in jeder Hinsicht inakzeptable und menschenverachtende Position.

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    "Erinnern heißt auch, alle Verbrechen der Nazis genau zu betrachten."

     

    - GANZ GENAU, und zwar bis zur Ursache im geistigen Stillstand und kreislaufend-gepflegter Bewußtseinsschwäche, die da nun lautet: "freiheitlicher" Wettbewerb um die Begehrlich- und Abhängigkeiten des "gesunden" Konkurrenzdenkens, der Hierarchie im "Recht des Stärkeren" von materialistischer "Absicherung"!!!

     

    So ist der Faschismus nun gekleidet / konfusioniert in "anderen" / zeitgeistlicheren Worten, wie z.B. Versklavung nun zur "Dienstleistungs-Gesellschaft" globalisiert wird, oder Brot und Spiele nun Tititainment genannt wird!?

     

    Die heuchlerisch-dumme Schuld- und Sündenbocksuche und die dazugehörige Überproduktion von Kommunikationsmüll, sind der zeitgeistlich-reformistischen Suppenkaspermentalität entsprechend "verantwortungslos"-gebildet, was es VOR ALLEM zu überwinden gilt, damit der Zeigefinger nicht nur ständig in den gleichermaßen verursachten Wunden rührt!!!

     

    "Nicht Mangel an Geist, sondern ein Geist*, der sich ununterbrochen selbst gegenwärtig ist, eine Ausgeglichenheit gegen die nichts und niemand ankommt. Die Menschen reden, die Karawane zieht vorüber: Die Dummheit erkennt man an jenem ruhigen Fortschreiten eines Wesens, das Worte von aussen weder ablenken noch berühren können. Sie ist nicht das Gegenteil der Intelligenz, sondern jene Form der Intellektualität, die alles auf ihr eigenes Maß zurechtstutzt und jeden Anfang in einem vertrauten Vorgang auflöst.

    Der Dummheit ist nichts menschliches jemals fremd; die macht – über die Lächerlichkeit hinaus – ihre unerschütterliche Kraft und ihre mögliche Grausamkeit aus." (Alain Finkielkraut) *Bewußtsein

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Deutschland hat den Holocaust und die ganzen anderen Kriegsverbrechen verübt und nun hebt es ermahnend den Zeigefinger. Ein Rat an den Rest der Welt: Behaltet Deutschland mal schön im Auge!

    • @774 (Profil gelöscht):

      Die Frage ist, gegen wen D den Zeigefinger erhebt. Nach Innen ist okay.

  • H
    Harald

    "Vor knapp 20 Jahren löste eine Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht heftige Kritik aus. Vor fünf Jahren gab es in Berlin noch keinen Gedenkort für die Sinti und Roma in Berlin."

     

    Sinti und Roma werden heute in EU-Staaten wie Ungarn, Bulgarien und Rumänien systematisch benachteiligt, ausgegrenzt und bedroht. Dass man sich offiziell in Deutschland nicht gerne über die Verfolgung dieser Gruppe unterhält hat wohl auch praktische Gründe: Diese Menschen sind die neuen Opfer eine wirtschaftsliberalen, aber nach rechts toleranten EU. Ich finde, Deutschland hat bei den Sinti und Roma noch viel gut zumachen und dazu gehört, in der EU für echten Minderheitenschutz zu sorgen und die Repression in EU-Staaten zu unterbinden.

    • C
      cosmopol
      @Harald:

      Ich habe mal von einer SPDlerin in einer Diskussion über Nazi-Übergriffe auf Sinti folgendes zu hören bekommen. "Ja, für die Betroffenen lässt sich ja nicht so viel machen, aber die freuen sich doch bestimmt das bald das Mahnmal eingerichtet wird. Es ist ja nicht so, als würden wir garnichts tun." Für die Toten da sein, aber die Lebenden links liegen lassen? Genau so sieht Rassismus aus.

