Massaker in Nigeria: Islamisten weiten Krieg aus
Ein neuer Überfall von Boko Haram fordert mindestens 98 Tote. Die Islamisten wollen im ganzen Land kämpfen – und bringen die Regierung in der Krise.
BERLIN taz | Bei einem erneuten Massaker im Nordosten von Nigeria sind mindestens 98 Menschen ums Leben gekommen. Die Opferzahl des Überfalls mutmaßlicher islamistischer Rebellen auf den Ort Bama am Mittwoch war zunächst viel niedriger angegeben worden und wurde am späten Donnerstag nach oben korrigiert, nachdem die bereits von Angehörigen beerdigten Leichen mitgezählt wurden. Am Donnerstag flog Nigerias Luftwaffe Luftangriffe auf vermutete Rebellenstellungen.
Kämpfer der islamistischen Rebellengruppe Boko Haram hatten bei ihrem Angriff auf Bama zahlreiche Gebäude angezündet, darunter die Residenz des traditionellen Königs. Ein Reuters-Journalist in der Stadt berichtete von einer Ruinenlandschaft, die nach verbranntem Fleisch rieche. Einzelne Frauen und Kinder waren dabei, die Reste ihrer Sachen zu suchen.
Erst am vergangenen Wochenende waren bei mehreren islamistischen Angriffen im Nordosten Nigerias über 150 Menschen getötet worden. Der Gouverneur des Bundesstaates Borno sagte daraufhin, Boko Haram sei mittlerweile stärker als die Armee.
Der schon mehrfach totgesagte Führer von Boko Haram, Abubakar Shekau, veröffentlichte jetzt ein 28-Minuten-Video, in dem er die Ausweitung des Krieges der Islamisten auf ganz Nigeria ankündigte „Wir werden alle Ungläubigen töten; es macht uns Spaß, ihr Blut zu vergießen“, sagte er. „Der Koran muss herrschen.“
Namentlich nannte Shekau als Anschlagsziele Nigerias Präsident Goodluck Jonathan, UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, die britische Königin Elisabeth II und eine Reihe nigerianischer Politiker.
Regierung entlässt Zentralbankchef nach Kritik
Die Verschärfung des Bürgerkrieges in Nigeria kommt, während die Regierung von Präsident Jonathan gerade in eine tiefe politische Krise schlittert. Am Donnerstag suspendierte der Präsident Nigerias den weltweit respektierten Zentralbankchef Lamido Sanusi.
Der hatte zuvor der staatlichen nigerianischen Ölgesellschaft NNPC (Nigeria National Petroleum Corporation), Partner der internationalen Ölkonzerne bei der nigerianischen Ölförderung, vorgeworfen, 20 Milliarden Dollar Öleinnahmen veruntreut zu haben.
Nachdem Sanusi ankündigte, sich gegen die Suspendierung zu wehren, zogen die Behörden am Freitag seinen Reisepass ein.
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Eine unersättliche Oligarchie streicht in Nigera alle Öleinnahmen für sich ein und überläßt den Rest der Bevölkerung seinem Schicksal. Der Westen macht sich, wie so oft, mitschuldig.