Die Wahrheit: Blenden und beschallen
Es sind viel zu viele: Die Stadt Kempten im Allgäu setzt auf eine Drohne, um die kackenden Krähen im Stadtpark zu vergrämen.
Sie nehmen überhand! Über 350 Krähenpaare in einem kleinen Park, und bald fangen sie an zu brüten. Sie schreien, lassen ihre Bomben auf die Bänke platschen, igittigitt. Eine ältere Anwohnerin kreischt, nicht weniger laut als die Krähen: „Des isch ja grauslig! In der Früh um viere wecken sie einen …“
Weg müssten diese fürchterlichen Viecher. Nix Landesbund für Vogelschutz und strenger Schutz der Krähen, davon will diese Frau nichts wissen. Und ihr Nachbar, absoluter Freund der pechschwarzen Krähen, der es prima findet, dass es „so eine Kolonie bei uns überhaupt noch gibt“, der erntet nur ein abfälliges „Tsss“, gepaart mit einem nicht weniger abfälligen Kopfschütteln.
Kempten wehrt sich gegen die schwarzen Vögel. „Es sind einfach viel zu viele“, sagt, deutlich nüchterner, Uwe Gail, der Leiter des städtischen Betriebshofs. Die Regierung von Schwaben hat das „Vergrämen“, also das Vertreiben der streng geschützten Vögel, erlaubt. Doch nachdem trotz des Nesterwegräumens im vorigen Jahr schon wenige Wochen später alles wieder beim Alten war, greifen sie heuer zu einer ungewöhnlichen Aktion.
„Wir setzen eine Drohne ein, die mit einer Lautsprecher- und Lichtanlage ausgestattet ist“, so Gail. Am Vormittag werden die Krähen, sollten sie wieder nisten, mächtig beschallt. „Mit Rufen vom Wanderfalken und mit unerwartetem Krachen“, ergänzt der Drohnenexperte Christian Fuchs. Er setzt seit sieben Jahren seine Helikopter-Drohne für Luftaufnahmen ein, bei Firmen, bei Kommunen, bei Sportveranstaltungen. Und jetzt konfiguriert er sie für den Krähen-Einsatz.
„Ich habe mir auch noch ein ganz spezielles Soundprogramm überlegt, das für die Krähen völlig überraschend kommt.“ Am Abend, nach Einbruch der Dämmerung, wird dann von einer Beschallung auf eine Licht-Blend-Anlage an der Drohne umgestellt.
„Mich stören sie nicht“
Stadtparkbesucher in Kempten sind gespalten. Einige wenige finden „die Krähen okay, ist doch schön für die Kinder, denen zuzuschauen“, wie eine junge Mutter meint. „Mich stören sie nicht“, merkt eine Dame mittleren Alters an. Doch die zwei Frauen sind erkennbar in der Unterzahl. Die kreischende Alte von vorhin kommt noch einmal zurück. Nein, erschießen sollte man sie nicht unbedingt, aber vertreiben schon. Wobei ihr durchaus klar ist, „dass die halt dann anderen Leuten auf die Nerven gehen“.
Als sie das sagt, kommt noch die im Allgäu nicht unbekannte Diplom-Käse-Sommelière Roswitha Boppeler des Wegs. „Es hat schon etwas überhand genommen mit den Krähen, dass sie das jetzt mit einer Drohne versuchen, klingt vielleicht ein wenig verrückt“, merkt sie an. „Aber man soll nichts unversucht lassen.“ Eine andere Frau mit Kinderwagen stimmt ihr zu. „Dass sie sie nicht abschießen oder vergiften, finde ich gut!“
Alleine: ob es was bringt? Der Falkner Johann Mang hat seine Zweifel. Er sorgt nicht weit vom Kemptener Stadtpark entfernt, rund 40 Kilometer nördlich am Allgäu-Airport, mit seinen Wanderfalken Elli und Gaya dafür, dass an dem kleinen und höchstgelegenen Verkehrsflughafen Deutschlands die Krähen vor den Starts und Landungen vertrieben werden und das seit sechs Jahren. „Wenn es in Kempten mit der Drohne nicht klappt, weil die Krähen halt so superschlau sind, können sie noch immer echte Falken einsetzen“, meint der Ranger mit dem Messer im Gurt und dem Falken auf dem Arm.
Aber nur nicht zu früh freuen. In Kanada soll mal vor Monaten ein Mann recht erfolgreich mit einer Drohne einer Gänseplage an einem See Herr geworden sein. Nichts ist unmöglich!
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