  • Das Naziregime war unglaublich menschenverachtend und hatte auch keinerlei Hemmungen rücksichtslos Kriegsverbrechen zu begehen. Insofern ist es richtig und Notwendig den Opfern dieser Kriegsverbrechen zu gedenken. Allerdings war der Massenmord an Juden und Roma kein Kriegsverbrechen, sondern Völkermord. Deutschland war nie im Krieg mit den Juden, von denen viele sogar glühende deutsche Patrioten oder auch Nationalisten waren, noch mit den Roma. Die Vermengung von Kriegsverbrechen und des Völkermordes leistet der Relativierung des Holocaust Vorschub: Kriegsverbrechen haben auch andere begangen, Völkermord in der Größenordnung und mit der teuflischen industrialisierten Systematik der Nazis nicht. Wenn wir diesen Unterschied in der Erinnerung nicht betonen, werden die relativierenden Stimmen, die "Kriegsverbrechen wurden immer wieder und von allen Völkern begangen" bald lauter werden.

     

    Wir sollten auch der Jugend mehr die psychologischen und politischen Mechanismen lehren, die zu dieser monströsen kollektiven Entmenschlichung führten. Die Jugend, 40 bis 50 Jahre nach Kriegsende geboren, hat keine Vergangenheit zu bewältigen oder Schuld zu tragen. Sie muß lernen gefährliche Entwicklungen zu erkennen und herzhaft zu verhindern.

    • B
      Bildungslücke
      @Zsolt:

      Zsolt

      "Wir sollten auch der Jugend mehr die psychologischen [...] Mechanismen lehren, die zu dieser monströsen kollektiven Entmenschlichung führten."

       

      Ich bin jung. Die "psychologischen Mechanismen" des Natioalsozialismus und seiner Entstehung kann ich leider nicht von Grund auf erklären. Wo kann ich mich darüber aufklären? Gymnasium und Hochschule liegen hinter mir.

    • @Zsolt:

      "Sie muß lernen gefährliche Entwicklungen zu erkennen und herzhaft zu verhindern."Zitat

      Damit haben Sie sehr recht,und ich muss immer daran denken,was wohl geschehen wäre,wenn diesem Regime schon die Überwachungsmittel unserer Zeit zur Verfügung gestanden hätten.

      Ich bin immer wieder schockiert,wenn ich Kommentare von ganz normalen Zeitgenossen lese,die Snowden für einen Verräter halten.Der Satz von J.F.K. "Don´t ask what your country can do for you,ask what you can do for your country!",war mir schon immer suspekt,denn bestimmte Ausnahmesituationen und Notstände werden gezielt produziert,um die "Volksseele"zu entflammen.Überwachung und Sammlung von Daten über Normalbürger muss aufhören,denn unsere Daten gehören uns.Sie werden uns gestohlen!!!Das muss jedem klar werden,sonst werden wir eines Tages in der größten Diktatur aufwachen,die die Menschheit je gesehen hat.

    • @Zsolt:

      Ich bin Schülerin des zwölften Schuljahres in einem Hamburger Gymnasium und ich kann Ihnen versichern, ZSOLT, dass zumindest von schulischer Seite sehr ausführlich gelehrt wird, wie es zu dieser Entmenschlichung kam. In der Oberstufe haben wir in Geschichte hauptsächlich den Nationalsozialismus in Deutschland, die Schoah und die Verbrechen der Wehrmacht behandelt. Und auch in der Mittelstufe stehen nach meiner Erfahrung diese Themen auf dem Lehrplan. Ich find es ungemein wichitg die heutige Jugend genau darüber aufzuklären, was geschah, wie und wodurch es passieren konnte. Jedoch ist zu kritisieren, dass viele Abiturienten in dem Fall die genaue Systematik der Judenermordung kennen, aber das Gefühl haben Schrecken dieser Art gibt es heutzutage nicht mehr. Dies entsteht dadruch, dass eindeutig zu wenig über die globale Geschichte, über die Geschichte nach 1945 gelehrt wird. Denn es gibt Bürgerkriege, Korruption, Massenvergewaltigungen und Kindersoldaten, heute und jetzt, es gibt die Unmenschlichkeit und jetzt sind wir es, die dagegen kämpfen müssen und nicht unsere Großeltern.

      • 6G
        688 (Profil gelöscht)
        @LuzER:

        Die Ursache der TECHNOKRATISCHEN Entmenschlichung, ist der nun "freiheitliche" Wettbewerb um ..., mit "gesundem" Konkurrenzdenken, "Entwicklungshilfe" und den entsprechend intriganten Waffenlieferungen im "Recht des Stärkeren", bzw. mit Symptomatik von und zu "Wer soll das bezahlen?" und Zeit-/Leistungsdruck zu Karrieren in "Arbeit macht frei" - systemrationale Spaltung in arm und reich, Gewinner und Verlierer, usw.!

        • J
          Jule
          @688 (Profil gelöscht):

          Können Sie Ihren Gedanken bitte in mehrere verständliche Sätze ohne die vielen Anführungen und die Abkürzungen übersetzen?

           

          Wenn ich Ihren Kommentar allein zu übersetzen versuche, bekomme ich den zusammenhängenden Gedanken dahinter in keine ganze Form.

          • 6G
            688 (Profil gelöscht)
            @Jule:

            Um welchen Gedanken geht es dir, bzw. in welche Form möchtest du mich ...?

            • J
              Jule
              @688 (Profil gelöscht):

              Fragen, die sich mir stellen:

              Was wollen Sie in dem Kommentar aussagen?

              Beziehen Sie sich mit „technokratische Entmenschlichung“ auf heute?

              Welches System meinen Sie?

            • J
              Jule
              @688 (Profil gelöscht):

              Übersetzung:

               

              Die Ursache der technokratischen Entmenschlichung ist der nun freiheitliche Wettbewerb um irgendetwas.

               

              Das geschieht im Namen von sogenanntem gesunden Konkurrenzdenken, sogenannter Entwicklungshilfe und illegalen Waffenlieferungen. Die Einstellung des Rechts des Stärkeren liegt dem Geschehen zugrunde. Die Einstellung äußert sich in der Frage: „Wer soll das bezahlen?“ und in Karrieredruck. Das Geschehen hat etwas zu tun mit dem KZ-Euphemismus „Arbeit macht frei“, der über dem Eingang mehrerer Vernichtungslager im Nationalsozialismus geschrieben stand.

               

              Das System funktioniert nur bei einer Aufteilung von Menschen in arm und reich, in Gewinner und Verlierer.

            • J
              Jule
              @688 (Profil gelöscht):

              Eine verständliche Form bitte.

               

              Ich habe mir Mühe gegeben und Ihren Kommentar von Dienstagfrüh übersetzt. Mein Ergebnis folgt.

  • E
    Err

    Erinnern bedeutet vor allem, daß Opfern generell gedacht werden muß. Nicht nur den Opfern der Nazis, übrigens, sondern nicht minder auch Opfern des Kommunismus, aber da sieht es in Deutschland und bei der TAZ leider mau aus, weswegen ich den gesamten Zusammenhang etwas verlogen finde.

    • C
      cosmopol
      @Err:

      In Deutschland leider nicht so mau, wie du denkst. Da gibt es nämlich mit der CDU eine Partei die solche ekelhaften Holocaust-Relativierungen durchaus feiert. Verlogen ist, wer solche Zusammenhänge herstellt. Im Übrigen, wenn es dir um die Opfer realsozialistischer Diktaturen geht, mit die konsequenteste zeitgenössische Aufarbeitung dieser Sachen läuft ausgerechnet in der Linkspartei.

      • S
        Steffi
        @cosmopol:

        Die CDU "feuert" keineswegs Relativierungen. Die Bundesrgeierung ist es, die Gedenktage begeht und z. B. vorschreibt, dass die Kommunen eine Trauerbeflaggung anordnen.

        Eine Aufarbeitung hat längst stattgefunden, noch bevor es die Linke überhaupt gab. Die Linke ist deswegen frei von diesem Erbe und kann die CDU kritisieren, weil es den Linken ins Wahlprogramm passt. Welche "Aufarbeitung2 haben die Linken schon geleistet? Mir fällt da leider nichts ein.